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Mit dem erneuten Aufschwung der künstlichen Intelligenz (KI), zählen führende Unternehmen die Tage bis Quantencomputer zum Mainstream gehören. Hier mehr über den aktuellen Stand der Entwicklung von Quantencomputing.

Das European Quantum Industry Consortium (QuIC) hat eine strategische Branchen-Roadmap für Quantentechnologie entwickelt. Seitdem der Blog darüber erschienen ist, sind im Bereich Quantencomputing enorme Fortschritte erzielt worden.

Quantencomputing verbindet Quantenphysik und Informatik. Allerdings arbeiten Quantencomputer nicht mit klassischen Bits, sondern mit Quantenbits oder kurz Qubits. Diesen Qubits liegen zwei grundlegende Prinzipien der Quantenphysik zugrunde: Superposition und Verschränkung. Im Gegensatz zu den klassischen Bits in der binären Informatik, die nur den Zustand 1 oder 0 kennen, kann ein Qubit diese beiden Zustände gleichzeitig darstellen. Dadurch ist eine echte Parallelität beim Berechnen möglich.

Laure Le Bars, Research Project Director bei der SAP und Predsident des QuIC, erklärt, wie die zweite Quantenrevolution für viele Branchen zunehmend hilfreich und wichtig sein wird. „Optimierungsprobleme in Bereichen wie Routenplanung, Lieferantenmanagement oder Finanzportfolioverwaltung könnten mit Quantencomputern sehr gut gelöst werden, denn sie besitzen die Fähigkeit, riesige Mengen heterogener Daten schnell zu analysieren und die optimale Lösung zu finden“, sagt sie. „Bei solch enormen Datenmengen sind klassische Computer mit exponentiellen Berechnungen überfordert. … KI und Machine-Learning-Algorithmen sind die perfekten Kandidaten für die Quantenverarbeitung.“

Zeichen für Quantencomputing stehen auf optimistisch

Sie zeigt sich optimistisch, was Quantencomputing angeht, allerdings mit einigen Vorbehalten. „Die kontinuierlichen Fortschritte in den Bereichen Quanten-Hardware, -Middleware und -Software werden dazu führen, dass bis 2030 ein allgemein verwendbarer Quantencomputer entwickelt wird, der einen echten Quantenvorteil bieten kann“, betont Le Bars. „Um dies zu erreichen, konzentriert sich das QuIC auf branchenweite fachliche Ausbildung und Kompetenzentwicklung, Standardisierung, Governance-Prinzipien und Schutz des geistigen Eigentums auf dem Gebiet der Quantentechnologie.“

Das QuIC verfolgt vor allem das Ziel, ein starkes europaweites Netzwerk für Quantentechnologie aufzubauen. Darüberhinaus hat die Organisation einen internationalen Rat gegründet, der mit Unternehmen in Nordamerika und Japan zusammenarbeitet, um weltweit das Wachstum dieses Wirtschaftszweigs voranzubringen.

Der Wettlauf um den Quantencomputer hat begonnen

Die nächste Version der strategischen Roadmap des QuIC ist gerade in Arbeit und enthält bereits Anwendungsfälle. Die Einzelheiten sind nur den Mitgliedern zugänglich. Aber Le Bars gibt einen Überblick über die neuesten Erkenntnisse. Ähnlich wie bei allen neuen Technologien gibt es Hürden. Es ist schwierig, das Versprechen der Quantentechnologie einzulösen, da es entlang der Wertschöpfungskette nur relativ wenige Hardware-Anbieter und andere Lieferanten gibt. Schwer zu beschaffen sind unter anderem supraleitende Stromkabel, Mikrocontroller, High-End-Laser und Kyro-Elektronik. Und trotz jüngster Berichte, dass Quantencomputer-Hardware zur Verfügung stehen wird, benötigen diese Rechner beim allgemeinen Gebrauch sehr viel mehr Leistung. Also, kein Grund in Selbstzufriedenheit zu verfallen.

