Bei der KWS fiel 2021 der Startschuss für die Migration zu SAP S/4HANA Private Cloud Edition in UK. Der Saatgutspezialist arbeitet mit einem spannenden Implementierungskonzept, das auf ein evolutionäres Template setzt, um den Wechsel für rund 80 Gesellschaften bis Ende 2027 zu ermöglichen.
Die Bedingungen auf den Ackerböden rund um den Globus könnten unterschiedlicher nicht sein: Temperaturen, Niederschläge, Trockenperioden, Schädlinge, Unkräuter und viele weitere Faktoren prägen den Alltag von Landwirten weltweit. Der Saatguthersteller KWS mit Sitz im niedersächsischen Einbeck hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, Bauern mit den für ihren Standort geeigneten Nutzpflanzensaaten zu versorgen. Dafür entwickelt die KWS neue Sorten in den drei Kernsegmenten Mais, Zuckerrüben und Getreide sowie neuerdings auch Gemüse, vermehrt diese und vertreibt sie an Landwirte in aller Welt.
Das Portfolio des Familienunternehmens umfasst Saaten von elf der weltweit dreizehn wichtigsten Fruchtarten, von Weizen über Kartoffeln und Sojabohnen bis hin zu Raps und Sonnenblumen. Die Produktion erfolgt weltweit verteilt mit Schwerpunkten, wie zum Beispiel Deutschland, die Türkei und Amerika für die Saaten von Zuckerrüben, Großbritannien für Getreide- und Rumänien für Maissaaten. „Auch unser Geschäft wird zunehmend digitaler“, sagt Jessica Sowa, SAP S/4HANA Project Lead bei der KWS. „Es wird immer wichtiger, die weltweiten Standorte zu vernetzen und Prozesse zu standardisieren, um das Geschäft insgesamt effizienter zu gestalten.”
SAP S/4HANA Private Cloud Edition schafft die erforderliche Flexibilität
Die KWS hat deshalb entschieden, ihre digitale Journey um einen entscheidenden Schritt voranzubringen und von SAP ECC On-Premises auf SAP S/4HANA Private Cloud Edition zu wechseln. „Das war nach der Abkündigung der SAP für die Wartung des alten ERP zugleich ein logischer Schritt“, erklärt Jessica Sowa. „Und aufgrund der sehr unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Ländern bot uns die Private-Cloud-Edition die dafür nötige Flexibilität.“ Um diesen umfassenden Wandel überschaubar zu gestalten und die Risiken zu minimieren, habe die KWS sich entschlossen, die Transformation über mehrere Jahre laufen zu lassen. Die aktuelle ERP-Roadmap des Saatgutspezialisten sieht den Abschluss des Projektes für das Jahr 2027 vor. Bis dahin existieren zwei SAP-Welten nebeneinander: die alte On-Premises-Welt mit dem ECC-Kern und die neue SAP-S/4HANA-Welt in der Private Cloud. Diesem Vorgehen liegen zwei zukunftsweisende Grundsatzentscheidungen der KWS zu Grunde:
Cloud-first: Alle Daten sollen an einem zentralen Ort in der Cloud liegen und von überall schnell verfügbar sein – egal auf welchem Kontinent und an welchem Standort sich ein Nutzer befindet und egal, ober er vom Büro aus oder mobil vom Feld aus darauf zugreift.
SAP-first: Aktuelle Innovationen der SAP sollen generell implementiert und zum Einsatz kommen, sofern sie zu den Anforderungsprofil der KWS passen. Der Fokus auf SAP soll helfen, Schnittstellen zu reduzieren.
Proaktive Unterstützung durch RISE with SAP
Die Umsetzung des Transformationsprojektes erfolgt im Rahmen von „RISE with SAP“. Für die KWS bietet das Programm die vertragliche Flexibilität, um einen Phasenplan abzubilden, das heißt: Die Systeme werden entsprechend dem Projektplan bereitgestellt und Kosten auf den Projektverlauf verteilt, hohe Anfangsinvestitionen entfallen. Da SAP mit allen Hyperscalern zusammenarbeitet, konnte KWS im Rahmen von RISE überdies auf Microsoft Azure Cloud als Infrastruktur der Wahl setzen, kann aber gleichzeitig andere, bereits bestehende Cloud-Services von Amazon Web Services (AWS) und der SAP Business Technology Platform (BTP) nutzen.
