Anfang Mai endete auf der INC-4 in Ottawa, Kanada, eine weitere Runde langwieriger Verhandlungen rund um das UN-Plastikabkommen. Ziel dieser Bemühungen ist es, eine rechtsverbindliche, internationale Vereinbarung zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung zu schaffen, die den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen abdeckt. Die fünfte und letzte Verhandlungsrunde soll bis Ende dieses Jahres abgeschlossen und das Abkommen 2025 förmlich ratifiziert werden.

Der Vertrag stellt eine einmalige Gelegenheit dar, mit Unterstützung durch die Geschäftswelt eine Lösung für die Plastikkrise zu finden. Die Ratifizierung des Abkommens ist somit ein entscheidender Schritt für dieses Vorhaben. Ohne ein Umdenken und effektives Handeln wird sich die Produktion von neuem Kunststoff bis zum Jahr 2040 voraussichtlich verdoppeln. Aktuell werden nur 10 Prozent aller Kunststoffs recycelt, während 19 bis 23 Millionen Tonnen Plastik in unseren Flüssen, Seen und Meeren landen. Darüber hinaus machen die Treibhausgasemissionen, die bei der Herstellung, dem Management und der Entsorgung von Kunststoffen anfallen, rund 3,3 Prozent der weltweiten Emissionen aus. Kunststoffe wirken sich auch auf die menschliche Gesundheit aus – etwa in Form von Plastikpartikeln, die in menschlichem Blut gefunden wurden.

So hilft SAP beim Management von Vorschriften für Plastikmüll

Glücklicherweise ist man sich weltweit einig, dass wir dringend handeln müssen, um einen Ausweg aus dieser ökologischen Krise zu finden. Aus diesem Grund arbeiten im Rahmen der UN-Initiative 160 Länder und Hunderte von Organisationen gemeinsam daran, gegen die Verschmutzung durch Plastik vorzugehen.

Ein Abkommen für die gesamte Wertschöpfungskette von Kunststoffen

Die Prozesse, die während des Lebenszyklus von Kunststoffen anfallen, sind stark fragmentiert. Aktuell wird die Produktion von Neupolymeren durch Finanzströme finanziert, während im Rahmen eines linearen Materialflusses weiter neue Kunststoffe auf den Markt gebracht werden.

Im Mittelpunkt der Verhandlungen für das Abkommen steht die Regulierung der Produktion und des Verbrauchs von Plastik. Dabei werden alle Phasen der Wertschöpfungskette berücksichtigt, von der Herstellung der Primärpolymere bis hin zur Entsorgung von Plastikmüll. Neben Ideen für Produktdesigns zur Vermeidung von Plastik und dem Recycling von Kunststoffen steht auch die erweiterte Herstellerverantwortung im Mittelpunkt der Debatten; so sollen die umweltschädlichsten Unternehmen stärker in die Verantwortung gezogen werden, während nach Wegen gesucht wird, einen „gerechten Übergang“ für die von der Verschmutzung am stärksten betroffenen Regionen zu gewährleisten.

Das Abkommen ist ein äußerst ambitioniertes Projekt. Es geht darum, Produkte neu zu gestalten und eine Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen, indem Produkte repariert, wiederverwendet und recycelt werden. Zudem muss es wirtschaftlich rentabler gemacht werden, recycelte Kunststoffe anstelle von Neupolymeren zu nutzen.

Im Zuge des Abkommens entstehen auch neue Arbeitsplätze, Märkte und Geschäftsmöglichkeiten. Zudem wird die Erforschung und Entwicklung von Kunststoffalternativen gefördert, um die gesundheitsschädlichen Schadstoffe zu beseitigen, die in jeder Phase der Kunststoffherstellung freigesetzt werden. Außerdem müssen Abfallmanagementsysteme weiterentwickelt werden, um die Auswirkungen von Kunststoffabfällen zu bewältigen.

SAP unterstützt die Business Coalition

An der von der Ellen MacArthur Foundation und dem World Wildlife Fund (WWF) ins Leben gerufenen Business Coalition for a Global Plastics Treaty sind Unternehmen und Finanzinstitutionen beteiligt, die sich für die Schaffung eines umfassenden, wirksamen und rechtsverbindlichen Vertrags einsetzen, der die Plastikverschmutzung eindämmen soll.

„Um die Umweltverschmutzung durch Plastik zu beenden, benötigen wir tatkräftige politische Unterstützung sowie ein schnelles Handeln seitens der Wirtschaft. Das weltweite Plastikabkommen bietet die einmalige Gelegenheit, die richtigen rechtsverbindlichen Regelungen, Maßnahmen und Anreize zur Bewältigung dieses globalen Problems zu schaffen“, sagt Rob Opsomer, Executive Lead für Plastics and Finance bei der Ellen MacArthur Foundation.

Die „Business Coalition for a Global Plastics Contract“ mit ihren über 200 Mitgliedern, darunter auch die SAP, fordert globale wirtschaftliche Regelungen, die auf einheitlichen Vorschriften fußen und den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffprodukten abdecken. Auf diese Weise sollen auf der ganzen Welt faire Voraussetzungen geschaffen werden, sodass Unternehmen und Investoren leichter vor- und nachgelagerte Lösungen skalieren, in die richtigen Bereiche investieren und neue Innovationen fördern können. 

