Eine der größten Herausforderungen bei der Mobilitätswende ist eine zuverlässige und flächendeckende Infrastruktur für E-Autos. Um den Verbrauch an die Energieproduktion anzupassen, haben SAP und coneva, eine Tochter der Firma für Photovoltaik-Systemtechnik SMA, SAP E-Mobility und coneva Charging, eine SaaS Lösung für dynamisches Lastmanagement, zusammengebracht.
„Wer heute mit dem Gedanken spielt, sich ein E-Auto anzuschaffen, stellt sich zuerst zwei Fragen“, erklärt Sebastian Wagner, Produktexperte für SAP E-Mobility. „Erstens: Gibt es genügend Ladestationen in meiner Gegend oder auf meinem Arbeitsweg? Und: Mit wie vielen anderen E-Autofahrern werde ich um die Ladekapazität konkurrieren müssen?“
Es ist absehbar, dass die Anzahl der E-Fahrzeuge weiterhin wachsen wird, so dass die Optimierung von Ladevorgängen über den Tag hinweg im Hinblick auf Kosten und Verbrauch weiter an Bedeutung gewinnen wird.
„Die gegenwärtig vorhandene Infrastruktur ist nicht mal ansatzweise in der Lage, den zukünftigen Bedarf zu decken“, so Sebastian Wagner. „Gleichzeitig werden pro Jahr 6.500 GWh erneuerbarer Energien verschwendet, weil Energieproduktion und Energieverbrauch nicht aufeinander abgestimmt werden.“
„Die Herausforderungen für das Stromnetz, wenn viele E-Fahrzeuge gleichzeitig geladen werden und entsprechend viel Energie auf einmal aus dem Netz entnommen wird, haben viele unserer Kunden nicht im Blick“, sagt auch Jochen Schneider, Geschäftsführer der coneva GmbH. „Sie suchen nach einer preiswerten, einfachen Lösung für über verschiedene Standorte verteiltes Lademanagement, die sofort implementiert werden kann.“
Durch die Integration von SAP E-Mobility mit Dynamischem Lastmanagement von coneva wurde eine intelligente, hardware-agnostische Lösung geschaffen, mit der Kunden das Laden ihres E-Fuhrpark optimieren und gleichzeitig Kosten senken können.
Holistisches Energiemanagement mit coneva und SAP E-Mobility
„Unsere Mutterfirma SMA hat eine lange Erfolgshistorie im Hinblick auf Energiemanagement und war dabei seit jeher sehr auf Nachhaltigkeit fokussiert, wofür sie auch mehrfach ausgezeichnet wurde“, sagt Jochen Schneider. An ihrem Hauptsitz in Kassel versorgt SMA beispielsweise unter anderen den hauseigenen E-Fuhrpark über PV-Anlagen auf den Parkhausdächern mit Energie.
2018 wurde coneva ausgegründet, um das Thema E-Mobilität außerhalb des Kernbetrieb der Photovoltaikfirma zu adressieren. Die Dynamische Lastmanagement-Software für E-Charging von coneva ist modular, so dass sie auf die individuelle Beschaffenheit jedes Gebäudes und Standorts einer Ladestation eingehen kann. In die Berechnung des Ladeoptimums fließen eine Vielzahl von Faktoren ein – etwa Anzahl und Priorisierung der Fahrzeuge, Tages- oder Nachtzeit oder auch die aktuellen Preise für erneuerbare Energien im Stromnetz.
„Mit unserem dynamischen Lastmanagement sparen die Kunden nicht nur Kosten und Energie“, erklärt Jochen Schneider, „sondern es lässt sich auch die Energie, die dem Netz entnommen wird, kontrollieren und steuern.“
SAP E-Mobility als Startpunkt für dezentralisierte Betriebssysteme
Bei SAP gehen die Bestrebungen im Bereich E-Mobilität seit geraumer Zeit in dieselbe Richtung. Gerade jetzt, da sich die pandemische Lage etwas entspannt hat und wieder vermehrt zum Arbeitsplatz gependelt wird, ist häufig das Phänomen zu beobachten, dass es am Vormittag, direkt nach der Ankunft in der Firma einen erhöhten Bedarf an Energie gibt.
„Selbst erlebt haben wir das zum Beispiel bei SAP Portugal, wo das Thema E-Mobilität sehr weit fortgeschritten ist“, sagt Ulrich Scholl, Vice President und Chief Product Manager für SAP E-Mobility. „Als die Mitarbeiter nach der Homeofficezeit ins Büro zurückkehrten, konnte der Unterverteiler in den Parkgaragen dem erhöhten Strombedarf durch immer mehr E-Fahrzeuge nicht Stand halten. Die Konsequenz war, dass die Sicherung abschalteten und die Fahrzeuge nicht mehr geladen wurden.“
SAP Portugal ist nun neben Italien und Österreich eine der ersten Landesgesellschaften, die SAP E-Mobility verwenden, wobei auch die von SAP selbst entwickelte Optimierung der Ladevorgänge zum Einsatz kommt. Durch Anbindung von SAP Concur und mit SAP S/4 HANA Cloud als Backbone ermöglicht SAP E-Mobility außerdem die einfache Erstattung von Ladevorgängen, die bei den Mitarbeitern an einer eigenen Ladestation zu Hause erfolgt sind. Die Erstattungsvorgänge laufen über die unternehmenseigenen Finanzprozesse.
