Die Ukraine Air Rescue liefert dringend benötigte Medikamente an ukrainische Kliniken und fliegt Kranke und Verletzte in sichere Länder aus.
„Ich bin nur der, der die Teile zusammenfügt“, sagt Stefan Sahling, SAP-Mitarbeiter und Mitbegründer der Ukraine Air Rescue. Die Teile, das sind die Personen und Organisationen, die sich jeden Tag unermüdlich dafür einsetzen, dringend benötigte medizinische Hilfsgüter in die Ukraine zu transportieren und hilfsbedürftige ukrainische Zivilisten, viele von ihnen verwundet und traumatisiert, in sichere europäische Länder auszufliegen.
Die Ukraine Air Rescue (UAR) stellt den Kontakt zwischen Hobbypiloten und anderen Freiwilligen sowie Ärzten, Kliniken, Apotheken und Hilfsorganisationen her, um Versorgungsflüge an die ukrainische Grenze zu Polen, der Slowakei und Rumänien zu organisieren. Über 250 Piloten aus Belgien, Frankreich, Deutschland, der Schweiz, Großbritannien und anderen Ländern haben sich als Freiwillige gemeldet, um das Projekt zu unterstützen. Sie haben bereits mehr als 20 humanitäre Flüge durchgeführt. „Unsere Flugzeuge bringen Medizinprodukte und dringend benötigte Medikamente schnell dorthin, wo sie gebraucht werden“, berichtet Stefan Sahling. „Wir erhalten Anfragen direkt von Kliniken oder Hilfsorganisationen in der Ukraine und liefern gezielt. Die Empfänger dokumentieren den Empfang, sodass wir sicher sein können, dass die Güter angekommen sind.“
Auf dem Rückflug nehmen die Flieger dann hilfsbedürftige Menschen mit zurück, etwa Mütter und Kinder, Leichtverletzte oder Rollstuhlfahrer. Freiwillige organisieren nach der Ankunft der Geflüchteten am Zielort die bedarfsgerechte Unterbringung der Menschen
Video und Fotos: Norbert Steinhauser
Transport von Verletzten und Hilfsbedürftigen
Stefan Sahling ist begeisterter Pilot. Seit der Gründung der UAR hat er bei mehreren Einsätzen polnische Flughäfen angeflogen und dabei die Folgen des Krieges für die Zivilbevölkerung hautnah erlebt. Am 11. Mai flog er als Copilot in einem von drei von der UAR gesponserten Fliegern zum Flughafen Rzeszów-Jasionka im Südosten Polens, um medizinische Hilfsgüter zu liefern und eine vierköpfige Familie an Bord zu nehmen, die zuvor aus der belagerten Stadt Mariupol geflohen war. Der 64-jährige Sergey war unter Trümmern begraben worden, als eine russische Vakuumbombe das Mehrfamilienhaus traf, in dem er mit seiner Familie lebte. Er verlor seine Frau und seinen neunjährigen Enkel bei dem Angriff. Als Rettungskräfte ihn befreiten, waren ein Arm und ein Bein zertrümmert. Er wurde in Krankenhäuser in Mariupol und dann in Donezk gebracht, doch die Ärzte mussten sein rechtes Bein amputieren, um sein Leben zu retten. Sein linker Arm war mehrfach gebrochen.
Bei seiner Ankunft in Deutschland nahm ihn Semion Iomdin in Empfang, der die Heppenheimer Hilfsorganisation Mrija Bergstraße als freiwilliger Helfer unterstützt. Der Flug führte neun Familienmitglieder aus drei Generationen zusammen, die in Deutschland medizinisch versorgt werden. Semion Iomdin ist überzeugt, dass die UAR einen wichtigen Beitrag zum Transport von Geflüchteten in sichere Länder leistet. „Der Transport auf dem Landweg nach Deutschland dauert bis zu 20 Stunden und ist mit relativ hohem Logistikaufwand verbunden“, erklärt er. „Der Flug dauert nur wenige Stunden. Deshalb wenden wir uns an die UAR, wenn wir Familien transportieren müssen, die schwer verletzt oder traumatisiert sind und dringend behandelt werden müssen.“
Die Ukraine Air Rescue arbeitet auch mit dem deutsch-ukrainischen Verein Blau-Gelbes Kreuz, mit Apotheker ohne Grenzen und weiteren Hilfsorganisationen zusammen, um Krankenhäuser in der Ukraine und den Grenzregionen zu versorgen. Ein ukrainischer Patient beispielsweise, der in einem Krankenhaus im rumänischen Iași behandelt wurde, hatte eine Blutvergiftung, zeigte jedoch eine hohe Resistenz gegen Antibiotika. Die UAR unterstützte Apotheker ohne Grenzen, indem sie den Lufttransport eines konzentrierten Antibiotikums von Irland nach Rumänien organisierte, wo es dem Patienten bereits wenige Stunden später verabreicht werden konnte.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SAP helfen der Ukraine
Die Ukraine Air Rescue hat Mitarbeitende, Partner und Kunden der SAP in einem gemeinsamen Ziel vereint. Sie alle bringen ihre individuellen Talente und Kenntnisse mit ein und stärken so die Handlungsfähigkeit der Organisation. „Ich weiß, wie wichtig es ist, auf die Unterstützung vieler Menschen im Hintergrund zählen zu können“, bekräftigt Stefan Sahling.
