Vor 30 Jahren veranstaltete die SAP in Princeton, USA, die erste SAPPHIRE – und wurde so zum Vorreiter einer neuen Form der Kundeninteraktion.
„Wer war der Mörder?“ Tom Pfister weiß es nicht mehr genau. Aber dass die SAP-Kunden und -Partner an runden Zehner-Tischen saßen, unterschiedliche Rollen spielten und beim gemeinsamen „Murder Mystery Quiz“ versuchten, den Bösewicht zu ermitteln, ist dem ehemaligen SAP-Mitarbeiter noch so präsent, als sei es gerade erst passiert.
Wir schreiben den 9. November 1989. Im Hotel Scanticon in Princeton, New Jersey, haben sich rund 250 SAP-Kundenvertreter zur ersten nordamerikanischen Anwenderkonferenz versammelt. Fast alle Kunden und Partner aus Nordamerika sind vertreten, die Liste reicht von Andersen Consulting über Dow Chemical, Du Pont, Esso, GE und ICI bis hin zu Mannesmann Pipe & Steel, Marriott, Price Waterhouse und der Westinghouse Elevator Company. Der Titel der Konferenz: SAPPHIRE.
Tom Pfister gehörte zu den Organisatoren der Konferenz und erinnert sich auch daran, wie der damalige stellvertretende Vorstandsvorsitzende Hasso Plattner am ersten Konferenztag einen Vortrag unterbricht und die Gäste auf ein weltbewegendes Ereignis aufmerksam macht: In Berlin ist am späten Abend die Mauer gefallen und Tausende Menschen strömen über die nun geöffneten Grenzübergänge nach Westberlin. Auf die Frage eines Teilnehmers, was er denn nun in seiner Heimatstadt zu tun gedenke, antwortet Plattner laut Tom Pfister mit dem ihm eigenen Weitblick: „Land kaufen!“
SAPPHIRE: Von Beginn an international
„Es waren wahrlich spannende Zeiten“, sagt Pfister heute im Rückblick. „Und wer hätte gedacht, dass sich aus diesem Event ein globales Kundentreffen mit mehr als 20.000 Teilnehmern vor Ort entwickeln würde.“ Zu dem 2018 noch einmal rund 600.000 Nutzer vor ihren Bildschirmen hinzukamen.
Seit 30 Jahren lädt die SAP nun Kunden und Partner zur SAPPHIRE ein, die seit 2010 SAPPHIRE NOW heißt und 2006 erstmals gemeinsam mit der amerikanischen Anwendergruppe ASUG veranstaltet wurde. Mit dabei ist das „Who’s Who“ der globalen IT-Branche. Über die drei Jahrzehnte hinweg fungierten allerdings keineswegs nur die USA als Gastgeber: Bei der SAPPHIRE Australasia im Jahre 1993 in Hobart/Australien beispielsweise informierten sich 150 Vertreter von Kunden, Analystenhäusern, Hardware- und Beratungspartnern unter dem Motto „Doing SAPcessful Business Down Under“ über die im Jahr davor veröffentlichte Client-Server-Lösung SAP R/3. 1996 fand eine SAPPHIRE zum ersten Mal in Japan statt – mit 5.000 Teilnehmern.
Und nicht immer liefen SAP-Kundenkonferenzen unter dem Namen „SAPPHIRE“. Die allererste internationale Kundenmesse der SAP nämlich fand im Juni 1989, also fünf Monate vor der ersten nordamerikanischen SAPPHIRE, mit fast 500 Teilnehmern aus mehr als 20 Ländern im schweizerischen Lausanne statt und hieß „International R/2 User Conference“ oder „R2USER89“. SAP ist damit „die Erfinderin der globalen Anwender-Konferenzen in der IT-Branche“, sagt Pfister.
Zwei Jahre später kamen bereits mehr als 1.000 IT-Experten aus 26 Ländern zur zweiten Konferenz „SAP USER91“ nach Nizza in Frankreich (Motto: Making Waves). Dort sprach unter anderen der amerikanische Zukunftsforscher Alvin Toffler über eine große Welle namens Internet, die auf die Menschen zurolle – und war seinen Zuhörern damit gedanklich noch weit voraus. 1994 wurden die Anwendermessen in Europa und die SAPPHIRE zur SAPPHIRE International zusammengeführt. In Südafrika heißen die Kundenveranstaltungen SAPHILA.
