Die Quantentechnologie erschließt ein enormes Potenzial für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Auf diesem Gebiet ist die Forschung in den letzten Jahren sehr zügig vorangekommen und hat damit einen Boom von Start-up-Neugründungen ausgelöst. Hier kommt dem Bereich Quantencomputing eine besondere Bedeutung zu. Quantencomputer könnten künftig komplexe Aufgaben lösen, an denen bislang selbst die leistungsfähigsten Supercomputer scheitern.

Die am häufigsten diskutierten Anwendungsfälle für Quantencomputer sind solche, in denen komplexe Modelle, die unheimlich viel Rechenleistung benötigen, bei kombinatorische Probleme Anwendung finden. Ein Beispiel hierfür sind kombinatorische Optimierungsprobleme im Bereich der Lieferkette und in der Logistik. Hier ist eines der wichtigsten Ziele, die effizientesten Routen für den Transport von Waren zu ermitteln und zu koordinieren. Mit dieser Frage beschäftigen sich Branchenexperten aus Wirtschaft und Wissenschaft.

Ein weiterer Anwendungsbereich könnte die Finanzdienstleistungsbranche sein. Hier helfen Marktprognosemodell, um wichtige Ereignisse vorherzusagen, die die allgemeine Wirtschaft erschüttern. Gerade im Kontext von Portfolioentscheidungen sind dies wichtige Informationen. Die Nutzung von Quantencomputern soll das maschinelle Lernen verbessern und das Trainieren neuronaler Netze beschleunigen können.

Quantencomputing: Noch in den Kinderschuhen, aber auf dem Vormarsch

Die Entwicklung des Quantencomputing nimmt mehrere Jahre in Anspruch. Während der Quantencomputermarkt bis 2026 voraussichtlich die Marke von 1,7 Milliarden US-Dollar erreichen soll, weiß noch niemand, wann eine breite Akzeptanz bei den Unternehmen zu erwarten ist. Firmen wie IBM, Google, Honeywell und IonQ machen Fortschritte bei der Verwendung von Quantenbits (kurz Qubits), auch wenn sich die Technologie noch in einer sehr frühen Phase befindet.

Noch ist unklar, wann ein allgemein verwendbarer Quantencomputer verfügbar ist, welcher klassischen Computern bei der Lösung von Geschäftsproblemen überlegen sein könnte. Zunächst müssen einige große Herausforderungen technischer und konzeptioneller Natur bewältigt werden. Während die Anzahl der Qubits erhöht werden muss, gilt es ihre Kohärenzzeit (Lebensdauer) zu verlängern und ihre Konnektivität zu erhalten oder zu verbessern.

Die Herangehensweise der SAP besteht darin, gemeinsam mit führenden Quantentechnologie-Experten und -Anbietern aus Industrie und Wissenschaft an Entwicklungen in diesem Bereich zu arbeiten. Wir bewerten die Zeitpläne und prüfen potenzielle Anwendungsbereiche. Außerdem versuchen wir herauszufinden, wie sich dies auf die Zukunft der SAP und unserer Kunden auswirken könnte.

Jetzt ist es an der Zeit, sich auf die Quantentechnologie vorzubereiten

Während Quantencomputer in verschiedensten Bereichen viele neue Türen öffnen, stellen sie auch eine Sicherheitsbedrohung dar. Darunter fällt die Nutzung, um kryptographische Systeme zu knacken. Deshalb ist es für Unternehmen wichtig, sich schon heute auf das Zeitalter der Quantenrechner und der Post-Quanten-Kryptografie vorzubereiten. Des Weiteren müssen sie Verfahren entwickeln, die ihre Systeme vor Angriffen von klassischen Computern und Quantencomputern schützen. Das Team SAP Security Research im SAP Innovation Center Network engagiert sich in hohem Maße für Quantensicherheit und arbeitet derzeit unter anderem an Benchmarks für Algorithmen der Post-Quanten-Kryptografie.

Kryptographie ist die erste Instanz zur Abwehr von Angriffen auf Daten. Wenn alle sonstigen Sicherheitsmaßnahmen fehlgeschlagen sind, sorgt Verschlüsselung für die erforderliche Barriere. Dadurch werden die Geschäftsgeheimnisse vor dem Zugriff Unberechtigter geschützt. Angesichts der aktuellen Fortschritte in der Entwicklung von Quantencomputern und der Tatsache, dass diese Computer in der Lage sind herkömmliche Verschlüsselungssysteme zu knacken, sind Unternehmen gezwungen jetzt zu handeln. Regierungen oder zum Beispiel die Pharmaindustrie produzieren sensible Daten, die lange genutzt werden. Diese Informationen könnten heute gesammelt und gespeichert werden bis ein leistungsstarker Quantencomputer zur Verfügung steht, der sie entschlüsseln kann.

Um bereit zu sein, sobald ein Quantencomputer verfügbar ist, müssen Unternehmen jetzt vorausschauend denken. Ein guter Ausgangspunkt ist eine Analyse von Relevanz und Wirkung, um die zwangsläufigen Folgen und deren Kosten zu berücksichtigen. Eine solche Analyse umfasst auch das Ermitteln von Anwendungsfällen, bei denen man mit Quantencomputern zu besseren Lösungen kommen könnte. Je besser Unternehmen die Chancen und Risiken des Quantencomputing erkennen, desto wahrscheinlicher können sie auch in Zukunft Geschäfte tätigen. Sie sind dann gut beraten, eng mit Branchenführern und Wissenschaftlern zusammenzuarbeiten, um Forschungsergebnisse auszutauschen, strategische Roadmaps zu erstellen sowie allgemeine Anwendungen und Anwendungsfälle in verschiedenen Bereichen zu finden.

Innovation voranbringen: Alleine kann dies kein Unternehmen schaffen

SAP arbeitet mit Branchenführern und bekannten Forschungsinstituten zusammen und beteiligt sich an mehreren Initiativen, um Quantentechnologie und potenzielle Anwendungsfälle zu untersuchen. So war die SAP zum Beispiel von Anfang an Teil der EU-Forschungsinitiative Quantum Flagship und ist unter anderem Gründungsmitglied des European Quantum Industry Consortium (QuIC).

Erst vor Kurzem hat die SAP gemeinsam mit führenden Konzernen wie BASF, BMW und Bosch das Quantum Technology and Application Consortium (QUTAC) gegründet, um die Entwicklung im Bereich Quantencomputing und deren praktische Anwendung voranzubringen. Im Rahmen von QUTAC wird die SAP den Einsatz von Quantencomputern in der Logistik, Produktion und Beschaffung vorantreiben. Unser Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von Softwareanwendungen zur Optimierung von Transportwegen, Lieferketten oder Produktionsplänen. Dies kann Unternehmen dabei helfen Kosten zu senken, die Liefertreue zu verbessern und Leerfahrten zu vermeiden.

Bei der SAP arbeiten wir daran, die Fortschritte in der Quantentechnologie für unsere Kunden zu nutzen. Aber auch gleichzeitig ihre geschäftskritischen Daten zu schützen. Die Quantenzukunft liegt vor uns. Bleiben Sie dran! In regelmäßigen Abständen veröffentlichen wir weitere Beiträge zu diesem Thema. Sie dürfen gespannt sein.


Martin Heinig ist Leiter des Bereichs New Ventures and Technologies bei SAP.
Erstveröffentlichung dieses Beitrags ursprünglich auf LinkedIn.