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Der Kongress fand in diesem Jahr zum zwanzigsten Mal statt – und wie schon 2021 ausschließlich digital. Inhaltlich standen die wachsende Bedeutung von IT-Services als Motoren der Transformation, Künstliche Intelligenz, Virtualisierung und Nachhaltigkeit im Mittelpunkt.

Die Veranstaltenden sprechen gerne vom „Klassentreffen der IT-Branche“, eine Bezeichnung, die Stimmung und Charakter der Hamburger IT-Strategietage ziemlich gut wiedergibt: Man kennt und schätzt sich, viele sind per Du miteinander und alle freuen sich schon im Vorfeld über den inspirierenden Austausch. Hinzu kommt, dass Deutschlands führender IT-Management-Kongress in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen feierte. Was die Stimmung etwas trübte, war der Umstand, dass die Strategietage genau wie 2021 coronabedingt ausschließlich digital stattfanden, auf anregende Diskussionen am Buffet oder beim Kaffee mussten die Teilnehmenden also verzichten.

Andererseits – wir erleben es alle bei Videokonferenzen – sorgt das Virtuelle für Verdichtung und Konzentration, und auch die Teilnehmenden des „Klassentreffens“ erlebten in diesem Jahr wieder eine enorme Intensität des Präsentierten.

Beim Blick auf die zentralen Themen stachen vier Bereich heraus:

  1. Alles wird zum Service.
  2. Nichts geht mehr ohne Automatisierung und KI.
  3. Virtualisierung hebt Anwendungsfreundlichkeit und Vermittlung von Lösungen auf ein neues Niveau.
  4. Nachhaltigkeit entwickelt sich zum integralen Bestandteil von Geschäftsstrategien.

CIOs bauen Brücken zwischen alter und neuer IT-Welt

Beachtenswert beim ersten Thema ist vor allem der Umstand, dass nicht nur Anwendungen und Lösungen zum Service werden, sondern ganze Prozesse. Florian Roth, CIO von SAP, sprach auf dem Kongress von „Transformation as a Service“, schließlich lebe auch SAP davon, ihren Kunden eine cloudbasierte Infrastruktur und automatisierte Prozesse zur Verfügung zu stellen. Wichtig sei hier für alle Beteiligten der Trend zu Low-Code/No-Code, also Softwareentwicklung mit gering(st)en Programmierkenntnissen. Weil es an allen Ecken und Enden an Entwicklern fehle, sollten Mitarbeitende aus den Fachabteilungen als „Citizen Developers“ in die Programmierarbeiten eingebunden werden.

Mario Krause, CIO und Vorstandsmitglied der Ergo-Versicherung, warb in diesem Zusammenhang für den „transformativen CIO“, der Brücken zwischen der alten und einer neuen IT-Welt baue, indem er Microservices, leichtgewichtige agile Prozesse und eine anpassbare Netzwerkorganisation etabliert.

Und Stefan Henkel, CIO bei Siemens-Healthineers, baut an einer serviceorientierten IT-Organisation, die sowohl bei Mitarbeitenden als auch beim Kunden das Nutzererlebnis in den Mittelpunkt rückt. Beispielsweise werden in seinem Unternehmen sämtliche Daten aus unterschiedlichen Anwendungen, die einen bestimmten Kunden betreffen, zusammengefasst und dem Kundenbetreuer in Form von Reports zur Verfügung gestellt.

Virtualisierung boomt gerade in Zeiten von Corona

Alles, was sich automatisieren lässt, wird irgendwann auch automatisiert, so lässt sich die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz – das zweite zentrale Thema der Konferenz – auf einen einfachen Nenner bringen.

Siemens Healthineers zum Beispiel nutzt mehr als 60 KI-basierte Produkte, die die gesamte Wertschöpfungskette von der Diagnose bis zur Therapie unterstützen. Auch Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungsfindung im Unternehmen werden künftig KI-basiert unterstützt, wobei der sogenannte Data-Mesh-Ansatz mit sauber strukturierten Datenprodukten zum Einsatz kommt.

Virtualisierung – drittes Thema – hat sich natürlich gerade in Zeiten von Corona als DAS Werkzeug für inaktive Trainings, Vorträge oder Collaboration-Events erwiesen, überall werden sogenannte Digitale Zwillinge zum Leben erweckt. Olympus-CIO Khaled Bagban zum Beispiel berichtete auf den Hamburger IT-Strategietagen über die virtuelle Plattform „Olympus Spaces“. Sie bietet unter anderem 3D-Umgebungen, in denen Ärzte, Pfleger und andere Kunden virtuell den Umgang mit neuen Produkten und Geräten erlernen können.

Nachhaltigkeit von Investment-Portfolios lässt sich messen

Viertens und letztens schließlich war auf dem Kongress das Wort Nachhaltigkeit buchstäblich in aller Munde. SAP-CIO Florian Roth berichtete, sein Unternehmen wolle möglichst bald ganz ohne Plastik auskommen und bis 2030 sämtliche Geräte einem Recycling-Prozess zuführen.

Die niederländische ABN Amro Bank hat Nachhaltigkeit gar zum integralen Bestandteil der Firmenstrategie gemacht. Nach Ansicht von CIO Dorothée Appel sollten Maschinen nur exakt so viel Energie verbrauchen, wie für ihre Aufgaben unerlässlich ist und kein bisschen mehr – sie nennt das „Right Sizing“.

Und auch bei notwendigen Anwendungen lohne es sich, den energetischen Fußabdruck genauer unter die Lupe zu nehmen. Bemerkenswert ist hier ein Tool der deutschen ABN Amro-Tochter Bethmann Bank, das die Nachhaltigkeit von Portfolios messen und Kunden den CO²-Abdruck ihres Investments vor Augen führen kann. Neben einem monatlichen Report gehört auf Wunsch auch eine Beratung mit dem Ziel der Optimierung zum Service.

Dorothée Appel ist davon überzeugt, dass CIOs sich heute nicht mehr nur für Business-Strategien und regulatorische Anforderungen verantwortlich fühlen sollten, sondern auch für das Erreichen der ESG-Nachhaltigkeitsziele.