Der Autozulieferer aus dem süddeutschen Dettingen an der Erms migriert seine Unternehmens-IT in nur neun Monaten in die Cloud. Bis 2025 will man sich zudem von eigenen Rechenzentren komplett verabschieden. Wie die Transformation dem Unternehmen dabei hilft „einmal komplett neu zu denken.“
Wie kaum eine zweite zeigt die Geschichte dieser Partnerschaft, wie sehr die globale Autoindustrie im Umbruch ist – und wie sich dieser Umbruch bewältigen lässt. ElringKlinger liefert innovative Lösungen für Fahrzeuge mit Elektro- und Verbrennungsmotor oder Hybridtechnik. Neben dem Antrieb zählen auch Unterboden, Fahrwerk, Bremssystem, Innenraum und Karosserie zu den Einsatzbereichen. Schon frühzeitig hat sich der Konzern auch als Spezialist für Elektromobilität positioniert – mit allen dazugehörigen Komponenten und Baugruppen. Das Unternehmen beschäftigt an weltweit 40 Standorten rund 9.500 Mitarbeiter.
Um für die aktuellen und künftigen Herausforderungen einer Branche im Wandel langfristig gerüstet zu sein, setzt ElringKlinger auf eine strategische Partnerschaft mit SAP. Deren erstes Ziel ist es, die Unternehmens-IT schrittweise in die Cloud zu migrieren. Der Startschuss dafür fiel zu Beginn dieses Jahres, im September soll dieser Schritt abgeschlossen sein.
„Gemessen am Anspruch und am Umfang des Projekts ist das ungewöhnlich schnell,“ betont Alex Kläger, MEE Regional President SAP SE. Das gilt erst recht in Anbetracht der Tatsache, dass in den kommenden Monaten nicht nur nach und nach neue Cloud-Anwendungen in Betrieb gehen, sondern auch komplett neue Unternehmensstandorte entstehen werden.
Mehr Fertigungstiefe bedeutet mehr Komplexität
Darüber hinaus will – das ist das zweite Ziel der Partnerschaft – ElringKlinger bis 2025 sämtliche IT-Systeme auch hardwareseitig zu SAP verlagern, um sich vom Betrieb eines eigenen Rechenzentrums komplett verabschieden zu können.
Für den Doppelschlag – Migration der SAP-Systeme in die Cloud plus Umzug der IT-Landschaft in die SAP-Rechenzentren – gibt es gute Gründe, betont Stephan Gemm, CIO von ElringKlinger. „Die Cloud-Lösung hilft uns, Geschäftsrisiken in volatilen Märkten zu reduzieren, weil wir schneller reagieren und unsere IT-Landschaft bei begrenztem Administrationsaufwand flexibel weiterentwickeln können. Das ist angesichts der geopolitischen Lage und der Anfälligkeit unserer Lieferketten extrem wichtig.“
Maximale Standardisierung der IT trägt zudem einer wachsenden Bedeutung der E-Mobilität für das Unternehmen Rechnung. Wer in diesem Bereich Erfolg haben will, muss aufgrund der größeren Fertigungstiefe vor allem in Systemen denken. Mehr Fertigungstiefe bedeutet mehr Komplexität. Und die lässt sich nicht mit individualisierten, sondern nur mit maximal standardisierten IT-Systemen bewältigen. „In den vorhandenen, über Jahre gewachsenen Strukturen ist zum Beispiel kein sauberes Release-Management mehr möglich“, beschreibt CIO Gemm die aktuelle Situation.
Die aktuelle SAP-Landschaft wird bis 2027 parallel bestehen bleiben
Im Gegensatz dazu biete die neue, vollintegrierte SAP Business Technology Platform (BTP) „nicht nur Standard-Automotive-Prozesse ‚out of the box‘, sondern auch eine Cloud-Entwicklungs- und Integrationsumgebung, die individuelle Innovationen ermöglicht, ohne das Kernsystem SAP S/4HANA zu verändern“, skizziert Alex Kläger, MEE Regional President SAP SE, den fundamentalen Wandel, den die neue Technologie ermöglicht. „Das Unternehmen bleibt stets upgradefähig und profitiert kontinuierlich von Weiterentwicklungen des Systems durch SAP.“
Bei der Auswahl des Hyperscalers entschied man sich für Microsoft – auch weil ElringKlinger heute und weiterhin deren Office-Produkte nutzt. Grundsätzlich lässt aber RISE with SAP hier auch andere Lösungen zu.
Für einen reibungslosen Übergang und im Dienste maximaler Sicherheit und Stabilität des Geschäftsbetriebs wird die aktuelle SAP-Landschaft noch bis 2027 parallel zur neuen SAP S/4HANA Cloud bestehen bleiben.
„Die Partnerschaft mit SAP und der Übergang zu Cloud-Technologie sind wichtige Bausteine für den Erfolg unserer Zukunftsstrategie SHAPE30, unserer Roadmap für eine erfolgreiche Transformation“, so Thomas Jessulat, Vorstandsvorsitzender von ElringKlinger.
„Die Lösung zeigt, wie der Standort global wettbewerbsfähig bleibt“
Mehr noch: Nach Überzeugung von Alex Kläger, MEE Regional President SAP SE, zeigt die Lösung insgesamt, „wie sich die europäische Automobilindustrie zukunftsorientiert aufstellen lässt – und wie der Wirtschaftsstandort global wettbewerbsfähig bleibt.“ Und für CIO Stephan Gemm und sein Team ist die weitreichende Partnerschaft mit SAP nichts weniger als eine „Once-in-a-lifetime-Entscheidung, die uns auch ermöglicht, komplett neu zu denken.“ Das gilt zum Beispiel für den Einsatz von künstlicher Intelligenz (AI), die im Extended Warehouse Management Lagerverwaltung und Bestandsoptimierung auf ein neues Level hebt. SAP übernimmt auch hier das Hosting der Daten und Prozesse.
Es geht darum, für die Zukunft gerüstet zu sein
Wichtigstes Argument für den hardwareseitigen Umzug in SAP-Rechenzentren war die Sicherheit. „Mit einem eigenen Rechenzentrum können wir das Thema Cyber Security nicht mehr so adressieren, wie es heute nötig wäre“, unterstreicht Gemm. Mit den neuen Strukturen dagegen stelle man sich auch hier zukunftssicher auf.
Für die Zukunft gerüstet zu sein, darum geht es im Kern insgesamt bei der Partnerschaft.
Was die Zukunft dem Unternehmen bringt? CEO Jessulat glaubt nicht, dass Elektromotoren schon mittelfristig andere Antriebe vollständig verdrängen werden. „Aber 2030 wird vermutlich mehr als zwei Drittel aller neu produzierten Fahrzeuge weltweit elektrisch oder hybrid angetrieben sein.“ Ebenso wichtig wie Motoren und Batterien sind für diese Entwicklung Leichtbau-Materialien und das Wissen um ihre Verwendung. Und auch auf diesem Gebiet ist ElringKlinger bestens aufgestellt.