„Derzeit machen die QuIC-Mitglieder die Hindernisse ausfindig und tauschen Wissen aus. Das wird dazu beitragen, ein realistisches Marktwachstum vorherzusagen. Die ersten Quantencomputer sind zum Beispiel nicht stabil genug, haben zu wenige Qubits und erzielen deshalb zu wenig Rechenleistung“, erklärt Le Bars. „Angesichts der Fortschritte bei der Quanten-Hardware müssen Industrie und Wissenschaft neue interdisziplinäre Weiterbildungsprogramme entwickeln, um das Quantenwissen der Fachexperten mit dem Know-how der industriellen Anwender zu kombinieren.“

Mit KI ist es möglich, die einzigartigen Vorteile von Quantencomputer voll auszuschöpfen

Quantencomputer führen eine große Anzahl von Vorgängen in einem einzigen Schritt aus. Deshalb ist die Begeisterung so groß, denn sie haben enormes Potential für das Lösen komplexer Herausforderungen wie Klimawandel und Gesundheitswesen. Quantensimulationen könnten ideal für Klimamodelle und Wettervorhersagen sein, da Millionen von Variablen – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – gleichzeitig in die Berechnung aufgenommen werden könnten. Wissenschaftler, die Medikamente, Chemikalien und andere Materialien erforschen, könnten mithilfe von Quantensimulationen molekulare Verhaltensmodelle entwickeln sowie Wechselwirkungen und andere Abweichungen untersuchen, um Iterationen von Prototypen früher zu testen.

„Quantentechnologie ist nicht wirklich schneller als klassische Verarbeitung. Aber Quantenrechner brauchen eine völlig andere Art von Programmierung“, sagt Le Bars. „Bei Anwendung einiger Optimierungsalgorithmen sind sie wesentlich effizienter als klassische Computer. Es wäre zum Beispiel möglich, Klimaschutzmodelle von hohem Detailgrad im Handumdrehen zu simulieren – gleichzeitig mit Millionen von Branchenvariablen, die Auswirkungen auf die Höhe der CO2-Emissionen zeigen. Dies würde zu fundierteren Prognosen führen. Nachhaltigkeitsstrategien ließen sich so langfristig besser steuern.“

Enorme Chancen auf dem Markt für Quantentechnologie

Es ist einfach, sich von der Begeisterung über Innovationen wie Quantencomputer mitreißen zu lassen. Hierzu gibt Le Bars ein paar hilfreiche Hinweise. Sie rät Unternehmen, Anwendungsfälle für das Quantencomputing zu priorisieren und sich zu fragen, was sie heute mit klassischen Rechnern tun können und was nicht. Zudem sollten sie mögliche Vorteile gegen nicht beabsichtigte Folgen abwägen.

„Quantencomputer werden nicht alle Probleme lösen. Sie werden klassische Computer nicht vollständig ersetzen“, erklärt Le Bars. „Für einige Anwendungsfälle werden wir noch traditionelle Computer benötigen, für andere wiederum werden Quantencomputer ideal sein. Was wir benötigen, ist eine Schnittstelle, um mit dem Quantencomputer zu interagieren. Dabei muss sichergestellt werden, dass sich der Zeitaufwand nicht verdoppelt, denn das würde die Vorteile zunichtemachen. Wir brauchen hybride Architekturen und letztendlich einen Quantenprozessor neben dem zentralen Prozessor und dem Grafikprozessor in Ihrem Computer.“

Die zweite Quantenrevolution ist im Gange. Doch so kurz nach dem Start ist es zu früh, vorherzusagen, wer die Gewinner sein werden. Das Jahr 2030 ist nicht mehr weit entfernt und Führungskräfte bereiten sich darauf vor, diesen Quantensprung nach vorne zu machen.

„Was vor fünf Jahren ein wissenschaftlicher Traum war, wird zusehends realer und greifbarer“, betont Le Bars. „Es gibt einen Markt und eine Branche für Quantencomputing, und das Potenzial ist enorm.“