Wie sich mit SAP S/4HANA schnelle Benefits bei wenig Risiko realisieren lassen, zeigt die ERP-Konsolidierung bei Lohmann, einem mittelständischen, aber global aufgestellten Hersteller technischer Klebeprodukte.
Wie andere erfolgreiche Unternehmen auch war die Lohmann GmbH & Co. KG aus dem rheinischen Neuwied jahrelang stark gewachsen, und das nicht immer organisch. Eine Folge war, dass die 20 Ländergesellschaften mit 15 unterschiedlichen ERP-Systemen arbeiteten.
Fast zwangsläufig stellte sich CIO Holger Wüsthoff deshalb die Frage, ob er weiter in die Altsysteme oder besser in eine ganz neue, integrierte IT-Landschaft investieren sollte. Und wenn ja, wie genau?
Obwohl sich Wüsthoff natürlich von Beginn an darüber im Klaren war, dass die komplette Konsolidierung einer so heterogenen Landschaft nicht innerhalb von ein paar Monaten über die Bühne gehen konnte, kam für ihn ein Wasserfallmodell mit klassischem Rollout-Template nicht in Frage. Denn Lohmann brauchte ein System, das kurzfristig einen Wertbeitrag leistete, dabei aktuelle Digitalisierungsvorhaben unterstützte, und das zugleich ausbau- und damit zukunftsfähig war.
Flexibilität durch Zwei-Schicht-Architektur
Man entschied sich grundsätzlich für eine Lösung von SAP, obwohl SAP zuvor nirgendwo im Unternehmen genutzt wurde. Der Rollout-Versuch mit dem System eines anderen Herstellers hatte nicht funktioniert.
Allerdings stellte sich auch nach dieser Entscheidung die Frage, ob die S/4HANA Suite das richtige Tool war, um schnelle Benefits bei geringem Risiko zu erreichen und die beschriebenen Herausforderungen und Wünsche unter einen Hut zu bringen.
Die Antwort lautete am Ende: ja, jedenfalls wenn man es richtig angeht. Der Lohmann-CIO dazu: „Wir haben uns früh von dem Gedanken verabschiedet, dass alle Anwendungen von Beginn an in einem einzigen System laufen müssen.“ Stattdessen entschied man sich für eine pfiffige Zwei-Schicht-Architektur, gewann dadurch Flexibilität und Geschwindigkeit beim Rollout.
Aber der Reihe nach. Nach dem Aufbau eines Prozessmodells harmonisierte man zunächst den umfangreichen Datenbestand der Altsysteme. Ein Schritt, den man ganz bewusst an den Anfang stellte. „Damit spricht unser gesamtes Unternehmen schon heute dieselbe Sprache, und in den Altsystemen kann ohne Änderungen weitergearbeitet werden“, so Wüsthoff.
Anschließend führten der CIO und seine Mitarbeiter SAP S/4HANA im Standard mit einem Greenfield-Ansatz ein. Dabei werden Public- und Private Cloud parallel in Form eines Mutter- und Tochtersystems genutzt – daher die Bezeichnung Zwei-Schicht-Architektur.
ERP-Konsolidierung über Abteilungen hinweg
In Schicht 1 (der „Mutter“) laufen alle lokalen ERP-Systeme großer Landesgesellschaften und deren Hub-Lösungen. Die Systeme kleinerer Gesellschaften sowie alle zentralen Applikationen ziehen dagegen sofort in die Public Cloud (Schicht 2, die „Tochter“). Sie dient auch als Basis für alle Neu-Installationen in der Zukunft.
Der angestrebte unmittelbare Nutzen liegt zum Beispiel darin, dass dem Lohmann-Management schon heute Führungs- und Steuerungsdaten in Echtzeit zur Verfügung stehen. Hinzu kommen natürlich Dashboards und alle weiteren Vorteile einer SAP-S/4HANA-Lösung.
Diese automatisiert auch viele interne Prozesse, unterstützt so den bei Lohmann vorangetriebenen Umbau von einer regionalen zu einer divisionalen Organisation. Wüsthoff erklärt: „Bisher hatten die meisten Landesgesellschaften jeweils eigenständige Vertriebs-, Logistik- und Produktionsabteilungen. Das ist nicht mehr zeitgemäß, auch weil es für die Kunden irrelevant ist, wo ihr Produkt hergestellt wird.“
Jetzt baut das Unternehmen Abteilungen auf, die über verschiedene Landesgesellschaften hinwegreichen. Ein Schritt, der sich innerhalb der bisherigen IT-Strukturen gar nicht hätte abbilden lassen.
Was nicht cloudfähig ist, wird verboten
Um die Harmonisierung der Prozesslandschaft insgesamt möglichst schnell hinzubekommen, und dabei die Realisierbarkeit im SAP-S/4HANA-Standard stets im Blick zu behalten, kam das sogenannte Core-Shell-Modell des beteiligten IT-Dienstleister GAMBIT zum Einsatz. Es lässt zum Beispiel lokale oder physikalische Besonderheiten zu, ohne dadurch die Harmonisierung insgesamt zu gefährden. Denn es prüft bei jedem auf der eigenen Maschine programmierten Software-Element, ob dieses zukünftig auch in der Cloud lauffähig sein wird.
Für den CIO ist dieser Aspekt extrem wichtig. Schließlich sollen mittelfristig 70 Prozent aller Anwendungen des Unternehmens in der Public Cloud liegen. Warum nicht einhundert? Weil der von SAP für solche Systeme angebotene Funktionsvorrat dafür bisher noch nicht ausreichend wäre. „Aber natürlich streben wir genau das langfristig an“, sagt Wüsthoff. „Entwicklungen, die uns die Cloudfähigkeit nehmen, sind bei uns strikt verboten.“