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Eine Schlüsseltechnologie für intelligente Unternehmen, deren Entwicklung bei SAP strengen ethischen Kriterien folgt

Das Handy durch Gesichtserkennung entsperren: Einfach nur praktisch oder Teufelszeug? Wer ein neues Mobiltelefon einrichtet, hat sich diese Frage vielleicht schon einmal gestellt. Künstliche Intelligenz (KI) macht nicht nur Endverbrauchern das Leben leichter, sie gehört mittlerweile in vielen Unternehmensanwendungen selbstverständlich dazu. In jedem Fall gilt es ethische Fragen zu diskutieren und Entscheidungen zu treffen.

Für die SAP spielt künstliche Intelligenz (englisch: artificial intelligence, AI) eine entscheidende Rolle auf ihrem Weg, Kunden zu befähigen, intelligente Unternehmen zu werden. Dabei soll KI Menschen unterstützen, damit diese an anderer Stelle ihre typischen Fähigkeiten, wie Kreativität oder Empathie, einbringen können.

Um ethische Fragestellungen und Konflikte von Anfang an bei der Entwicklung neuer Services und Anwendungsfälle zu thematisieren, hat SAP 2018 Leitlinien für KI festgelegt. Seit Januar 2022 ist nun auch die Global AI Ethics Policy für alle Mitarbeitenden in Kraft (siehe Kasten). Ein Expertengremium und ein externer Beirat diskutieren zudem fragliche Fälle. So war auch hier die Gesichtserkennung bereits ein Diskussionspunkt: Ein entsprechender AI Service innerhalb einer Branchenlösung sollte Menschen erkennen und warnen, die einen Gefahrenbereich in der Produktion betreten – eigentlich eine gute Sache. Die gleiche Technik könnte aber zum Beispiel auch in Regimen zur Identifizierung und Kontrolle der Bürger genutzt werden, und diese Anwendung widerspricht den Grundsätzen der SAP Ethikrichtlinien. Diese Technologie wurde nie eingesetzt.

Ethische Leitlinien für KI bei SAP

SAP hat 2018 als erstes europäisches Technologieunternehmen eigene Leitlinien für künstliche Intelligenz (KI) entwickelt und einen externen Beirat für den ethischen Umgang mit KI geschaffen.

Die Grundsätze der SAP für den Umgang mit KI: 

  1. Unser Handeln orientiert sich an unseren Werten.
  2. Wir entwickeln für Menschen.
  3. Wir ermöglichen Unternehmen ein vorurteilsfreies Handeln.
  4. Bei allem was wir tun, streben wir Transparenz und Integrität an.
  5. Wir wahren Qualitäts- und Sicherheitsstandards.
  6. Der Datenschutz und die Privatsphäre stehen immer im Mittelpunkt unseres Handelns.
  7. Wir gehen die gesellschaftlichen Herausforderungen an, die mit KI verbunden sind.

Die globale AI Ethics Policy ist seit Januar 2022 in Kraft. Sie definiert einen konzernweiten ethischen Mindeststandard für die Entwicklung, den Einsatz, die Nutzung und den Verkauf von KI-Systemen der SAP. Zudem beschreibt sie Anforderungen an die Geschäftsprozesse der SAP, die künstliche Intelligenz betreffen, und weist klare Verantwortlichkeiten zu. Für Mitarbeiter und für Partner gibt es zudem ein praxisnahes Handbuch für den ethischen Umgang mit KI, in dem sie rollenbasierte Handlungsanweisungen und Hilfestellungen, Ansprechpartner sowie Fallbeispiele finden.

Mit den Leitlinien ist SAP auch der Gesetzgebung einen Schritt voraus, die ebenfalls Handlungsbedarf bezüglich einer ethischen KI sieht. SAP arbeitet in entsprechenden Expertengremien mit. Die Europäische Kommission etwa hat im April 2021 einen Vorschlag für ein „KI Gesetz“ vorgelegt: „KI sollte ein Instrument sein, das als positive Kraft für die Gesellschaft im Dienst der Menschen steht und das letztlich zu einem größeren Wohlbefinden der Menschen beiträgt. Vorschriften für KI (…) sollten daher auf den Menschen ausgerichtet sein, damit Menschen darauf vertrauen können, dass die Technik sicher angewandt wird und den Gesetzen, auch den Grundrechten, genügt.“

