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Viele Unternehmen haben in den letzten Monaten ihre globalen Lieferketten bereits transparenter, agiler und nachhaltiger gestaltet. Die risikoresiliente Planung des Supply Chain Managements (SCM) hilft dabei, sich noch besser für künftige Herausforderungen zu rüsten und wettbewerbsfähiger zu sein.

In der kürzlich veröffentlichten Studie „DHL Global Connectedness Index 2022“ stecken einige Überraschungen. So stellt der von der Deutsche Post DHL Group in Auftrag gegebene aktuelle jährliche Globalisierungsbericht der New York University unter anderem fest: „Trotz der jüngsten Schocks, wie der Covid-19-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine, sind die globalen Lieferketten bemerkenswert robust“.

Nach drei Jahren der Krisen, Konflikte und wachsenden internationalen Spannungen sei weder die Globalisierung rückläufig, noch konnte bisher ein spürbarer Trend zur Regionalisierung der Lieferketten festgestellt werden. Allerdings registriert der Bericht, für den Daten zu den Handels-, Personen-, Kapital- und Informationsströmen in weltweit 171 Ländern analysiert wurden, eine „fortschreitende Entkopplung zwischen den USA und China“.

Paradebeispiel dafür ist der iPhone-Hersteller Apple, der mittlerweile statt in der Volksrepublik verstärkt in Vietnam fertigen lässt. Außerdem hätten viele Unternehmen und Regierungen ihren Fokus im vergangenen Jahr auf Nearshoring gelegt, um die Risiken auf den Transportwegen zu minimieren.

Friendshoring: Verlagerung in Länder mit gleichen Werten

Das bestätigt auch der aktuelle „Supply Chain Pulse Check Frühjahr 2023“ des Beratungsunternehmens Deloitte, für den Anfang des Jahres rund 120 Unternehmen in Deutschland befragt wurden. Danach haben bereits 37 Prozent mit dem Nearshoring begonnen oder diese Maßnahme bereits umgesetzt, weitere 29 Prozent planen sie in nächster Zeit. Friendshoring – also die Verlagerung von Teilen der Lieferkette in befreundete Länder mit gleichen Werten – haben 22 Prozent in Arbeit oder schon abgeschlossen, ein weiteres Drittel der Befragten bereitet diesen Schritt vor.

„Die Unternehmen in Deutschland stehen trotz einer allmählichen Entspannung der globalen Supply Chains im Vergleich zu den letzten Jahren auch im Frühjahr 2023 weiterhin unter Druck“, stellt die Studie fest. Nach der leichten Entspannung bei den Lieferengpässen sorgen nun die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise für neue Herausforderungen. So beklagt derzeit wieder mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Befragten eine Beeinträchtigung ihrer Supply Chains und fast jeder Zweite (46 Prozent) befürchtet sogar ein steigendes Risiko durch Ausfälle.

Risikoresiliente Planung über Unternehmensgrenzen hinweg

Aus den beiden Studien ergeben sich drei Trends für das Jahr 2023, auf die sich Unternehmen jetzt einstellen sollten:

  1. Die befürchtete De-Globalisierung der Weltwirtschaft scheint nicht stattzufinden und auch einen Rückzug in die eigene Region zur Risikominimierung gibt es nur in Teilbereichen.
  2. Die weltweiten Lieferketten zeigen sich bisher als recht stabil und viele Unternehmen haben rechtzeitig auf Strategien zur Erhöhung ihrer Resilienz umgestellt und geeignete Maßnahmen ergriffen.
  3. Trotzdem kann sich die Wirtschaft auf diesem Erfolg nicht ausruhen, weil die Zeiten auch in Zukunft unruhig bleiben und immer wieder neue Herausforderungen entstehen. Der Begriff „Permakrise“ oder „Polykrise“ beschreibt diesen Zustand der neuen Normalität sehr treffend.

Es bleibt also dabei, dass Unternehmen weiter ganzheitliche Strategien für resiliente, agile, transparente und nachhaltige Lieferketten entwickeln und umsetzen müssen. SCM-Verantwortliche stehen vor der Aufgabe einer besseren Synchronisierung und Überwachung der Rohstoff- und Warenströme über Unternehmensgrenzen hinweg und dem schnelleren Identifizieren von möglichen Risiken. Dabei helfen Softwarelösungen für die integrierte Geschäftsplanung, die mit ausgefeilten Prognosealgorithmen, maschinellem Lernen und der Analyse von Zeitreihen eine Simulation verschiedener Szenarien und den Vergleich von Planungs-Alternativen ermöglichen.

Durch eine genauere Abstimmung von Bedarfs- und Angebotsplanung wird dabei proaktives Handeln zur Aufrechterhaltung der Lieferfähigkeit möglich. Das ist keine Theorie, sondern viele Unternehmen aller Branchen – vom globalen Konzern bis zum „Hidden Champion“ aus dem Mittelstand – haben bereits mit der Umsetzung entsprechende Lösungen begonnen. Von ihren Erfahrungen gilt es zu lernen.

