Straßen, Brücken, Wasserwerke: Die Instandhaltung von Hamburgs Infrastruktur ist komplex. Wie schafft die Stadt den Spagat zwischen notwendigen Baustellen und fließendem Verkehr?
Hamburg hat mehr Brücken als jede andere europäische Stadt. In der zweitgrößten Stadt Deutschlands ist die Instandhaltung von 2.500 Brücken und anderen Bauwerken wie Fußgängertunneln, Schleusen, Hochwasserbarrieren und Uferbefestigungen eine komplexe Aufgabe.
Besonders die Instandhaltung von Brücken als Engpässe für Verkehr und Transport ist vielschichtig. Der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) betreibt einen großen Teil der Verkehrsinfrastruktur in der Stadt Hamburg und ist für den gesamten Lebenszyklus der Anlagen verantwortlich. Erdinc Karabugday, Leiter Planung und Controlling LSBG erklärt: „Wir sind ein wichtiger Akteur im Hochwasser- und Gewässerschutz sowie beim Planen, Erhalten und Betreiben vieler Straßen und Brücken in Hamburg. Gemeinsam mit unserem Netzwerk bauen und schützen wir das, was Hamburg zusammenhält.” Die SAP-Technologie ist ein Baustein, um diese Aufgabe effizient und sicher zu erfüllen.
Freie Fahrt als oberstes Ziel
In Großstädten wie Hamburg spielt Mobilität eine zentrale Rolle im Alltag der Menschen. Besonders die Brücken sind stark belastet, da sie wichtige Knotenpunkte im städtischen Verkehrsnetz darstellen. Erdinc Karabugday bringt das Problem auf den Punkt: „Wir verfolgen langfristige Ziele und da reicht es nicht aus, nur auf Basis der aktuellen Situation operative Entscheidungen zu treffen. Für den strategischen Kontext benötigen wir umfassende Daten. Es geht nicht nur um wirtschaftliche Aspekte, sondern auch um soziale und ökologische Auswirkungen. Unsere SAP-Lösung unterstützt uns hier.“
Bisher war die manuelle Erfassung von Schäden an Bauwerken wie Brücken sehr kostenintensiv und zeitaufwendig. Dieser komplexe Prozess wurde durch die aufwendige Datenerfassung und -auswertung weiter erschwert, die teilweise durch eigenes Personal aber auch von Fremdfirmen geleistet wird.
Ein digitales Abbild der Infrastruktur
Um den bestehenden Sanierungsstau zu reduzieren und eine langfristige, nachhaltige Lösung für Hamburgs Erhaltungsmanagement zu schaffen, erarbeitete der LSBG mit SAP eine einheitliche Datenplattform. Ein zentraler Aspekt ist die Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Quellen auf der SAP-Datenplattform SAP HANA Cloud. Die multimodale Datenbank ermöglicht das Verschneiden von Daten wie beispielsweise die Lage oder der Zustand einer Anlage aus unterschiedlichen Quellen. Daraus können heute Entscheidungen und präzise Prognosen für die Instandhaltungs- und Budgetplanung abgeleitet werden. Ulrike Brecht, Architect Advisor im Bereich Customer Advisory Public Sector bei der SAP Deutschland, erklärt: „Der Ursprung des Projekts lag in der Instandhaltung von Brücken. Mitarbeiter führen vor Ort die notwendigen Instandhaltungen und Prüfungen durch. Sie dokumentieren vor Ort auch die Substanz einer Anlage und stellen so sicher, dass erforderliche Instandhaltungsmaßnahmen zum richtigen Zeitpunkt durchgeführt werden.“ Alle zu den Objekten verfügbaren Daten, wie Straßen- und Brückendaten, aber auch Geo- und Monitoringdaten werden in der SAP HANA Cloud zusammengeführt. Diese Informationen zum aktuellen Zustand in Kombination mit Alterungsmodellen der Anlagen ermöglichen beispielsweise Prognosen, wann welche Straßenabschnitte saniert werden müssen. Die Budgetplanung der Infrastruktur wird durch datengestützte Prognosen auf eine neue Basis gestellt. Die Prognosen erlauben es, Prioritäten bei der Erneuerung der Bauwerke so zu setzen, dass die Auswirkungen auf den Verkehrsfluss und damit das städtische Leben minimiert werden.
Die Zukunft: Urbane Plattformen
Auf unsere Städte kommen in den nächsten Jahren gewaltige Aufgaben rund um den Schutz und den Erhalt der Lebensqualität ihrer Bewohnerinnen und Bewohner zu.
Dr. Philipp Schulz war wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Heidelberg, schrieb seine Doktorarbeit im Bereich Digitale Stadtentwicklung und berät heute Städte und Kommunen zu Themen wie der Belebung von Innenstädten, Umgestaltung öffentlicher Flächen und Bürgerbeteiligung.
Ein Trend, den er bei Kommunen, mit denen er zusammenarbeitet, beobachtet, ist die Erstellung eines Urban Dashboards, das alle in einer Stadt gesammelten Daten und wichtigen Parameter wie Luftqualität, Personenbewegungen und Wetterprognosen zusammenbringt.
Für Dr. Philipp Schulz gehört das Ausarbeiten einer langfristigen Digitalstrategie zu den Grundpfeilern einer modernen Städteplanung. „Für mich ist der Begriff der „Smart City“ überholt. Ich spreche heute von Platform Urbanism. Bei diesem Ansatz werden verschiedene Akteure und deren Informationen auf einer Plattform zusammengebracht.“ Platform Urbanism beschreibt, wie Apps und Websites die Art und Weise verändern, wie Menschen in Städten leben, arbeiten und interagieren. Dabei geht es um die Digitalisierung einzelner Bereiche, die dann schrittweise zusammengeführt werden.
Die Stadt Hamburg ist auf einem guten Weg. „Hamburgs Ziel ist es, das gesamte Erhaltungsmanagement ihrer Infrastruktur über eine einheitliche Datenplattform abzuwickeln”, sagt Ulrike Brecht. Die Stadt wird die Errungenschaften dieses Projekts auf andere Bereiche ausweiten wie etwa die Instandhaltung von Parks und städtischen Gebäuden.