Energieversorger haben es derzeit nicht leicht. Ständig ändernde Preise machen Kalkulationen quasi unmöglich. Dennoch – oder gerade deshalb – dürfen sie in der aktuellen Situation ihre Kundinnen und Kunden nicht aus dem Auge verlieren. Denn jetzt können sie den Grundstein für eine langfristige Kundenbeziehung legen – oder ihren Vorteil für lange Zeit verspielen.
Gasumlage oder Gaspreisdeckel: Energieversorger stehen ständig vor neuen Herausforderungen. Und Geschäfts- wie Privatkunden haben zu Recht Existenzängste. „Alle wissen, dass die Energiekosten steigen, aber kaum einer weiß, was genau ihn zum Ende des Abrechnungszyklus erwarten wird“, sagt Alexander Neuhaus, Vice President Customer Advisory Energy & Healthcare bei SAP. Energieversorger können hier eine Schlüsselrolle einnehmen und Unsicherheiten mindern, indem sie in engem Kontakt mit ihren Kunden bleiben. Beispielsweise könnte durch eine einfache digitale Zählerstandsübermittlung ad hoc prognostiziert werden, wie hoch die Nachzahlung am Ende sein könnte. „Das hört sich banal an“, sagt Neuhaus. „Aber es trifft den Kunden in seiner Lebensrealität. Wenn er monatlich darüber informiert wird, wie hoch die Kosten bei gleichem Verbrauch und dem aktuellen werden könnten, fühlt er sich sicherer. Das schafft Vertrauen und Bindung.“
Kundenportale reichen nicht mehr aus
Kundenportale waren vor Jahren der erste Schritt in Richtung digitaler Kundenservice. Noch heute nutzen viele Verbraucher sie gerne. Aber bei Weitem nicht mehr alle. „72,6 Millionen Menschen in Deutschland nutzen Social Media“, sagt der Vize President. „Es bietet sich für Energieverbraucher also an, auch dort präsent zu sein – und zwar mit mehr als nur einer Firmenseite oder einem Recruiting-Kanal.“ So könnte der Kunde beispielsweise eine kurze Nachricht eines Messengers mit dem Foto seines Zählerstands an den Kundenservice schicken, statt sich in ein Portal einzuloggen. „Oder er meldet seinen Umzug mit einer kurzen Nachricht über einen Messenger“, so Neuhaus. „Bots interpretieren die Nachricht des Kunden oder initiieren einen Chat und verarbeiten die Information. Einfacher geht es für den Kunden nicht.“ Auch proaktive Kommunikation kann so erfolgen und der Kunde z.B. vorab auf die anstehende Turnusrechnung vorbereitet werden.
Datenschutz und Social Media
„Die Anforderungen an den Schutz der Kundendaten sind hoch und schränken die Nutzung mancher Dienste ein“, sagt Neuhaus. „Das sollte aber keine Ausrede sein, um weiter ausschließlich auf Kundenportale zu setzen. Potenzial, dem Verbraucher in seinem Alltag näher zu kommen, gibt es genug. Letzen Endes verbessert sich dadurch das Kundenerlebnis und die Kosten sinken – in diesen Tagen ist das zwar ein vergleichsweise geringer Beitrag, aber dennoch relevant.“
Und in Zukunft?
Kundenservice über verschiedene Kanäle, proaktive Ansprachen, Tarifwechsel und Gaspreisdeckel: Es sind vermeintliche Kleinigkeiten. Sie zeigen aber deutlich, dass die Systemlandschaft nicht nur auf aktuelle Anforderungen reagieren können muss, sondern so flexibel sein sollte, dass sie auch zukünftige Herausforderungen abdeckt – die man heute noch gar nicht kennt. Das gilt umso mehr, wenn man auch die regulatorischen Anforderungen, Veränderungen im Wettbewerb, in der Produktnachfrage und im technologischen Fortschritt bedenkt.
„Viele Energieversorger bieten derzeit auch Wärmepumpen, Photovoltaik-Anlagen und Batteriespeicher an. Auch Wall-Boxen für E-Autos sind nach wie vor beliebt“, weiß der Experte. „Schnell neue Angebote machen zu können, ist essentiell, wenn Anbieter nicht den Anschluss verpassen wollen. Außerdem ist es natürlich ein weiterer Schritt in Richtung besserer Kundenservice. Können Kunden die raren Produkte direkt bei ihrem Energieversorger erwerben, trägt das zur Kundenbindung bei – und erfreut die Verbraucher, schließlich sparen sie sich die derzeit mühselige Suche nach einem passenden Handwerker.“
Nur ein offenes System ist zukunftssicher
Damit schnelles Handeln auch in Zukunft noch gelingt, muss das System der Energieversorger so offen sein, dass eigene Erweiterungen oder Fremdsysteme schnell und einfach angebunden werden können. Gleichzeitig muss es so durchdacht sein, dass möglichst wenige Fehler passieren – denn die meisten Kosten für das Unternehmen und Unzufriedenheit beim Kunden entstehen durch Fehler und Prozessstörungen. Künstliche Intelligenz kann hierbei helfen und beispielsweise Plausibilitätsprüfungen bei Zählerständen durchführen, Wechselprozesse optimieren oder Zahlungen sicherer zuordnen.
„SAP hat eine Plattform entwickelt, die genau das kann: Sie ist die solide Grundlage, mit der alle Kernprozesse der Energiebranche abgedeckt werden. Sicher und zuverlässig und ohne Datenlecks“, sagt Neuhaus. „Es lassen sich aber auch modular weitere Lösungen integrieren, damit Unternehmen auf alle Eventualitäten der Zukunft reagieren können. Natürlich wissen wir heute nur sehr begrenzt, was morgen sein wird. Wir können aber die Technologie bieten, mit der künftigen Anforderungen effizient begegnet werden kann.“