Um unternehmensübergreifende Prozesse im Rahmen seines Future Integrated Template (FIT) umzusetzen, hat Lanxess seinen Einkauf bei der SAP S/4HANA-Transformation nahtlos und digital in die Wertschöpfungskette eingebunden.
Die Ausgangssituation beim Kölner Spezialchemie-Hersteller Lanxess war so wie bei vielen Unternehmen: Die Fachbereiche verstanden die Prozesse überall verschieden und setzten sie dementsprechend unterschiedlich um. Dazu kam: Der Lanxess-Konzern war 2004 durch Ausgliederung der Chemie- und von Teilen der Polymersparte der Bayer AG entstanden. Die vielen unterschiedlichen Tools und Lösungen im Unternehmen wurden zunehmend zu einem Hemmnis, stellten die Verantwortlichen fest.
Es fing schon bei den Bestellformularen an, die an die Lieferanten verschickt wurden: „Das Motto des Formulars war ‚viel hilft viel’“, erinnert sich Fares Bäcker, Global Process Manager Source-to-Pay bei Lanxess. „Der Lieferant sollte sich unter den vielen Informationen aussuchen, was auf ihn zutrifft. Nun haben wir das Formular modular aufgebaut, so dass darin warenspezifische Texte berücksichtigt werden.“
Tools und Lösungen vereinheitlichen
Der Konzern führte nämlich mit „Lanxess FIT“ ein großes digitales Transformationsprogramm zum Thema Beschaffung durch. „Unser Ziel war eine klare, aufgeräumte und vernetzte IT-Infrastruktur mit SAP S/4HANA als zentralem Steuerungsinstrument“, erklärt Bäcker. In Zukunft wird SAP Ariba Sourcing das zentrale Tool im gesamten Unternehmen für Ausschreibungsprozesse. Über die Nutzung kann dabei nicht mehr jede einzelne Einkaufsorganisation in der Region entscheiden.
Die Abkürzung „FIT“ steht für „Future Integrated Template“ und unterstützt bei Lanxess die gruppenweite Einführung von SAP S/4HANA. Technologie und Prozesse sollen auch in den nächsten Jahren Best-Practice Ansätze möglich machen. „Wir wollen die Prozesse nicht nur isoliert im Einkauf oder in der Produktion, sondern ganzheitlich und übergreifend betrachten“, sagt Bäcker. Das alles mit einem einzigen gültigen und abgestimmten Set an Systemen und Prozessen – so standardisiert und harmonisiert wie möglich.
Den Überblick behalten
Auch die Anzahl an Materialien, die kein Einkäufer mehr überblicken konnte, haben die Projektverantwortlichen reduziert. „In Zukunft gibt es einen harmonisierten und vereinfachten Material-Datensatz“, sagt Bäcker. In Nordamerika wurden es dadurch nun über 10.000 Materialien weniger, da sie bei der Migration auf SAP S/4HANA einfach weggelassen wurden. Statt verwirrend vieler Dokumente gibt es im SAP Ariba Buying auch in der Instandhaltung nur noch einfachere, elektronische Kataloge.
Die Pflege der nun überflüssigen relevanten Datenobjekte entfällt damit ebenfalls. „Die Prozesse sind nun nicht mehr vom jeweiligen Land oder der spezifischen Einkaufsorganisation abhängig. Wir wollen klare Regeln und gut geschulte Mitarbeiter“, sagt Bäcker. „Ihre Berechtigungen im System korrelieren nun mit ihren Aufgaben.“
Komplexität reduzieren
Die Projektverantwortlichen haben die Prozesse und Stammdaten harmonisiert und die Komplexität reduziert. „Für den Erfolg unseres Transformationsprojekts waren das hohe Commitment des Managements entscheidend, eine klare Kommunikation und der Einsatz eines globalen Templates“, sagt Bäcker.
Auch die Integration eines neuen Unternehmens könne Lanxess nun viel schneller abwickeln. Zur Feuerprobe für das System wird die Integration der im Februar 2021 übernommenen US-Firma Emerald Kalama Chemical. „Wir sind gespannt, wie es funktionieren wird“, sagte Bäcker. Noch wartet Lanxess auf die Genehmigung der Behörden.
Als wesentliche Voraussetzungen für die erfolgreiche und nachhaltige Implementierung im Unternehmen nennt Bäcker drei wichtige Bausteine:
- Möglichst nah am Standard bleiben und nur dort abweichen, wo man zusätzlichen Wert generieren kann oder lokalen oder gesetzlichen Anforderungen nachkommen muss. Beispiel: Die Automatisierung der Bestellbelege durch eine noch tiefere Integration in das SAP PP/DS-Planungsmodul, als ihn der SAP-Standard bisher vorsieht. SAP PP/DS steht für Production Planning und Detailed Scheduling, eine Komponente, die Unternehmen eine detaillierte Produktionsplanung ermöglicht.
- Durch eine zentrale Steuerung von Weiterentwicklungen und Änderungen verhindert die IT, dass im Laufe der Zeit aus einem globalen Template wieder kleine, lokale Lösungen mit verschiedenen Prozessen entstehen. Als „Hüter des Templates“ wacht eine Governance-Organisation aus global verantwortlichen Prozessmanagern.
- „FIT“ ist mehr als ein Projekt, mit dem Lanxess eine neue Software einführt. Lanxess dient es auch dazu, die Transformation, und zwar nicht nur die digitale, voranzutreiben. Abhängig von den Businesserfordernissen gibt es eine Business Model Segmentation, die die Zahl der möglicher Prozessvarianten vorgibt, sowie eine neu etablierte Governance Organisation. Zur Steuerung der Prozesse nutzt Lanxess definierte Geschäftsregeln und die Prinzipien einer guten Governance.
Komplette IT-Landschaft überprüft
„Wir haben viel mehr gemacht als nur ein weiteres SAP-Implementierungsprojekt“, stellt Bäcker fest. „Mit der Einführung von SAP S/4HANA haben wir uns alle Prozesse angeschaut und die komplette IT-Landschaft analysiert und überprüft – mit einer zentralen Frage: Welche Lösungen und Schnittstellen sind bei Lanxess in Zukunft noch nötig?“
Danach hat das Team von Lanxess, SAP und dem Implementierungspartner Accenture Tools gezielt ausgetauscht und reduziert. In der neuen Umgebung änderten sich auch Funktionszuordnungen im Prozessablauf. Zusammen mit Accenture führte die IT zum Roll-Out ein großes Trainingsprogramm durch.
Das Ergebnis bewertet Bäcker sehr positiv: „Von der Kundenanfrage über die Produktion und die dafür notwendigen Einkaufsaktivtäten, die Lagerung, den Transport der Fertigwaren, der Anlageninstandhaltung und der Kontrolle der Werteflüsse haben wir nun in sich abgestimmte Prozessflüsse, die über die gesamte Wertschöpfungskette zusammenpassen.“
Webinar zur SAP-S/4-HANA-Transformation
Über das „Lanxess-FIT“-Projekt gab es bei SAP ein eigenes Webinar mit den Projekt-Verantwortlichen. Sie finden es unter dem Titel „Die Umsetzung digitaler Prozesse im Einkauf als Teil der SAP-S/4HANA-Transformation bei Lanxess“ zum Nachhören!
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