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Autos bieten die Freiheit, überall hinzugelangen, wann immer man will. Die neue Welt der Elektromobilität wird diese Unabhängigkeit weiterhin bieten und wird sogar ökologische Vorteile mit sich bringen. Doch diese Veränderung kann nicht ohne Raumfahrttechnik in Form von Software und Konnektivität erfolgen.

„Raumfahrttechnologie und Automobilindustrie sind seit Jahrzehnten eng miteinander verbunden. Die Fortschritte in der Raumfahrttechnik haben dazu beigetragen, den Weg zu ebnen für Verbesserungen in unseren Fahrzeugen auf der Erde“, sagte Ulrich Hermann, im Interview mit SAPVoice auf Forbes. Hermann ist General Partner und Vorstandsmitglied von Einstein Industries Ventures, einem Partner der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).

Der Weltraum ist ein feindseliges Umfeld. Für die Raumfahrt sind robuste, leichte und zuverlässige Materialien notwendig, zum Beispiel Airbags, die für den Einsatz in Autos angepasst wurden. Mit der Entwicklung des Global Positioning System (GPS), dem satellitengestützten Navigationssystem zur weltweiten Positionsbestimmung, wurde das Navigieren auf der Erde revolutioniert.

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Nach 40 Jahren Entwicklung kommt der Raumfahrtindustrie endlich eine wichtige Rolle in der Automobilindustrie zu. Diese Veränderung kommt keine Minute zu früh. „Die Umsätze der Automobilbranche belaufen sich auf drei Billionen US-Dollar. In der EU sind über 13 Millionen Menschen direkt und indirekt in dieser Branche beschäftigt. Und zufällig ist sie gerade sehr gefährdet“, erklärte Hermann.

Die europäische Automobilindustrie, die ein Fünftel aller weltweit vermarkteten Autos produziert, ist seit Jahrzehnten erfolgreich. Der Sektor erwirtschaftet jährlich Einnahmen in Höhe von 140 Milliarden Euro und generiert für die Regierungen der EU-Staaten Steuereinnahmen in Höhe von 375 Milliarden Euro. Als Europas Top-Investor investiert dieser Sektor 59 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung.

Aber es bleibt keine Zeit, sich zurückzulehnen.

Eine Geschichte des Wandels

Europa muss auf globale Entwicklungen reagieren, die das Tempo des Wandels beschleunigen. Weltweit gesehen, werden rund 60 Prozent der elektrischen Fahrzeuge in China verkauft. Die Neuansiedlungsinvestitionen stiegen 2022 um 53 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro. Und der aktuelle Fünfjahresplan der Regierung sieht vor, dass bis 2025 alle neu zugelassenen Fahrzeuge in China mit C-V2X-Anbindung („Car-to-everything“) auf den Markt kommen sollen.

„Das setzt die gesamte Branche unter Druck, denn die Umstellung auf ein neues Modell, das Services rund um Mobilität, Autonomie und Konnektivität bietet, muss beschleunigt werden“, betonte Hermann. „In Europa wird eine weitere Billion Dollar erforderlich sein, um die Zukunft der Automobilindustrie zu sichern.“

Hermann fuhr fort und erklärte die verschiedenen Entwicklungsschritte vom teil- und hochautomatisierten Fahren bis hin zum vollautomatisierten Fahren, bei dem keine menschliche Aufmerksamkeit oder Interaktion erforderlich ist.

„Dieses Level ist ein echter Umbruch“, sagte er. „Das Auto wird seinen eigenen Willen haben, und es wird weder Lenkrad noch Pedale benötigen, um zu lenken, zu bremsen oder zu beschleunigen. Völlig autonom fahrende Autos werden alles tun, was ein erfahrener menschlicher Fahrer tun kann.“

Es wird mindestens weitere 15 Jahre dauern, bis dieser Grad der Automatisierung erreicht sein wird. Möglich ist diese Entwicklung nur mit Satellitentechnologie.

Auf dem Weg zur völligen Autonomie

„Softwaregestützte Services werden die Rentabilität in Zukunft steigern“, berichtete Hermann. Das neue Modell wird so aussehen: Menschen und Unternehmen werden Services abonnieren, bei denen völlig autonome Fahrzeuge auf Abruf bereitstehen und sie zu ihrem Ziel bringen, während sie ihre Zeit zur Entspannung, Arbeit oder Unterhaltung nutzen können. Wie wird das funktionieren?

