Tiefgreifende Veränderungen, die durch Virusvarianten, Produktionsstopps, Staus in Seehäfen und geopolitische Konflikte noch verschärft wurden, haben dazu geführt, dass Unternehmenslenker nach jeder Möglichkeit suchen, um ihre Geschäftsabläufe und die ihrer Handelspartner widerstandsfähiger zu machen.
Nur in wenigen Wirtschaftsbereichen sind die Risiken höher als in der Automobilindustrie, wo für die Produktion eines Autos im Durchschnitt 30.000 Einzelteile von Zulieferern aus der ganzen Welt beschafft werden müssen. Wenn auch nur eine wichtige Komponente, wie etwa Mikrochips für die Fahrzeugelektronik, knapp wird, laufen Autobauer Gefahr, ihre Versprechen gegenüber den Kunden nicht einhalten zu können.
Um dieser Unbeständigkeit in der Industrie zu begegnen, haben sich Automobilhersteller in ganz Europa zusammengetan, um einen umfassenden Überblick über ihre vernetzten Prozesse zu erlangen. Im Rahmen einer Allianz, die unter dem Namen Catena-X Automotive Network 2021 ins Leben gerufen wurde, haben Dutzende von Herstellern, Zulieferern, Händlerverbänden und Anwendungsanbietern ein erfolgreiches digitales Ökosystem aufgebaut, um auf Basis von SAP- und anderen Technologien einen einheitlichen Standard für den sicheren Datenaustausch in der gesamten automobilen Wertschöpfungskette zu schaffen.
Transparenz cloudbasierter Netzwerke nutzen
Die beteiligten Unternehmen, zu denen unter anderem BMW, Bosch, ZF, Mercedes-Benz, Volkswagen und Volvo zählen, wollen die Transparenz cloudbasierter Netzwerke dazu nutzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, die Effizienz zu steigern und besser in der Lage zu sein, einschneidende Veränderungen vorauszusehen und sich entsprechend darauf einzustellen. Aber die Allianz ist nicht nur für führende Marktteilnehmer gedacht. Die Digitalisierung kommt mittelständischen Unternehmen genauso zugute wie größeren Wettbewerbern. Denn die Allianz basiert auf einem offenen und skalierbaren Netzwerk. Schließlich sind die Daten, auf die Betriebe für ihre operative Entscheidungsfindung und gemeinschaftliche Innovationen angewiesen sind, unabhängig von der Größe des Unternehmens.
Über digitale Netzwerke können sie Angebot und Nachfrage in jeder Phase der Produktion messen. Aber was ist mit anderen wichtigen Kenngrößen? Da sich Unternehmen zunehmend Ziele in den Bereichen Umwelt, Gesellschaft und guter Unternehmensführung setzen, brauchen sie auch bei diesen Aspekten einen Einblick in Echtzeit. Das Kernszenario von Catena-X ist die Material- oder Teilerückverfolgbarkeit, die vom SAP Business Network unterstützt wird.
Materialrückverfolgung in der digitalen Logistikkette
Mit der Option für Materialrückverfolgung für das SAP Logistics Business Network können Unternehmen Produkte und Komponenten verschiedener Beteiligter in einer Wertschöpfungskette zurückverfolgen – von der Beschaffung in unterschiedlichen vorgelagerten Stufen über die Fertigung bis zum Vertrieb. Die Option ermöglicht eine durchgängige Rückverfolgbarkeit und Rückrufabwicklung, um die Produkthistorie von den Rohmaterialien bis zum Fertigprodukt zu erfassen und zu analysieren. Die Materialrückverfolgbarkeit wurde ursprünglich zusammen mit führenden Unternehmen der Lebensmittellieferkette entwickelt und erlaubt es ihnen, durch Verknüpfung der gesamten Lieferkette Transparenz und Nachhaltigkeit zu stärken. Die cloudbasierte Technologie fördert die Verantwortung, die für Rückrufe und Herkunftsanalysen erforderlich ist, und lässt sich bequem in die bestehende ERP-Lösung eines Unternehmens integrieren.
Das Gleiche gilt für die Automobilindustrie. Wenn mangelhafte Produkte durch ausführliche Fertigungsdaten ausfindig gemacht werden, kann die Zahl der Rückrufe drastisch reduziert werden. Autobauer und Autohäuser sind so in der Lage, beträchtliche Einsparungen zu erzielen und ihren Kunden unnötigen Ärger zu ersparen. Gleichzeitig können Unternehmen mit der Option für Materialrückverfolgung feststellen, ob ein Produkt oder Prozess bestimmte Vorgaben erfüllt. Werden zum Beispiel im Fertigungsbetrieb eines Fahrzeugs ökologisch nachhaltige Geschäftsverfahren berücksichtigt? Legt ein Kraftfahrzeughersteller oder Zulieferer bei seinen Einstellungs- und Vertragsbestimmungen Wert auf Vielfalt? Hält sich das Unternehmen in der gesamten Lieferkette an Arbeitsnormen, die Zwangsarbeit verbieten, so wie das in immer mehr Gesetzen weltweit festgeschrieben wird?
Wenn dezentralisierte Branchennetzwerke wie Catena-X durch das SAP Business Network und Materialrückverfolgbarkeit unterstützt werden, können sie in mehrstufigen Lieferketten ein einzigartiges Maß an Transparenz erreichen. Dies deckt nicht nur herkömmliche Kennzahlen zu Angebot und Nachfrage ab, sondern auch eine breite Palette sozialer Aspekte und die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen. Unternehmen und ihre Handelspartner profitieren so langfristig von maximaler Widerstandsfähigkeit, nachhaltigen Innovationen und gemeinsamen Wachstum. Das SAP Business Network schafft mit seinen sieben Millionen Handelspartnern die Voraussetzungen für die Unterstützung offener Branchennetzwerke der Zukunft und die Interoperabilität mit ihnen. Die Anbindung an das SAP Business Network ermöglicht Unternehmen den Handel mit Betrieben jeder Größe und bietet ihnen mehr Transparenz, sei es für Einkaufs-, Logistik- oder branchenspezifische Szenarien.
Paige Cox ist Senior Vice President, Chief Product Officer und Leiterin des SAP Business Network.