Peter Horsch, der im Team von SAP Retail für die Zusammenarbeit mit Partnern zuständig ist, hatte beispielsweise von einem Freund von der UAR gehört und sich über die Website als Pilot gemeldet. Stefan Sahling setzte sich mit ihm in Verbindung, und es stellte sich heraus, dass beide bei SAP arbeiten. Peter Horsch ist bereits dreimal für die UAR nach Polen geflogen. In seiner Cessna 414 kann er bis zu sieben Personen transportieren. „SAP ist ein Unternehmen, das sehr auf das Gemeinwohl bedacht ist und in Krisenzeiten nicht nur finanzielle Unterstützung leistet – etwa über den SAP Solidarity Fund –, sondern Mitarbeitende auch dazu ermutigt, sich in gemeinnützigen Organisationen zu engagieren.“ Bei der UAR erlebt Peter Horsch vieles, was auch in der Unternehmenskultur der SAP tief verwurzelt ist: Solidarität, gegenseitige Unterstützung, Engagement und die Bereitschaft, Brücken zu bauen. „Jeder leistet einen kleinen Beitrag und engagiert sich dort, wo seine Stärken liegen“, führt er aus.
Und es gibt noch weitere Beispiele: Stefan Sahlings Vorgesetzter Andreas Hauke, Chief Information Security Officer für SAP Customer Experience, kümmert sich ehrenamtlich um die IT-Sicherheit der Hilfsorganisation. Uliana Caceres, Senior Developer für SAP Customer Experience, ist für die Zusammenarbeit der UAR mit der Organisation München hilft Ukraine mitverantwortlich, in deren Rahmen 600 Liter Insulin nach Lwiw transportiert werden konnten. Sie hilft außerdem, bei der Organisation der Transportlogistik der UAR sprachliche Barrieren zu überwinden. Michal Tabakowski und Pawel Wiacek, SAP-Mitarbeiter aus Polen, sind ehrenamtlich für die lokale Nichtregierungsorganisation Salam Lab (Lab des Friedens) tätig und organisieren die Logistik, um ukrainische Flüchtlinge auf den Rückflügen der UAR außer Landes zu bringen. SAP-Mitarbeiterin Anouk Vastert aus den Niederlanden half bei der Beschaffung von Druckverbänden aus den USA, mit denen Menschenleben in der Ukraine gerettet werden konnten.
Kontakte sind das A und O
Durch die humanitäre Krise offenbart sich, wie wertvoll persönliche und berufliche Kontakte in der Technologiebranche sind: Die Freiwilligen setzen sich über Unternehmensgrenzen hinweg für eine gemeinsame Sache ein. ServiceNow unterstützt die Hilfsorganisationen Blau-Gelbes Kreuz e.V. und UAR mit einer Anwendung auf Basis der ServiceNow Plattform, die innerhalb weniger Wochen entwickelt wurde und mit der sich alle Prozessschritte von Hilfsaktionen abbilden lassen. Sascha Wildgrube ist Senior Technical Consultant bei ServiceNow und entwickelt gemeinsam mit einem Kernteam und vielen weiteren Kolleginnen und Kollegen eine Anwendung. Sie ermöglicht die Verwaltung sämtlicher Prozesse von den Anfragen der ukrainischen Krankenhäuser über die Beschaffung und Auslieferung medizinischer Hilfsgüter einschließlich Transportdokumenten bis hin zum Rücktransport von Hilfsbedürftigen und ihrer Unterbringung in Deutschland.
„Wir haben uns sofort ans Werk gemacht und die wichtigsten Prozesse umgesetzt“, berichtet Sascha Wildgrube. „Unser Ziel war es, Nichtregierungsorganisationen für die Planung und Koordination eine bessere Alternative zu E-Mails, Chats und Tabellen an die Hand zu geben. So sind sie in der Lage, ihre Aktionen strukturiert, schnell und gesetzeskonform durchzuführen.“
Er schätzt, dass bislang etwa 200 Personentage in die Entwicklung der Anwendung geflossen sind – sowohl im Rahmen bezahlter Arbeitszeit von ServiceNow als auch durch freiwilliges Engagement von Mitarbeitenden von ServiceNow und Teiva Systems. „Was wir tun, ist einfach gut“, zeigt sich Sascha Wildgrube überzeugt. „Normalerweise helfen unsere Lösungen Unternehmen, effizient zu arbeiten und Kosten zu sparen. In diesem Fall nutzen wir unsere Software, um Menschen zu retten, die im Krieg verwundet wurden.“
Ukraine Air Rescue
Ukraine Air Rescue (UAR) ist eine Hilfsorganisation, die Privatpiloten im März 2022 gründeten. Ihr Ziel ist es, Medikamente und medizinische Hilfsgüter mit Privatflugzeugen schnell und unbürokratisch an die ukrainische Grenze zu fliegen. Von dort aus bringen Helfer sie direkt dorthin, wo sie gebraucht werden, z. B. in Kliniken. Auf dem Rückflug bringen sie hilfsbedürftige Menschen aus der Ukraine zurück in sichere Länder, wo sie von lokalen Hilfsorganisationen betreut werden.
- Anfang März 2022 von Stefan Sahling, Kay Wolf und weiteren Piloten gegründet
- Über 250 registrierte Piloten aus 13 Ländern
- 21 Missionen von 14 Flugplätzen in Europa geflogen
- 20+ Tonnen Fracht im Wert von über 1 Mio. Euro (geschätzt)
- 39 hilfsbedürftige Personen zurückgeflogen und sicher untergebracht
- 9 Krankenhäuser in der Ukraine beliefert
- Zusammenarbeit mit Partnern wie z. B. Blau-Gelbes Kreuz e.V., Apotheker ohne Grenzen, Mrija Bergstraße, City of Hope Cologne, Humanitarian Pilots Initiative