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Selbstfahrende Fahrzeuge verlassen sich beim Betrieb mit Software auf Sensoren, Algorithmen, Machine-Learning-Systeme und leistungsstarke Prozessoren. Sensoren und Radargeräte werden ihre Umgebung kartieren und die Position von Objekten in unmittelbarer Nähe überwachen, während Kameras alles um sie herum sehen und herkömmliche Verkehrssignale und -schilder allmählich überflüssig machen. Aktoren steuern die Lenkung, das Bremsen und die Beschleunigung.

Bei Software-definierten Fahrzeugen ist 100 Prozent Konnektivität erforderlich für uneingeschränkten Betrieb. Um vollkommen sicher und völlig autonom zu fahren, können sich die neuen Fahrzeuge nicht auf einen einzigen Verbindungspunkt verlassen. Sie benötigen ein Netzwerk. Im Gegensatz zu einem Mobilfunknetz, das außerhalb von Ballungszentren nicht verfügbar oder aufgrund von Netzüberlastungen oder -ausfällen nicht erreichbar ist, stellt eine Verbindung zu einem Satellitennetzwerk sicher, dass das Fahrzeug niemals außerhalb der Reichweite ist.

Durch den gesamten Prozess werden riesige Datenmengen erzeugt, und die Verwaltung dieser Daten ist eine der wichtigsten Herausforderungen bei dieser Transformation. Während die SAP in die Cloud umsteigt, baut sie Plattformen auf, um die zuvor isolierten analogen Einheiten und ihre Prozesse zu verbinden. Sie unterstützt so den Übergang von einem mechanischen, analogen und nicht verbundenen Fahren zu einem vollständig digitalen, vernetzten Fahrerlebnis, das auf KI und einem ganzen Ökosystem von Apps basiert.

Satellitendaten aus der Raumfahrttechnik unterstützen

„Dies ist ein Paradebeispiel für den Wandel, der in nahezu allen Sektoren stattfindet“, sagte Torsten Welte, Global Head und Vice President des Bereichs Aerospace & Defense bei SAP. Laut Welte werden Unternehmen mehr Satellitendaten nutzen, um ihre Abläufe und Entscheidungsprozesse in Logistik, Fertigung und ESG-Reporting zu optimieren.

„Die Integration von Daten und die Bereitstellung eines einzigen Datenmodells werden für zukünftige KI-Modelle besonders wichtig sein. Tools wie die SAP Business Technology Platform und SAP Datasphere sind darauf ausgelegt, IT-Abteilungen zu helfen, diese Funktionen effizient auszubauen“, erklärte er.

Den Sprung auf den Massenmarkt schaffen

Für Ulrich Hermann und das Team von Einstein Industries Ventures ist klar, dass die neue Automobilindustrie auf die Raumfahrttechnik angewiesen ist. „Es beginnt ein neues Zeitalter, das als Wirtschaft der Dinge bezeichnet wird und Raumfahrttechnologie, intelligente Städte, saubere Energie, ökologische Autos und die Softwarebranche zusammenbringt“, erklärte Hermann.

Die Hauptsorge konzentriert sich darauf, dass die europäischen Akteure in der Raumfahrt und Automobilbranche begonnen haben, sich zu verändern. Aber von den erforderlichen Kernfunktionen sind sie noch weit entfernt. Zum Beispiel sind in den USA die Raumfahrt- und Automobilindustrie dank einer kräftigen Finanzspritze und neuer, risikofreudiger Akteure hier schon zehn Jahre weiter.

„Raumfahrt ist teuer“, so Hermann. „Die EU braucht eine langfristige Vision, um die Entwicklung ihrer Raumfahrtindustrie anzukurbeln.“ Die europäische Politik, die Automobilindustrie und das Raumfahrt-Ökosystem müssen entschlossen handeln und an einem Strang ziehen.

Sobald sie dies tun, werden sie in einer Reihe von Sektoren neue wirtschaftliche Vorteile erlangen. Ebenso wichtig ist, dass Europa von den Vorteilen der Dekarbonisierung profitieren wird, die sich ergeben werden, wenn die sauberen, elektrifizierten Transportmittel die alten, mit fossilen Brennstoffen betriebenen Autos ersetzen.

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