Bei der Zusammenarbeit mit coneva wurde ein komplementärer Ansatz gefahren, bei dem mit SAP E-Mobility das Onboarding von Ladestationen, deren Verwaltung im Backend und die Weiterverarbeitung der Ladevorgangsdaten erfolgt, während coneva die Einbettung ins lokale Energiesystem übernimmt.
„Langfristig planen wir bei SAP, mit SAP E-Mobility und weiteren SAP-Lösungen eine durchgängige Prozessplattform anzubieten, die sich auch zum öffentlichen Laden eignet“, sagt Ulrich Scholl. „Aktuell erfolgt hierzu die Integration der gängigen Roaminganbieter“, sagt Ulrich Scholl. Die automatisierte B2B-Abrechnung zwischen CPOs und Ladenetzanbietern steht dabei im Fokus: „Darauf konzentriert sich aktuell noch der größte manuelle Aufwand von Anbieterseite und gleichzeitig ist das traditionell eine Stärke von SAP.“
Mitbewerber bieten ähnliche Funktionalitäten an, mit denen sie vom Ladepunkt ausgehend an die betriebswirtschaftlichen Prozesse dahinter anzudocken versuchen. „Unser Vorgehen bei SAP war umgekehrt“, sagt Ulrich Scholl. „Wir verfügen bereits über die Prozesslandschaft und die Expertise bezüglich Steuerregularien und rechtlicher Rahmenbedingungen in unterschiedlichen Regionen. Mit SAP E-Mobility werden wir eine globale Lösung anbieten, so dass wir den Kunden deutlich mehr bieten können als reine CPO-Lösung, die der breite Markt heute nutzt.“
Gerade für Kunden, die mit ihrer Lösungslandschaft auf die Cloud umsteigen wollen, hat sich der komplementäre Ansatz aus verschiedenen SAP Industry-Cloud-Lösungen bewährt. „Wir liefern damit einen Mehrwert, der weit über die Adressierung des eigentlichen Ladebedarf hinausgeht und die Zielgruppe vergrößert“, so Ulrich Scholl.
Als großen Pluspunkt betrachtet er dabei das über Jahrzehnte gewachsene Partnerökosystem, das SAP dabei hilft, Produkte und das Angebot für die Kunden zu verbessern und an aktuelle Bedürfnisse immer wieder neu anzupassen. „Traditionell hat SAP schon immer mit sehr vielen heterogenen Partnern zusammengearbeitet – ob nun Software-, Hardware- oder Servicepartner – , und E-Mobilität ist ein Thema, bei dem genau diese Heterogenität zum Tragen kommt und sich als sehr gewinnbringend für das gesamte Ökosystem erweist.“
„SMA ist langjähriger SAP-Kunde und wir von coneva empfinden die Zusammenarbeit mit SAP als logischen und zukunftsorientierten Schulterschluss“, sagt Jochen Schneider. „Dass wir letztes Jahr innerhalb weniger Monate mit der gemeinsamen Lösung live gehen konnten, war sehr beeindruckend.“
Ausblick in die Zukunft
Abgedeckt werden von der gemeinsamen Lösung auch Szenarien, in denen Privatpersonen ihre Ladestation Nachbarn zur Verfügung stellen und sogar selbst überschüssige Energie etwa aus privaten Photovoltaikanlagen ins Netz einspeisen.
„Unsere Vision ist es, mit unseren SaaS-Services gerade auch lokale Energiemärkte zu stärken“, sagt Jochen Schneider. „Das halten wir für eine Grundvoraussetzung für die flächendeckende Nutzung erneuerbarer Energien halten. E-Mobilität und besonders das Konzept Vehicle-to-Grid spielen dabei eine wichtige Rolle.“
Schon jetzt ist die bidirektionale Ladefähigkeit von E-Autos (Vehicle-to-Grid) ein wichtiges Innovationsthema. Autobatterien könnten schon bald als Speicher für einmal erzeugte Energie fungieren mit dem Ziel, diese für verschiedene Zwecke wieder nutzbar zu machen.
“Diese Kombination von E-Mobilität und erneuerbaren Energien hat das Zeug zum Exportschlager. Gerade für abgelegene Teile der Welt, wohin derzeit noch fossile Brennstoffe geliefert werden müssen, die aber über Wind- und Sonnenenergie verfügen, könnte sich das als Gamechanger erweisen,“, erklärt Sebastian Wagner.
Aktuell arbeitet das Team um Ulrich Scholl bei SAP außerdem im Rahmen eines Forschungsprojektes mit UnternehmerTUM und verschiedenen Partnern an einem Lösungsszenario, das Einblicke in den Energiemix des Ladestroms ermöglicht. „Verbraucher können so ihr E-Auto zu Zeiten laden, wenn die höchste Menge an Erneuerbaren verfügbar ist – wenn sie also sichergehen können, dass der Strom aus Photovoltaik und nicht aus dem Kohlekraftwerk stammt“, sagt Ulrich Scholl. „Diese Transparenz wird in Zukunft vom Verbraucher eingefordert werden.“