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In den vergangenen 20 Jahren ist in München ein lebendiges Ökosystem für High-Tech-Firmengründungen entstanden. SAP befindet sich mittendrin. Ein wichtiger Erfolgsfaktor: Die enge Kooperation mit dem Entrepreneurship Center UnternehmerTUM.

Stolz zeigt Finn Honsberg, wie schon bald das schnelle und sichere Laden eines elektrisch betriebenen Firmenwagens in einem Unternehmen mit selbst erzeugtem Strom funktionieren kann. Er absolviert im dualen Studium das Student Training and Rotation Program (STAR) bei SAP und arbeitet derzeit mit dem Digital Hub Mobility im Munich Urban Colab. Auf den fünf Etagen des lichtdurchfluteten Neubaus in der Freddie-Mercury-Straße im Kreativquartier der bayerischen Landeshauptstadt tummeln sich frisch gegründete Start-ups, etablierte Großunternehmen, innovative Mittelständler und Wissenschaftler von der Technischen Universität München (TUM).

Architektur: Steidle Architekten GmbH

SAP ist hier mit eigenen Räumlichkeiten und Personal ebenso vertreten wie der Chiphersteller Infineon oder der Automobilkonzern BMW. Dieser hat dem Mobilitätslabor, in dem Finn Honsberg mit einem bunt gemischten Team die E-Ladeinfrastruktur der Zukunft entwickelt, ein Plug-In-Hybridfahrzeug und eine moderne Ladeinfrastruktur zur Verfügung gestellt. „Damit können wir unsere Software direkt vor Ort erproben und testen“, sagt der junge E-Mobilitäts-Enthusiast, der sein Masterstudium an der TUM gerade abgeschlossen hat.

Innerhalb von nur drei Monaten entsteht hier im Projekt „Trusted Green Charging“ eine manipulationssichere Blockchain-Lösung für die einfache Steuerung sämtlicher Abrechnungsvorgänge inklusive CO2-Bilanzierung beim Laden von E-Auto-Flotten. „Außerdem wollen wir damit die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Fahrzeugbatterien als dezentrale Stromspeicher genutzt werden können“, blickt Finn Honsberg schon weiter.

Neben der SAP E-Mobility Solution sind in das Gesamtkonzept auch sichere Infrastrukturelemente von Infineon sowie die App des Ladesäulenbetreibers ChargeX und das Ladetagebuch der TRONITY-Plattform eingebunden. Andere Start-ups steuern ebenfalls Komponenten bei – wie etwa das Identitätsmanagement oder die Blockchain-Technologie. „Dieses Beispiel zeigt sehr anschaulich, wie wir arbeiten“, unterstreicht Prof. Helmut Schönenberger, Mitgründer und Geschäftsführer der UnternehmerTUM GmbH, die – gemeinsam mit der Stadt München – im Sommer letzten Jahres das Munich Urban Colab eröffnet hat und nun betreibt.

Lebendige Ökosysteme sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor

„Innovationen passieren selten zufällig“, ist der umtriebige Professor überzeugt, „sie entstehen dort, wo die Bedingungen stimmen und wo ein Ökosystem vorhanden ist, das Innovationen fördert.“ Das zentrale Prinzip von UnternehmerTUM sei deshalb „die nachhaltige Kräftebündelung ganz unterschiedlicher Partner in lebendigen Netzwerken“. Einen Ansatz, den Stefan Wagner aus vollem Herzen teilt. „Auch wir denken in Ökosystemen und wollen ein integraler Bestandteil davon sein, statt irgendwo abgeschottet vor uns hinzuarbeiten“, betont der Managing Director des SAP-Standortes München.

Neben dem Entwicklungszentrum SAP Labs Munich, dem gerade eröffneten SAP Garden Experience Center und der engen Kooperation mit UnternehmerTUM zählen auch die langjährige Forschungspartnerschaft mit der TUM und der Start-up-Accelerator SAP.iO Foundry Munich zu seinen wichtigsten Tätigkeitsfeldern. Das eigene Gründerzentrum ist Teil eines weltweiten Netzwerks und wird in München ebenfalls in enger Zusammenarbeit mit UnternehmerTUM betrieben. „Wir ergänzen uns optimal“, hebt Prof. Schönenberger hervor.

Durchlauferhitzer für Gründer fördert praxistaugliche Lösungen

Allein in den vergangenen zehn Jahren hat der von ihm 2002 geschaffene „Durchlauferhitzer für Gründer“ mehr als 500 Start-ups hervorgebracht. Darunter über 20 Schwergewichte wie Sono Motors, Celonis, Flixmobility, Isar Aerospace, Lilium, Personio oder Scalable Capital, die heute zusammen mit rund 35 Milliarden Euro bewertet werden. Von den Finanzmitteln in Höhe von 17 Milliarden Euro, die Wagniskapitalgeber 2021 bundesweit in deutsche Technik-Gründungen investierten, flossen allein drei Milliarden auf die Konten der UnternehmerTUM-Firmen.

Mehr als 6.000 Studierende besuchen inzwischen jedes Jahr die Gründungsprogramme. Die Unterstützungsmöglichkeiten reichen von speziellen Vorlesungen, Seminaren, Workshops, Hackathons und Bootcamps bis hin zu zahlreichen Inkubator- und Accelerator-Angeboten, dem Zugang zu Venture Capital oder einem Training für den Börsengang. „Entscheidend ist vor allem der permanente Austausch, der alle Beteiligten auf neue Ideen bringt und deren gemeinsame Umsetzung in praxistaugliche Lösungen fördert“, ist Prof. Schönenberger überzeugt.

