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Der Vertrieb Direct-to-Consumer (DTC) wird relevanter für Automobil-Hersteller. Firmen transformieren ihre Prozesse für einen Direktvertrieb und  können damit erfolgreicher sein als traditionelle Ansätze.

Die Automobilindustrie sah sich bereits vor der Pandemie mit einer anhaltenden Rezession konfrontiert. Der weltweite Autoabsatz sank vom Rekordwert von rund 97 Millionen produzierter Fahrzeuge in 2017 auf 80 Millionen in 2021. Ein Jahr vorher wurden sogar nur 77,6 Millionen Fahrzeuge produziert, so wenige wie seit 2010 nicht mehr.

In einer Zeit von Absatzsättigung auf den wichtigsten Märkten und dem Aufkommen von Ride-Sharing nahmen viele Branchenführer die Direktvermarktung und den Direktvertrieb von Automobilen an Endverbraucher (DTC) verstärkt in den Fokus.

Durch die Covid-Pandemie wurde nicht nur der Verkaufsprozess von Autos stark beeinflusst, sondern auch das Kunden-Verhalten hat sich gewandelt. Beispielsweise sind jüngere Generationen, die in den letzten Jahren Shared-Mobility-Angebote – wie die Nutzung eines Autos von mehreren Menschen und organisierte Mitfahrgelegenheiten – bevorzugten, nun eher bereit, ein Auto zu kaufen. Auch die geringere Belastung mit Keimen und der höhere Infektionsschutz im eigenen Wagen spielen dabei eine Rolle. Laut einem Capgemini Research Institute-Bericht von 2021 zogen 59 Prozent der 18- bis 35-Jährigen in den nächsten zwölf Monaten ein Auto-Kauf in Betracht.

Direktvertrieb von Autos treibt den digitalen Wandel in der Branche voran

Kunden sehnen sich auch beim Autokauf verstärkt nach einer digitalen Option. Nahezu die Hälfte bevorzugt demnach eine Online-Suche und -Kaufoption – ohne jemals ein Autohaus betreten zu müssen. Ein Trend, der sich bereits vor der Pandemie abzeichnete und sich verstetigt hat. Das sind eigentlich gute Voraussetzungen für Autoproduzenten, um einen Direktvertriebskanal zu entwickeln, der sich auf E-Commerce und effektive Kundendaten-Verwaltung stützt. Schließlich sind Direct-to-Consumer (DTC)-orientierte E-Commerce-Unternehmen extrem erfolgreich und verkaufen seit rund einem Jahrzehnt eine riesige Produkt-Bandbreite online.

Die Automobilindustrie steht jedoch vor einer besonderen Herausforderung, wenn es um den Direktverkauf an Kunden geht. Denn traditionell wurden und werden Autoverkäufe über ein dicht ausgebautes Händlernetz getätigt. Der Nachteil: Einen signifikanten Anteil des Ertrags müssen die Autohersteller mit Händlern und großen Vertriebsorganisationen teilen. Kunden, die sich an Online-Einkaufsmöglichkeiten wie Amazon gewöhnt haben, müssen beim Autokauf auf diese komfortablen Kauferlebnisse meist noch verzichten. Autokonzernen wiederum entgehen beträchtliche Gewinne durch den fehlenden Direktvertrieb.

Automarken wie Tesla nutzen den Direktvertrieb bereits erfolgreich

Anbieter wie Tesla verkaufen ihre – auf den Kunden zugeschnittenen – Autos seit mehreren Jahren online. Auch neue Automarken wie Genesis oder Nio setzen auf den direkten digitalen Vertriebsweg. Ein Patentrezept, um das traditionelle Modell des Autoverkaufs hinter sich zu lassen, existiert für Autohersteller bisher nicht.

Doch gibt es interessante Möglichkeiten für Automobil-Vermarkter, um sich dem Direktvertrieb schrittweise anzunähern. Attraktiv können beispielsweise ein DTC-Verkauf von Original-Ersatzteilen direkt vom Hersteller oder Service-Angebote wie Versicherungsleistungen auf Grundlage von Nutzungsdaten rund ums Auto sein. Weitere hilfreiche Maßnahmen sind Online-Angebote wie Showrooms und eine interaktive Kaufberatung.

Die Transformation von einzelnen Aspekten des Kaufprozesses in den digitalen Raum ist ein guter Ansatzpunkt für Firmen, um eine direkte Verbindung zu Verbrauchern aufzubauen und zu pflegen.

Kunden erwarten heute während der gesamten Customer Journey und an allen Touchpoints ein erstklassiges digitales Erlebnis. Autohersteller sollten deshalb ausgefeilte digitale Optionen entwickeln, die zukünftig dann als Grundlage für die Entwicklung von DTC-Vertriebsmodellen in der Automobilbranche genutzt werden können.

Um für potenziellen Kunden attraktiv zu bleiben, müssen Autohersteller und Autohäuser ein reibungsloses und einzigartiges virtuelles Kundenerlebnis schaffen:

Mit passenden digitalen Plattformen, dem Einsatz neuester Technologien wie Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR), KI und Schnittstellen für Sprachsteuerung. Außerdem sollte alles, was zum Sales-Funnel gehört, auf den Prüfstand gestellt und mit Blick auf DTC optimiert werden. Dabei geht es von Webseiten über Apps bis zum Social Media-Auftritt.

Die Zukunft des (Ver-)Kaufs von Autos ist der DTC-Vertrieb

Der Verkauf von Autos auf traditionellem Weg wird in absehbarer Zeit nicht verschwinden. Kunden werden auch weiterhin eine lokale Präsenz von Autoherstellern wünschen – und Wartung sowie Service der Fahrzeuge wird für jeden Hersteller, der über einen DTC-Channel nachdenkt, zunächst eine große Herausforderung bleiben.

Zweifelsohne müssen sich Autohersteller an neue Verhaltensweisen von Kunden beim Autokauf anpassen und den Wandel in der Automobilindustrie hin zum Digitalen wird dies mit großer Wahrscheinlichkeit beschleunigen.

Für die Autoindustrie bietet sich jetzt die Möglichkeit, sich mit innovativen Lösungen und neuen Preismodellen für ein attraktives und persönlicheres Kundenerlebnis zu engagieren. Denn die Customer Journey endet nicht, wenn das Auto gekauft wurde und in der Einfahrt steht. Mit einem umfassenden digitalen Ökosystem können Autohersteller für ein nahtloses Kunden-Erlebnis sorgen. Zum Beispiel mit langfristigen Bonus- und Treue-Programmen zur Kundenbindung sowie weiteren passgenauen Produkt-Angeboten rund ums Auto.

Autos entwickeln sich durch digitale Technologien wie maschinellem Lernen und KI immer mehr zu vernetzten und datengesteuerten Knotenpunkten, die viele Nutzungsmöglichkeiten eröffnen. Grade jüngere Kunden wollen beim Online-Kauf ein umfassendes digitales Erlebnis – auch mit Blick auf die Corona-Pandemie wird eine kontaktlose und sichere Kaufmöglichkeit bevorzugt.

All diese Trends zeigen, der Direktvertrieb an Kunden (DTC) ist eine große Chance für Automobilhersteller. Die Frage bleibt jedoch, ob und wann die Großen der Branche sie beim Schopfe packen.