Seit Tausenden von Jahren versuchen Menschen, die Zukunft vorherzusagen, zu steuern und zu kontrollieren. Unsere Vorfahren suchten Rat bei Orakeln und lasen die Sterne. In der jüngeren Geschichte haben wir uns der Wissenschaft zugewandt, um künftige Trends zu bestimmen. Die Zukunft ist aber weder vorgegeben, noch kann sie vorhergesagt werden.

Beim Rückblick auf das Jahr 2023 stelle ich – mit großer Dankbarkeit – fest, dass ich das Privileg hatte, einen besonderen Moment in der Technologiegeschichte mitzuerleben. Dieser hat das Potential, die Zukunft neu zu gestalten. Das Jahresende ist in der Regel eine Zeit der Reflexion. Ich persönlich ziehe es allerdings vor, nach vorn zu blicken und zu überlegen/bedenken, wie wir uns an die Vielzahl von Möglichkeiten anpassen werden, die uns die Zukunft mit künstlicher Intelligenz (KI) bringen wird.

Innovationen im KI-Zeitalter: Drei Wege, um die Grundlagen in Unternehmen zu schaffen

Ähnlich wie das Internet in den 1990er-Jahren, revolutioniert generative KI derzeit alle Branchen. Diese beiden revolutionären technologischen Neuerungen haben etwas gemein: Der Mensch bildet den Mittelpunkt. Der große Erfolg des Internets war darauf zurückzuführen, dass es ohne technisches Hintergrundwissen leicht zu nutzen war. Und genau das beobachten wir nun bei KI.

Der aktuelle Wandel signalisiert die Notwendigkeit für neue Kompetenzen. Einer Prognose des Weltwirtschaftsforums zufolge werden sich durch neue Technologien bis zum Ende dieses Jahrzehnts mehr als 40 Prozent der Kompetenzen und mehr als 1 Milliarde Jobs weltweit verändern. Fortbildungen und Umschulungen werden daher eine entscheidende Rolle spielen. Wir können zwar nicht wissen, was die Zukunft für uns bereithält, doch wir können Menschen die nötigen Kompetenzen vermitteln, damit sie sich anpassen und weiterentwickeln können.

In der heutigen Welt geht es nicht um Arbeitsplatzsicherheit, sondern um Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten: Arbeitsplatzsicherheit ist ein Nebenprodukt einer Kombination dieses Vertrauens und Anpassungsfähigkeit an neue Gegebenheiten. Wie ein Vogel auf einem Ast, hat der anpassungsfähige Mensch keine Angst, dass der Ast bricht, weil er weiß, dass er fliegen kann. Gerade vor dem Hintergrund der Automatisierung, können sich Individuen erfolgreich positionieren, indem sie neue Fähigkeiten erwerben.

Auch Unternehmen müssen verstehen, welche Kompetenzen ihnen fehlen, um Veränderungen zu antizipieren und schnell reagieren zu können. SAP hat eine global abgestimmte Qualifikationsskala erstellt und Prioritäten für grundlegende Kompetenzen unserer Branche in Bezug auf KI, DevOps und Security zusammengestellt. Wir bieten Schulungen in all diesen Bereichen an.

Mehr Transparenz innerhalb der SAP in Bezug auf Qualifikationen ermöglicht es uns, neue Trends zu erkennen, eventuelle Lücken zu ermitteln und Investitionen in Fortbildungsmaßnahmen zu priorisieren. Bereits im vergangenen Jahr haben wir anhand dieses Prozesses unsere Investitionen in KI-Schulungen verstärkt – noch bevor das Aufkommen von ChatGPT diese Notwendigkeit beschleunigt hat.

Doch technische Fachkenntnisse bilden nur einen Teil der Gleichung. Es ist ein weit verbreitetes Missverständnis, dass wir alle in hochgradig technischen oder wissenschaftlichen Gebieten Kompetenzen entwickeln müssen, um erfolgreich zu sein. Ich sehe viel eher einen wachsenden Bedarf an Menschen, die im Umgang mit anderen hochqualifiziert sind! Die Voraussetzungen dafür sind Resilienz, kritisches Denkvermögen, Neugierde, Anpassungsfähigkeit, Flexibilität – ganz zu schweigen von Kreativität, Kooperationsfähigkeit und Sozialkompetenz. Diese zentralen menschlichen Fähigkeiten sind jetzt im Zeitalter der KI wichtiger denn je.

Für Kinder müssen wir frühzeitig die nötigen Grundvoraussetzungen schaffen. Das heißt nicht, dass man ihnen beibringen soll, wie sie ein Gerät verwenden können. Das schaffen sie ganz problemlos alleine! Es geht eher darum, sie dabei zu unterstützen, sich das Potenzial von Technologien selbst zu erschließen – und dabei Daten auf sichere Weise zu nutzen.

Mit KI-gestützten Innovationen das Potenzial der Belegschaft erschließen

Wenn ich meine eigenen Kinder beobachte, sehe ich, wie schnell und selbstverständlich sie mit digitalen Geräten umgehen können. Aber mit Daten zu interagieren ist nicht etwas, das von selbst kommt. Das muss man ihnen beibringen. Wir müssen Kindern beibringen, mit Daten bewusst umzugehen, um den Grundstein für eine Zukunft zu legen, in der sie die Technologie nicht nur kompetent, sondern auch verantwortungsbewusst nutzen können, um in einer datengesteuerten Welt fundierte Entscheidungen zu treffen. Anstatt Kinder im Umgang mit Technik zu bremsen, sollten wir sie anleiten, ein tieferes Verständnis dafür zu entwickeln, wie sie Technik nutzen können, um Neues zu gestalten, zu lernen und zu entdecken. Das Ziel dabei ist nicht etwa, ihnen lediglich Kenntnisse über IT-Technologien zu vermitteln, sondern wie sie diese beherrschen können – ein profundes Verständnis, das unter die Oberfläche geht. Wir sollten sie dazu befähigen, Schaffende zu werden, statt bloße Konsumierende.

Aber auch an dieser Stelle sollten wir nicht haltmachen. Ich bin ein Anhänger der Empfehlung von Jack Ma: „Wir können unseren Kindern nicht beibringen, mit Maschinen zu konkurrieren, die intelligenter sein werden. Wir müssen unseren Kindern etwas Einzigartiges beibringen, damit eine Maschine niemals zu uns aufschließen kann: Werte, Glauben, unabhängiges Denken, Teamfähigkeit, sich um andere kümmern – soziale Kompetenzen, Sport, Musik, Malerei, Kunst, um sicherzustellen, dass Menschen und Maschinen sich voneinander unterscheiden.“

Ich bin davon überzeugt, dass eine Partnerschaft zwischen Menschen und KI das Beste aus beiden Welten bieten und einen größeren Mehrwert schaffen kann, als dies Menschen oder Maschinen jeweils für sich genommen könnten. Es geht um ein Duett, nicht um ein Duell. Unternehmen müssen demnach ebenso viel in Talente investieren wie in Technologien. Und Eltern spielen genau wie Pädagogen eine entscheidende Rolle, ihren Kindern Hilfestellung für eine KI-geprägte Zukunft zu geben.

Im kommenden Jahr wird es darum gehen, alle Menschen bei dieser Transformation mitzunehmen. Ich bin gespannt auf das Jahr 2024: eine ungewisse, aber spannende Zukunft!


Thomas Saueressig ist Mitglied des Vorstands der SAP SE.

Foto oben mit freundlicher Genehmigung der SAP-Mitarbeiterin Emanuela Corazziari.

Abonnieren Sie den SAP News Center Newsletter