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In seinem Blog beschreibt SAP CEO Christian Klein, wie die SAP gemeinsam mit ihren Kunden neue langfristige und nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln kann.

Durch die weltweiten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus ruhte der Flugverkehr, Autobahnen waren wie leergefegt und Fabriken geschlossen. Dadurch wurde weltweit so wenig Kohlendioxid ausgestoßen, wie seit 2006 nicht mehr.

Die positiven Nebenwirkungen der Pandemie auf die Umwelt weckten die Hoffnung, dass es nach der Pandemie in der Weltwirtschaft zu einem „grünen Wandel“ kommt. Wir befinden uns jedoch an einem Wendepunkt, was die Eindämmung der globalen Erderwärmung angeht. Der Rückgang der Treibhausgasemissionen im vergangenen Jahr betrug „nur“ sieben Prozent. Und es gibt Anzeichen, dass die Emissionen schon wieder zum Niveau vor der Pandemie zurückkehren. Einerseits ist der Rückgangs ermutigend, andererseits wird uns das keinesfalls dem langfristig erforderlichen Ziel näher bringen, die CO2-Emissionen bis 2030 umfassend zu senken. Ein Systemwechsel muss her. Und wir müssen unsere Wirtschaft neu denken.

Nachhaltigkeit ist ein Wettbewerbsfaktor

Unternehmen stehen zunehmend im Rampenlicht, was ihre Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt angeht. Kapitalmarktorientierte Unternehmen in vielen Ländern müssen Informationen über nicht-finanzielle Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit offenlegen. Gleichzeitig treffen Verbraucher heute ihre Kaufentscheidungen nicht nur anhand des Produkts oder Preises. Stattdessen wollen sie lieber bei Unternehmen kaufen und arbeiten, die sich für aktuelle und allgemein relevante Themen wie Klima, Nachhaltigkeit, Transparenz und soziale Gerechtigkeit – etwa faire Beschäftigungspraktiken – einsetzen.

Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur „schönes Beiwerk“, sondern entscheidend für den langfristigen Erfolg eines jedes Unternehmens. Es geht darum, neue Wettbewerbsvorteile zu definieren, Risiken zu senken, Widerstandsfähigkeit gegenüber Preisvorschriften aufzubauen, bei Anlegern zu punkten und neuen Anforderungen der Verbraucher einen Schritt voraus zu sein. Daher wird Nachhaltigkeit immer mehr zu einem zentralen Aspekt bei Entscheidungen von Unternehmen – genauso wie Kosten oder Wachstum.

In allen Branchen können digitale Technologien dazu beitragen, große Mengen an Treibhausgasemissionen zu vermeiden und den Verbrauch natürlicher Ressourcen zu senken. Allerdings kann kein Unternehmen alle benötigten Lösungen und Technologien alleine entwickeln. Unternehmen aus allen Bereichen arbeiten aktiv an gemeinsamen Projekten, um bei ihren Dekarbonisierungszielen voranzukommen. Die Energiewirtschaft bildet dabei keine Ausnahme. Sie arbeitet zunehmend mit Kunden, Regierungen und anderen zusammen, um die CO2-Emissionen in verschiedenen Sektoren zu senken und innovative Lösungen zur Beschleunigung der Energiewende zu entwickeln.

Die jüngsten Ankündigungen großer Öl- und Gasanbieter, zwischen 2030 und 2050 klimaneutral sein zu wollen, zeigen ihre Bereitschaft, Klimaschutzmaßnahmen in ihrem Kerngeschäftsmodell zu ergreifen. Da die Nachfrage nach kohlenwasserstoffbasierten Energieträgern abflacht – und irgendwann ganz zurückgeht –, müssen diese Unternehmen jedoch alle Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit betrachten und ihre langfristigen Geschäftsmodelle für eine Welt neu definieren, in der Kohlenwasserstoff nur begrenzt genutzt wird.

Digitalisierung als Motor für mehr Nachhaltigkeit

Aufgrund meiner Gespräche mit vielen Kunden aus dieser Branche wird klar: Sie wollen diese Entwicklung schneller vollziehen. Aber wie können sie diesen Strategiewechsel erfolgreich bewältigen, wenn sie einerseits noch vom alten Geschäftsmodell abhängen und gleichzeitig den Aktionären durch eine beschleunigte Energiewende Renditen bieten – und hierbei nicht nur überleben, sondern auch wachsen wollen?

Tatsache ist: Kein Unternehmen kann diesen Weg alleine gehen. Zusammenarbeit kann dazu beitragen, dass aus Herausforderungen Chancen werden. Unsere Aufgabe ist es, gemeinsam mit unseren Kunden neue langfristige und nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dabei nutzen wir intelligente Technologien wie das Internet der Dinge (IoT), maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz (KI), Blockchain und modernste Datenanalysen, um sowohl Abläufe zu optimieren als auch Emissionen zu senken.

Es fängt damit an, Nachhaltigkeitsdaten grundsätzlich in Geschäftsprozesse in allen Branchen und Wertschöpfungsketten zu integrieren. Wir helfen unseren Kunden und Lieferanten branchenübergreifend, die ersten Schritte zu unternehmen, nämlich Funktionen zur Überwachung und Steuerung von CO2-Emissionen in alles und jederzeit einzubetten – in laufende Prozesse, Lieferketten, Produkte und sogar in die Aktivitäten ihrer Mitarbeitenden. Dadurch werden die Voraussetzungen für ihre Ziele für 2030 geschaffen. Sie können schnellere und verantwortungsbewusste Entscheidungen treffen und dabei auch das Thema Nachhaltigkeit berücksichtigen. Sie können Emissionen reduzieren und vermeiden. Sie können Möglichkeiten für nachhaltige Investitionen und betriebliche Entscheidungen simulieren. Und sie können natürliche und soziale Ressourcen genauso steuern wie alle anderen Ressourcen des Unternehmens.

Gemeinsam für eine klimaneutrale Zukunft

In diesem Sinne freuen wir uns auf die Zusammenarbeit mit Shell, das sein Geschäft neu ausrichten möchte und damit in seiner Branche führend ist. Das Konzept von Shell für sein CO2-Management sieht vor, unvermeidbare Treibhausgasemissionen mithilfe von Technologie und Natur zu vermeiden, zu reduzieren und schließlich zu kompensieren. Gemeinsam werden wir die Energiewende vorantreiben, Modelle zur Vermeidung, Reduzierung und Kompensation von CO2-Emissionen untersuchen, den Fußabdruck überwachen und mit weiteren Branchenpartnern für mehr Datentransparenz sorgen, um das Unternehmen nachhaltiger zu machen.

Das Ziel der Klimaneutralität ist zweifellos eine der größten aktuellen Herausforderungen der Menschheit – wenn nicht sogar die größte –, und die Uhr tickt. Kein Unternehmen oder Land wird das alleine lösen können. Branchen, Regierungen und Kunden müssen zusammen nach Wegen suchen, um das Problem der CO2-Emissionen in den Griff zu bekommen. Digitale Technologien, partnerschaftlich und verantwortungsvoll eingesetzt, werden das Innovationstempo maßgeblich beschleunigen und dazu beitragen, dass die Innovationen allgemein zugänglich sind.


Christian Klein ist Vorstandssprecher der SAP SE.
Dieser Beitrag wurde ursprünglich in LinkedIn veröffentlicht.