Dadurch sei UnternehmerTUM eines der größten Entrepreneurship Center dieser Form weltweit geworden und operiere heute auf Augenhöhe mit Stanford, Tsinghua in Peking oder der National University of Singapore. Das jährliche Durchschnittswachstum – gemessen an Neugründungen, Finanzierungen und Personal – liegt bei rund 25 Prozent. „Ohne Schlüsselpartner wie SAP wäre ein solcher Erfolg nicht denkbar“, bekräftigt der studierte Diplom-Ingenieur in Luft- und Raumfahrttechnik. Gemeinsam entwickle man Projektideen, coache den Nachwuchs und stelle Ressourcen aller Art zur Verfügung. Die wichtigste davon sind die vielfältigen Kontakte zu großen und mittelständischen Unternehmen, Investoren, Start-ups und kreativen Menschen. „Entscheidend ist die kritische Masse und das dadurch entstehende Momentum“, weiß Prof. Schönenberger.

Von Anfang an konzentriert sich UnternehmerTUM auf Gründerinnen und Gründer, die an Hightech-Lösungen für Industriekunden arbeiten. Diese Spezialisierung entspricht einerseits dem Profil der Hochschule und lässt andererseits eine hohe Wirtschaftlichkeit erwarten. „Das passt hervorragend zu unserer Strategie, die auf mehreren Säulen beruht“, erläutert Stefan Wagner.

Das seien zum einen die über 900 SAP-Kunden im Großraum München. Zum anderen existiere an den Hochschulen der Stadt ein Pool von „rund 30.000 bis 40.000 relevanten jungen Talenten für unser Unternehmen“. Und schließlich habe die langjährige, enge Zusammenarbeit mit der Wissenschaft und das einzigartige Gründungs-Ökosystem den Ausschlag dafür gegeben, sich im „Isar Valley“ verstärkt zu engagieren.

Etwa in der HighTech-Prototypenwerkstatt MakerSpace oder beim Trainingsprogramm Digital Product School (DPS), das in dreimonatigen Sprints die Teilnehmer dazu befähigt „digitale Produkte zu gestalten, die reale Probleme lösen“. Auch Finn Honsberg und sein Team nutzen den aktuellen Meta-Sprint #6 der DPS zur Weiterentwicklung der vertrauenswürdigen grünen Ladetechnologie für E-Auto-Flotten mit agilen Methoden.

Neue Stufe der Kooperation auf dem TUM-Campus

„Einige Ergebnisse früherer Sprints sind inzwischen bereits Teil des SAP-Produktportfolios und ergänzen unsere Softwarelösungen am Markt“, verrät Stefan Wagner. Etwa in den Bereichen Customer Experience und E-Commerce, beim Carbon Footprint Management, in der Digital Manufacturing Cloud oder in der E-Mobility Solution.

Neben dem Schwerpunkt Mobilität wird am Standort München vor allem ein strategischer Fokus auf die Themen Nachhaltigkeit, Industrie 4.0 und die SAP Business Technology Platform (BTP) gelegt. „Mit unserer geschäftsorientierten, offenen Software-Plattform können Start-ups schneller wachsen, deshalb wollen wir sie noch besser für diese Zielgruppe anpassen und in die diversen UnternehmerTUM-Programme integrieren“, blickt Wagner in die Zukunft.

Das größte Zukunftsprojekt ist aber das bereits im Bau befindliche neue Forschungs- und Entwicklungszentrum von SAP auf dem Campus der Technischen Universität in Garching. Dort sind schon das Zentrum für Quantum Engineering, das Munich Data Science Institute sowie verschiedene andere Hochschuleinrichtungen angesiedelt. In unmittelbarer Nähe des Entrepreneurship Centers von UnternehmerTUM, mehrerer Fraunhofer-Institute und Forschungszentren von General Electric und Siemens, die Teil der Industry-on-Campus Initiative sind, sollen ab der Jahresmitte 2023 in den SAP Labs Munich Campus auf 19.000 Quadratmetern 730 Arbeitsplätze für SAP-Beschäftigte und Forschende der TUM zur Verfügung stehen.

Schwerpunkt ihrer Arbeit werden innovative Technologielösungen in den Bereichen Industrie 4.0 und Internet der Dinge, Nachhaltigkeit, Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, mobile Lösungen, Commerce, Process Mining, digitale Plattforminfrastruktur und Open Source sein. „Damit heben wir unsere erfolgreiche Zusammenarbeit auf eine neue Ebene“, zeigt sich Stefan Wagner überzeugt.

Und Prof. Helmut Schönenberger, für den dieser nächste Schritt ebenfalls eine Herzensangelegenheit ist, ergänzt: „Es geht um eine langfristige Win-Win-Situation für alle Beteiligten, die auf Offenheit, Vertrauen und einer engen Partnerschaft basiert“. Und all das sei in der Zusammenarbeit mit SAP seit vielen Jahren gegeben. Für das Ziel von UnternehmerTUM und Hochschule, die Start-up-Aktivitäten in den nächsten zehn Jahren noch einmal zu verzehnfachen, werde das Engagement von SAP auf dem Campus einen zusätzlichen Schub geben.