KI ist Schlüsseltechnologie für intelligente Unternehmen

Analysten schätzen eine Umsatzsteigerung im globalen Markt für künstliche Intelligenz in Software von circa 20 – 22 Prozent von 2021 bis 2022. Forrester geht davon aus, dass der Umsatz in diesem Softwaremarkt von 2021 bis 2025 um 39 Prozent steigen wird. Ein Megatrend. SAP hat das Potential schon vor einigen Jahren erkannt und möchte ein führender Anbieter von integrierter KI für alle Schlüsselbranchen werden. Das Unternehmen hat in den KI Geschäftsbereich investiert, den die Wissenschaftlerin und erfahrene KI Expertin Dr. Feiyu Xu leitet. Hebel dafür sind die starke Marktposition, der Zugang zu den für KI nötigen Geschäftsdaten und das fundierte Wissen über alle betriebswirtschaftlichen Prozesse in allen Branchen. Ein Schwerpunkt liegt bei SAP auf „Embedded AI“, also auf Services, die Bestandteil einer Branchenlösung sind und die im Hintergrund ihren Dienst tun, um die Anwender zu unterstützen. Zusätzlich bietet SAP aber auch einzelne KI-Microservices, die SAP AI Business Services, sowie KI-Infrastruktur und Tooling, SAP AI Core und Launchpad, mit denen SAP-interne Geschäftsbereiche, Partner und Kunden eigene KI-Projekte umsetzen.

Jana Würth, Product Management Expert in der KI-Abteilung, sagt: „Kunden erwarten, dass eine Lösung, die sie von uns kaufen, von Haus aus intelligent ist. Im besten Fall merken die Endanwender gar nicht, dass die Lösung KI Komponenten enthält, sondern nur, dass sie gut funktioniert und ihnen die Arbeit erleichtert.“ Bislang gibt es einige hundert Einsatzszenarien aus verschiedenen Bereichen. Zu den Kunden zählen Hewlett Packard Enterprise, Dulux, Mitsui und Döhler, aber auch viele Mittelständler. Die Kunden wissen: Die Services funktionieren dann am besten, wenn die Experten sie mit echten Kundendaten trainieren und testen. Aus diesem Grund stellen immer mehr Kunden die Daten aus ihren Systemen für die Entwicklung zur Verfügung – unter strengen Datenschutzkriterien. „Wir freuen uns, dass so viele Kunden ihre Daten mit uns teilen, damit wir ihre Anwendungen noch effizienter machen können“, sagt Dr. Feiyu Xu, SVP und Global Head of Artificial Intelligence bei SAP.

Künstliche Intelligenz wie am Fließband

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Zusammenarbeit von Lines of Business (LoB) und AI Technologie-Teams: Im Rahmen eines Kollaborationsmodells, der sogenannten “AI Factory”, soll, wie am Fließband, KI in SAP Applikationen eingebaut werden. Damit stellt die SAP die Lösungen gebündelt zur Verfügung: Sie liefert KI- und weitere Services einsatzbereit aus einer Hand. Damit können Kunden sie effizient, einheitlich und unkompliziert anwenden.

Derzeit arbeitet das Team mit den LoB-Kollegen beispielsweise an mehreren Anwendungsfällen im Bereich Bestellautomation: Kunden, die Bestellungen noch nicht automatisiert, sondern zum Beispiel in einem PDF-Dokument erhalten, mussten früher die Daten noch händisch in ihr System eingeben. Ein AI Service kann bereits heute die benötigten Informationen automatisch aus dem PDF auslesen und die Bestellung anlegen. Was nun hinzukommen soll, ist ein Service, der fehlende Informationen selbstständig ergänzt, die er aus der Historie alter Bestellungen herausliest. Dies könnten zum Beispiel Auftragsart, Werk oder Route sein. Früher mussten Mitarbeitende bei fehlenden Angaben bei ihrer Kontaktperson rückfragen, was somit entfällt. Je nach Qualität der Ausgangsdaten liegt die Genauigkeit bei einigen dieser Services bei rund 90Prozent; nur bei einer geringen Anzahl von Bestellungen ist eine manuelle Bearbeitung oder Überprüfung demnach nötig.

Ein weiterer AI Service der SAP ermöglicht personalisierte Empfehlungen, wie Endverbraucher sie vom Onlineshopping kennen. Diese kommen zum Beispiel auch bei den internen Trainingsangeboten der SAP in der Personalentwicklungssoftware SuccessFactors zum Einsatz: Auf Basis der Rolle und bereits absolvierter Trainings, erhalten Mitarbeitende weitere relevante Fortbildungsangebote.

Intelligence in SAP Process Automation kombiniert Funktionen von SAP Workflow Management und SAP Intelligent Robotic Process Automation mit einer leistungsstarken und intuitiven No-Code (kodierungsfreien) Entwicklungsumgebung. So geben SAP-Kunden ihren Mitarbeitern mit wenig Erfahrung in Softwareentwicklung die Möglichkeit, selbst Workflow- oder betriebswirtschaftliche Anwendungen zu gestalten, zu verändern und zu verbessern. Außerdem unterstützt eingebettete KI die betriebswirtschaftlichen Prozesse, um sie effizienter und intelligenter zu machen.

Eine Lösung für die Kreislaufwirtschaft ist SAP Returnable Packaging Management. Bei Mehrwegverpackungen oder Europaletten beispielsweise, erschwerten bisher heterogene Datensysteme die Zusammenarbeit verschiedener Akteure entlang der Lieferkette. Die KI-Lösung, die auf der Business Technology Platform aufsetzt, hilft nun dabei, die unterschiedlichen Backend-Systeme zu integrieren.

Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten der KI

Die LoB Healthcare prüft momentan einen AI Service für die Rechnungsstellung in Krankenhäusern. Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber in Deutschland die nachträgliche Korrektur von Rechnungen seit Anfang 2022 erschwert – eine auf Anhieb korrekte Rechnungsstellung ist für viele Gesundheitsdienstleister deshalb unerlässlich. Gibt ein Mitarbeitender der Rechnungsabteilung zum Beispiel „Blinddarm OP“ ein, schlägt das System Rechnungspositionen vor, die normalerweise bei dieser Art der Behandlung immer zum Tragen kommen, wie bestimmte Medikamente und Dienstleistungen. Dies erleichtert und beschleunigt nicht nur die Rechnungsstellung, sondern verhindert vor allem, dass Rechnungen unvollständig oder fehlerhaft sind.

In Zukunft sind noch viele weitere Anwendungsmöglichkeiten für künstliche Intelligenz denkbar: Integrierte KI könnte in einer Branchenlösung Unterbrechungen in der Lieferkette vorhersagen. Denn sie ist mit echten Daten trainiert und erkennt zum Beispiel Muster, die in der Vergangenheit zu einem Engpass führten. Möglich wäre auch, dass Unternehmen in Zukunft mit Hilfe von KI keine Produkte mehr einkaufen, die durch Kinderarbeit entstanden sind – weil die Einkaufslösung darauf trainiert ist, entsprechende Risiken in der Lieferkette frühzeitig zu erkennen und nach Alternativen zu suchen.

Fragen an den KI-Experten

Dr. Sean Kask, AI Strategy Officer, nimmt Stellung zu einigen häufig gestellten Fragen zu künstlicher Intelligenz.

In welchem Bereich sehen Sie das größte Potenzial für KI bei SAP-Lösungen?

Anwender aller SAP-Lösungen sollten von den Möglichkeiten profitieren, die KI bietet: Automatisierung von Geschäftsprozessen und sich wiederholenden Aufgaben, natürliche Mensch-Maschine-Interaktion und die Verbesserung der menschlichen Fähigkeiten bei der Optimierung komplexer Probleme, wie etwa der Planung. Prozesse und Aufgaben, die ein hohes Maß an sich wiederholenden Aufgaben, große Datenmengen und komplexe Optimierungen beinhalten, sind besonders geeignet für eine KI-getriebene Transformation. Auch KMUs ohne viele Daten, oder Datenwissenschaftler, können davon profitieren, wie z.B. die Fähigkeit von SAP ByDesign, automatisch Leads durch Scannen einer Visitenkarte zu erstellen.

Wie sieht die Zukunft der intelligenten ERP-Lösungen aus? Wo steht SAP in fünf oder zehn Jahren?

Die Erwartungen des Marktes sind klar: KI, die in Unternehmensanwendungen eingebettet ist, wird ein Schlüsselfaktor sein. SAP als weltweit größter Anbieter von Unternehmensanwendungen, muss eine zentrale Rolle bei der Demokratisierung und Industrialisierung von KI spielen. Das bedeutet, dass SAP-Kunden sofort von KI profitieren, dass Power-User KI-Funktionen konfigurieren können (anstatt komplexe, benutzerdefinierte Data-Science-Projekte zu starten) und dass KI-Entwickler Geschäftsprozesse mit KI-Services erweitern können, die für spezifische Geschäftsprobleme konzipiert sind. Wir haben diese Reise bereits begonnen. So müssen SAP-Concur-Anwender Rechnungen nicht mehr manuell eintippen; SAP-Workflow-Anwender können KI-gestützte GRC-Genehmigungen (GRC = Governance, Risk and Compliance) einrichten; und Entwickler fügen künstliche Intelligenz hinzu, um bestehende ERP-Systeme zu optimieren, und zwar mit denselben KI-Services, die in SAP-Standardsoftware eingebettet sind. Ein Beispiel ist ein Chemieunternehmen, das die Erstellung von Kundenaufträgen mit SAP Data Attribute Recommendation automatisiert.

Welche ethischen Fragestellungen beschäftigen das KI-Team? Wie helfen die AI Guidelines bei Entscheidungen?

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass unsere Kunden der Fähigkeit der SAP vertrauen, KI auf verantwortungsvolle und ethische Weise zu entwickeln und anzuwenden. Die SAP hat ihre KI-Ethikrichtlinien kürzlich formalisiert, als der Vorstand und die Betriebsräte die globale KI-Ethikrichtlinie der SAP unterzeichneten, die eine Governance-Struktur mit Richtlinien, einem Ethik-Office für KI und einem Lenkungsausschuss zur Überprüfung von KI-Anwendungsfällen einführt. Dies ist die Grundlage für unsere Portfolio-Entscheidungen und die Bewertung von vorgeschlagenen Anwendungsfällen zu verschiedenen Themen. Diese können von der Herangehensweise bei der Gesichtserkennung bis hin zu Produkt-UX-Standards für erklärbare KI reichen.