Die neue SAP-Kunstausstellung zeigt neue Experimentierfelder in der Fotografie rund um das Thema „Fail Early and Often“.
Überall blinkt und brummt es. Viele Schränke, Türen, Kabel und Lichter. Es ist laut und warm. Inmitten der Szene: eine Lochkamera. So beschreibt der Künstler Paul Pape die Eindrücke seines Besuchs im SAP-Rechenzentrum in Walldorf. Hier, im Herzen der SAP, durfte er in den letzten Monaten mit seiner selbstgebauten Lochkamera einzigartige Bilder schießen.
Die dabei entstandenen Fotografien sind nun zusammen mit den fotografischen Werken von fünfzehn Kommilitoninnen und Kommilitonen der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main in der neuen SAP-Kunstaustellung in Walldorf zu sehen. Am 24. Mai wurde die Ausstellung mit dem Titel „Fail Early and Often – Martin Liebscher & Students“ im Internationalen Trainingszentrum feierlich eröffnet.
Die Werke zeigen eindrucksvoll, dass das Medium der Fotografie die Wirklichkeit auf vielfältige Weise darstellen und neu interpretieren kann. Dachte man früher noch, der Fotoapparat sorge für die originalgetreue Abbildung der Realität, so wird hier schnell klar, dass sich der Betrachter auch durchaus täuschen lassen kann. „Jeder von uns kennt den Augenblick, in dem man schmerzlich erkennt, dass man sich getäuscht, sich geirrt hat, dass man gescheitert ist“, sagte Alexandra Cozgarea, SAP-Kunstkuratorin, in ihrer Eröffnungsrede. „Diese Erfahrungen sind der Motor für neue Wege im Denken und Handeln. Sie machen widerstandsfähiger, resilienter und führen in Richtung Erfolg und Innovationen.“ Eben „Fail early and often“.
Die Nadel im Heuhaufen
Für Paul Pape liegen die Parallelen zwischen seiner Kunst und einem Softwareunternehmen wie der SAP auf der Hand – und das nicht nur, weil seine Fotografien bei SAP entstanden sind. Vielmehr geht es darum, dass er auf der ständigen Suche nach dem für ihn optimalen Ergebnis ist. Am Anfang stand nur eine Idee: eine eigene Lochkamera zu bauen. Die ersten Prototypen funktionierten nicht. „Ähnlich läuft es in der Softwareentwicklung, denke ich. Wenn da ein Fehler ist, weiß man vielleicht erst einmal gar nicht, wo er ist“, erklärt Paul. „Das ist wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Es ist unheimlich komplex, aber auch spannend.“
Neuer Ansatz mit Design Thinking
Früh und oft zu scheitern ist nicht nur ein Leitgedanke des Design-Thinking-Ansatzes, den SAP in der Softwareentwicklung verfolgt, sondern auch in der Kunst ein wichtiger und produktiver Prozess. Kleine Fehler sind oft durchaus gewollt und verleihen den Kunstwerken erst einen gewissen Charme. Dadurch werden sie einzigartig.
Die Werke der Kunstausstellung laden die Betrachter dazu ein, Perspektiven zu hinterfragen und sich an neuen Herangehensweisen zu versuchen. So finden sich beispielsweise erst nach näherer Betrachtung in Martin Liebschers Großformatbild Steffi Graf Stadion zwei vermeintliche Fehler. Auch in dem Katalog, den die Studierenden Janine Bächle, Patrick David Brockmann und Svetlana Mijic begleitend zur Ausstellung gestaltet haben, findet man 22 solcher „zauberhafter kleiner Fehler“, wie Autor und Künstler Andreas Schlaegel sie nennt.
Nicht nur scheitern, sondern auch darüber sprechen
Auf den ersten Blick wirken die Bilder der Künstlerin Asli Özdemir chaotisch, bunt und vielleicht sogar erheiternd. Kleidungsstücke und Lebensmittel finden sich neben Geschirr und elektronischen Geräten. In der Badewanne sind Haare. Die autobiografisch geprägte Arbeit alles wird nach oben geschickt befasst sich mit dem traditionellen türkischen Trauerritual „taziye“. In der ersten Woche nach einem Todesfall empfängt die trauernde Familie eine große Trauergemeinschaft, was zu einer Ansammlung diverser Objekte in der Wohnung führt, die Asli in ihrer Arbeit inszeniert. Im Schaffungsprozess hat sie sich auch von kleineren „Fehlern“ und spontanen Ideen leiten lassen. „Plötzlich ist etwas da, hier zum Beispiel die Haare im Wasser, und es entsteht etwas, was ich selbst nicht erklären kann“, so Asli. Ihre Arbeit, so meint sie, sei erst durch Zufälle im Entstehungsprozess entstanden. „Fehler erzählen auch Geschichten“, erklärt sie.
Auch Günter Pecht, Global Vice President, Future of Work, erklärte in seiner Eröffnungsrede, wie wichtig der Prozess des frühen Scheiterns sowohl bei der SAP als auch im Alltag ist. „Ein Kind fällt 2000 mal hin, bevor es laufen kann. Scheitern und Fehler machen ist Teil unseres Lernprozesses.“ Und prompt sorgte der kleinste Besucher der Vernissage, Günters Sohn Emil, für den wohl schönsten Moment des Abends. Ganz so, als wolle er seinen Vater kurz aus dem Konzept bringen, lief er zum Rednerpult, klopfte dagegen, und stahl seinem Vater für einen Moment die Show. Doch gerade die unvorhergesehenen Dinge wie diese führen oft zu einem noch besseren Ergebnis als erwartet. Am wichtigsten, so Günter, sei es, Fehler anzunehmen und sich mit anderen darüber auszutauschen und darüber zu sprechen. „Wer niemals scheitert, läuft Gefahr, nicht genug Risiko einzugehen und nichts wirklich Neues zu schaffen,“ schloss Günter seine Rede … und seinen Sohn in die Arme.
Die Ausstellung ist noch bis zum 13. September 2019 im Internationalen Schulungszentrum (SAP-Gebäude 5) in Walldorf zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 10:00 bis 18:30 Uhr.
Ausstellende Künstlerinnen und Künstler:
Joschua Yesni Arnaut, Janine Bächle, Jana Bissdorf, Laura Brichta, Patrick David Brockmann, Annika Grabold, Dennis Haustein, Zoé Hopf, Lea Kulens, Martin Liebscher, Svetlana Mijic, Asli Özdemir, Paul Pape, Yama Rahimi, Robert Schittko, Tatiana Vdovenko