„Im Projektalltag äußern sich die Vorteile von RISE für uns vor allem in der engen, partnerschaftlichen Zusammenarbeit“, stellt Jessica Sowa fest. „Ein Beispiel dafür ist die Rolle der SAP Customer Success Partner, die nach der Implementierung der Anwendung weiter prüfen, ob sich der Einsatz der Lösung optimieren lässt, etwa in Bezug auf Lizenzen, die Nutzung und die Zufriedenheit der Anwender.“ Auch das Aufsetzen einer Governance zwischen KWS und SAP im Rahmen von RISE bringt Vorteile – für beide Partner: „Wir beobachten im Projektverlauf die Weiterentwicklung der SAP-Systeme und sprechen uns eng ab, ob es sich etwa lohnt, auf ein neues Feature zu warten“, erläutert Jessica Sowa. „Letztlich bedeutet das, dass wir unsere digitale Transformation mit SAP gemeinsam gestalten. Und für die SAP bedeutet es, dass sie unser Feedback zu bestimmten Tools für die Weiterentwicklung nutzen kann.“
Projektstart in UK: Prozesse für Getreidesaaten bilden das erste Template
Das erste Land, das den Wechsel auf das aktuelle SAP-ERP vollzog, war Großbritannien. Das zentrale Produkt dieses Standortes: Getreide. „Mit der Umstellung in UK haben wir unser erstes SAP S/4HANA Template für einen Getreidestandort im System abgebildet“, erklärt Jessica Sowa. „Die Prozesse sind zwar teilweise individuell. Wir streben aber stets Standardisierung und Harmonisierung an, wo immer das möglich ist.“ Mithilfe dieses „Global Template Design Approach“ entsteht eine Art Blaupause für alle Getreideprozesse – ein Template, das sich mit geringem Aufwand an jedem anderen Getreidestandort nutzen lässt. Die nächste Umstellung soll im Juli 2023 in Rumänien stattfinden, ein Maisstandort. Auch hier wird zunächst ein Template für das Hauptprodukt entwickelt zum anschließenden Einsatz an anderen Standorten. Es folgen die Zuckerrübe in Deutschland, dann Gemüse und so weiter – bis Ende 2027 rund 80 Gesellschaften die Transformation abgeschlossen haben werden.
Bei der Umsetzung des Projektes setzt die Projektleiterin auf SAP Activate, eine agile Implementierungsmethodik für die Umsetzung und Bereitstellung von SAP-Lösungen. Im Kern verfolgt der Ansatz die schrittweise Bereitstellung und kontinuierliche Verbesserung von Funktionen, um die Qualität und den Erfolg des Projektes zu steigern. Dazu Jessica Sowa: „Wir nutzen SAP Activate als Grundlage für eine agile Arbeitsweise, weichen aber unternehmensindividuell davon ab, wenn dies sinnvoll erscheint.“ So seien die Fit-to-Standard-Workshops intensiv genutzt worden, gleiches gelte für das „Quality Gate Criteria Document“ als Checkliste für das Erreichen bestimmter Meilensteine vor dem Go-live. „Unsere Sprints sind aber beispielsweise entgegen der Empfehlung länger, wir sprechen von Phasen, weil dies besser auf unsere Organisation passt.“
Mobile Scanner-Lösung beschleunigt Warenausgang
Am Standort Großbritannien konnte nach der ERP-Umstellung bereits ein wichtiges Innovationsprojekt realisiert werden: Das Mobile Warehouse Management mit einer Scanner-Lösung für die Gabelstapelfahrer in den KWS-Lagern. Anstatt ihre Ladungen an einem entfernten PC-Arbeitsplatz oder auf Papier zu registrieren, können die Fahrer jetzt ausgehende Saatgutsäcke in Sekundenschnelle mittels Hand-Scanner erfassen. Damit sind sie beim Beladen von LKW mit Ware nicht nur schneller, sondern auch deutlich flexibler, etwa wenn es darum geht Warenbewegungen zu buchen.
„Der Wandel kann nur mit den Menschen gelingen“
Mobile Warehouse Management erleichtert die tägliche Arbeit der Fahrer und sorgt zugleich für mehr Qualität. „Das Projekt ist ein Beispiel dafür, wie wir bei KWS papierbasierte, manuelle Prozesse umfassend durch digitale, automatisierte Prozesse ersetzen können“, sagt Jessica Sowa. Ergebnisse wie die Scanner-Lösung in UK sorgen außerdem für eine hohe Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit dem Projekt, wie eine interne Feedback-Umfrage zeigt. Anwendern, die die SAP S/4HANA Transformation erst noch auf den Weg bringen, rät die Projektleiterin: „Der Wandel kann nur mit den Menschen gelingen. Deshalb ist es besonders wichtig, die Vorteile des Wandels immer wieder transparent zu kommunizieren – das heißt auch: Kritik daran zuzulassen und aufzunehmen.“
SAP Webinar
Weitere spannende Einblicke in den Transformationsprozess der KWS in die Cloud wird Jessica Sowa in einem Webinar am 13. Juni geben. Alexander Michnov, Head of RISE bei SAP Deutschland, wird zu Beginn kurz in das Thema „Modular Cloud ERP“ einführen: Was verbirgt sich hinter dem Ansatz?
Der Erfahrungsbericht ist der Auftakt der „RISE with SAP“ Webinar-Reihe, die die relevanten Schritte auf der Reise in die Cloud behandelt.
Titel: Erfolgsfaktoren einer SAP Cloud Transformation – der Weg zum Modular Cloud ERP
Datum: Dienstag, 13. Juni 2023
Zeit: 11:00 Uhr MESZ
Dauer: 35 Minuten