Transparenz der Supply Chains von Anfang bis Ende erhöhen

So will die Volkswagen Group mit dem Konzernprogramm ONE Log in den nächsten Jahren an 120 Standorten weltweit eine mehrstufige Prozess- und IT-Landschaft für die Logistik der Zukunft aufbauen und die Resilienz der Supply Chains erhöhen. In einem Zusammenschluss zwischen Volkswagen PKW, Volkswagen Komponenten, Audi und Skoda entstehen logistische Standardprozesse und ein neues Template auf Basis von SAP S/4HANA, das in alle Werke ausgerollt wird. Die Lieferketten sollen in Zukunft bedarfsgesteuert, reaktionsfähig, schnell und flexibel, automatisiert, Ausnahmen-basiert, integriert und transparent mit Echtzeit-Verarbeitung gestaltet werden.

Bei der Behr-Hella Thermocontrol GmbH (BHTC) steht aktuell insbesondere die Erhöhung der Lieferkettentransparenz im Mittelpunkt. Das 1999 gegründete Unternehmen ist Weltmarktführer für Klimaregelungen und Human-Machine-Interface-Systemlösungen für die Fahrzeugindustrie. Von der Aufschlüsselung der externen Marktdaten bis zur Reaktion auf eingehende Abrufe der Hersteller – der durchgängige Planungsprozess eines Automobilzulieferers muss einen Horizont von bis zu fünf Jahren abdecken. Deshalb ist ein integrierter End-to-End-Supply-Chain-Planungsansatz von entscheidender Bedeutung, um alle Chancen zu nutzen.

Die Schunk Group ist ein international agierender Technologiekonzern mit mehr als 8.000 Beschäftigten in 29 Ländern. Der „Hidden Champion“, ohne dessen Produkte weder ICE-Züge fahren noch Handys bei einem Anruf vibrieren würden, bietet ein breites Produkt- und Leistungsspektrum aus den Bereichen Kohlenstofftechnik und Keramik, Umweltsimulation und Klimatechnik, Sintermetall und Ultraschallschweißen. In seinem One ERP+ Programm arbeitet das Unternehmen mit Hauptsitz im mittelhessischen Heuchelheim an einer modernisierten und standardisierten Prozesslandschaft mit einer integrierten Produktions- und Feinplanung und der Möglichkeit, Veränderungen in der Supply Chain frühzeitig zu simulieren und die Szenarien hinsichtlich ihrer Chancen und Risiken zu optimieren.

Mit Prognosen und Simulationen besser planen

Die Vitra AG hat auf die Unsicherheit und Volatilität in den Lieferketten mit erweiterten Planungs-Funktionen und einer besseren Abstimmung der Bedarfs- und Angebotsplanung reagiert. Das traditionsreiche Familienunternehmen für die Herstellung und den Handel mit Wohn- und Büromöbeln schafft so höhere Transparenz und Stabilität über die gesamte Supply Chain hinweg. Unter anderem setzt der Schweizer Designmöbelproduzent mit seiner Zentrale in Birsfelden bei Basel und Werken in Deutschland, Japan und Ungarn auf Lösungen für Prognosen und Bedarfssteuerung sowie für die Absatz- und Produktionsgrobplanung.

KWS Saat, einer der weltweit führenden Pflanzenzüchter und Saatguthersteller, ist seit über 165 Jahren im Geschäft. Wenn es um die Produktivität von Nutzpflanzen geht, kommt es vor allem auf eine strategische Planung an. KWS blickt deshalb immer mindestens zehn Jahre in die Zukunft, um sicherzustellen, dass sie das Saatgut entwickelt, das den künftigen Anforderungen von Verbrauchern, Landwirten, Biokraftstoffproduzenten und dem sich verändernden Klima in über 80 Ländern rund um den Erdball gerecht wird und mit minimalen Ressourcen den maximalen Ertrag erzielt. Um „die Zukunft zu säen”, so das Motto des Unternehmens aus dem niedersächsischen Einbeck, begann der Traditionsbetrieb mit der digitalen Transformation und dem Einsatz von integrierte Cloud-Lösungen, um einen „Single Point of Truth“ für die Informationen aus unterschiedlichen Datenquellen sicherzustellen.

Mit einem Netzwerk von mehr als 7.500 Beschäftigten und 5.200 Landwirten produziert die DMK Deutsches Milchkontor GmbH (DMK Group) eine Vielzahl von Produkten wie Milch, Eis, vegane Lebensmittel und Babynahrung. Um durch eine höhere Transparenz in den Supply Chains die eigenen Nachhaltigkeitsziele besser zu erreichen, die Lieferzeiten zu verkürzen, die Milchverwertung zu optimieren und die Überschussproduktion zu reduzieren, setzt das Unternehmen auf eine genauere Planung von Angebot und Nachfrage mit Hilfe von Prognose- und Simulationstools.

SAP Discovery Day für SCM-Planung

Schauen Sie sich jetzt alle Vorträge vom Online-Event „SAP Discovery Day für SCM-Planung: Agil und nachhaltig planen, Resilienz gewinnen“ an und lernen weitere Beispiele kennen. Hier geht es zu den Aufzeichnungen.