Direktes Feedback der Kunden
Überall gleich sind im Grunde die Ziele, die schon Heinz Roggenkemper, damals der erste President von SAP America, in seiner Einladung zur ersten SAPPHIRE 1989 formulierte: „SAPPHIRE ist eine Gelegenheit, Informationen auszutauschen – zu den Produkten und Geschäftsstrategien der SAP und den Erfahrungen der Anwender. Das Ziel der SAPPHIRE ist es, Dialog zu ermöglichen.“ Von Beginn an sei es darum gegangen, Netzwerke zu knüpfen und voneinander zu lernen, sagt Tom Pfister. „Und die SAP wollte hören, welche Anforderungen die Kunden hatten – Anwendergruppen gab es ja noch nicht.“ Pfister erinnert sich: „Während einer Breakout-Session in Nizza 1991 fragte ein Kunde den Mitgründer Klaus Tschira, ob man eine Funktionalität nicht ins System integrieren könne und Tschira antwortete: ,Okay, wir fangen nächste Woche an, sie zu programmieren.’“
Natürlich nutzte die SAP ihre Kundenmessen, um den eigenen Anhängern ihre Innovationen von SAP R/3 über mySAP.com bis hin zu SAP HANA und SAP C/4HANA näher zu bringen. Doch immer wieder öffneten die Events auch den Blick über den Tellerrand der IT: der Energieexperte Daniel Yergin, der Verleger Malcom Forbes, Apollo-13-Kommandant James Lovell, Ex-US-Außenministerin Condoleezza Rice oder Ex-US-Präsident Barack Obama – die Liste der Gastredner ist lang und bunt. Genauso wie die der musikalischen Gäste: Jedes Jahr freuen sich die SAPPHIRE-Besucher über einen Show-Act der Extraklasse aus mindestens 30 Jahren Musikgeschichte. So standen schon Bon Jovi, Duran Duran, Sting, Jennifer Lopez, Coldplay, Justin Timberlake, Van Halen und viele mehr auf der SAPPHIRE-Bühne. In diesem Jahr wird Lady Gaga ihre Hits präsentieren.
Und bisweilen sorgte die SAP-Führung selbst für hohen Unterhaltungswert: 1994 etwa waberte Nebel und zuckten grelle Lichtblitze durchs Kongresszentrum von Disney World, als Hasso Plattner mit krachender E-Gitarre auf die Bühne schritt und Oh Carol von Chuck Berry anstimmte, bevor er ein „R/3 Technology Update“ gab.
SAPPHIRE NOW: Eine Veranstaltung mit Geschichte
Rund 50 Jahre nach dem legendären Happening und Urahn der Open-Air-Konzerte ist die SAPPHIRE für Tom Pfister „das Woodstock der IT“. Klar, sagt er, die SAPPHIRE sei nicht mehr die größte Kundenmesse der Branche. Aber vor allem eine Sache mache die SAP-Anwenderkonferenz so besonders: „Die SAPPHIRE hat Geschichte“, sagt Pfister. „Und für viele ist sie so relevant wegen ihrer Vielfalt und der Mischung der Teilnehmer.“ Die SAPPHIRE war von Anfang an eine internationale Konferenz, hier teilen Anwender aus Nord- und Südamerika ihre Erkenntnisse mit Kolleginnen und Kollegen aus Asien und Europa, hier treffen SAP-Veteranen mit über 20 Jahren SAPPHIRE-Erfahrung auf junge „Neueinsteiger“, hier können Start-up-Gründer von etablierten Konzernen und Mittelständlern lernen. Nicht zuletzt, sagt Pfister, tauschen sich auch Alumni und ehemalige SAPler, die nun in anderen Firmen oder als Investoren tätig sind, mit aktuellen SAP-Mitarbeitern aus. Dazu eine Heerschar von Journalisten, Analysten und Bloggern, die noch wochenlang nach der SAPPHIRE über das Event berichten. Tom Pfister: „Und alle eint das Interesse an IT und wie Unternehmen von ihren Errungenschaften profitieren können.“„Und wer war beim Murder Mystery Quiz bei der ersten SAPPHIRE nun eigentlich das Opfer?“ Das weiß Pfister noch einigermaßen genau: „Jedenfalls keiner der Kunden!“
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