„Seit Jahrzehnten unterstützt SAP-Software unsere Kunden bei der Verwaltung von Materialflüssen, einschließlich Kunststoffen“, sagt Natasha Pergl, Global Sustainability Lead bei SAP Consumer Products. „Wir wissen aus erster Hand, vor welchen Herausforderungen unsere Kunden bei der Verwaltung des komplexen und fragmentierten Netzwerks von Vorschriften stehen. Diese Vorschriften machen es schwierig, aktuelle Materialflüsse nachzuvollziehen und vorgelagerte Maßnahmen mit nachgelagerten Lösungen abzustimmen.“

SAP fordert Harmonisierung

Um einen systemischen Wandel zu erreichen, sind Zusammenarbeit und gemeinsame Innovation unerlässlich. Wichtig ist dabei eine effektive und gut funktionierende Kommunikation. Und um die Informationslücke zu schließen und eine integrative Wertschöpfungskette für Kunststoffe zu ermöglichen, sind die passende Software und Netzwerktechnologie unerlässlich. Das Abkommen muss die Grundlagen für einheitliche Vorschriften und einen vereinfachten Informationsfluss schaffen sowie die Umsetzung globaler Regelungen vorantreiben.

Das setzt vier wesentliche Elemente voraus:

  • Gemeinsame Definitionen für Kunststoffe und Verpackungen zur Gewährleistung des gegenseitigen Verständnisses und der Zusammenarbeit: Diese Definitionen gelten für die Kategorisierung verschiedener Kunststoffpolymere und die Strukturierung, Bezeichnung, Verpackung und den Verkauf von Produkten.
  • Standardisierung entlang des gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen, Festlegung von Kriterien für die Produktgestaltung, Regelungen über erweiterte Herstellerverantwortung und Bewertung der Recyclingfähigkeit: Diese Standards werden Unternehmen helfen, das Konzept der Zirkularität und Wiederverwertung anzugehen. Dadurch wird sichergestellt, dass strategische Entscheidungen von den Möglichkeiten der nachgelagerten Infrastruktur bestimmt werden. Und es wird deutlich, wo weiterer Investitionsbedarf besteht.
  • Standardisierte nationale Regeln zur Offenlegung, um Einheitlichkeit, Vergleichbarkeit und Informationstransparenz zu gewährleisten: Diese Regeln sind für Investoren und Aufsichtsbehörden von entscheidender Bedeutung, da sie ihnen eine Grundlage für politische Steuerung und Entscheidungsfindung bieten. Außerdem können die Unternehmen so das gesamte Potenzial KI-basierter Innovationen nutzen, um Lösungen in großem Maßstab zu beschleunigen.
  • Anerkennung der Bedeutung von Tools für die Rückverfolgbarkeit: Verbesserte Daten und die Nutzung digitaler Nachverfolgung werden für echten Fortschritt sorgen.

„Die Ziele unseres Abkommens sind anspruchsvoll, doch durch eine Vereinbarung, die sich auf weltweite Standards für Produktdesign und Materialverwertung, erweiterte Herstellerverpflichtungen und den sorgfältigen Umgang mit bedenklichen Chemikalien fokussiert, können wir das Potenzial der globalen Wirtschaft ausschöpfen und die notwendigen Lösungen bereitstellen. Vor allem verfügt die SAP über die notwendigen Prozesse und Systeme, um Unternehmen dabei zu unterstützen, Chancen zügig zu ergreifen, eine breite Wirkung zu erzielen und die Plastikverschmutzung zu beenden“, sagt Stephen Jamieson, Global Head of Circular Economy Solutions bei SAP.

Nachhaltigkeit und künstliche Intelligenz gehen Hand in Hand

Softwarelösungen wie SAP Responsible Design and Production und SAP Green Token bieten Unternehmen bereits die Möglichkeit, das Design ihrer Produkte zu steuern und zu überwachen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um nachhaltiger zu werden und auf eine Kreislaufwirtschaft umzusteigen. Um einen systemischen Wandel – geprägt von verstärkter Zusammenarbeit und Innovation – zu erreichen, ist ein effizienterer Informationsaustausch notwendig.

Die Rolle der KI

Einheitliche Terminologie, standardisierte Kriterien und Offenlegungspflichten haben einen klaren Vorteil: Sie helfen Unternehmen, KI zu nutzen. Beispielsweise soll KI im Produktionsprozess eingesetzt werden, um Neupolymere zu reduzieren und die Material- und Lieferketteneffizienz zu steigern. Und in nachgelagerten Prozessen wie Abfallsortierung, Materialrückgewinnung, Qualitätskontrolle, Ermittlung von Trends in Abfallströmen und vorausschauenden Analysen wäre die Nutzung von KI ebenfalls möglich.

Mutig an die Sache herangehen

Die Gespräche in Ottawa waren produktiv und konzentrierten sich darauf, die Produktion von Kunststoffen zu begrenzen. Während der Gespräche reichten Ruanda und Peru einen Antrag ein, den weltweiten Verbrauch von primären Kunststoffpolymeren bis 2040 um 40 Prozent gegenüber dem Stand von 2025 zu reduzieren. Ihre Zielvorstellung ist, dass diese Vorgabe rechtlich bindend sein soll, ähnlich wie das Pariser Abkommen zur Begrenzung der Erderwärmung.

Verlässliche Daten und Systeme für den Informationsaustausch sind von entscheidender Bedeutung, um Unternehmen bei der Umsetzung eines solchen Vertrags zu unterstützen. Nur durch die Verknüpfung von Datenpunkten entlang der Lieferkette und über die einzelnen Rechtsordnungen hinweg können Materialströme und Emissionsquellen vollständig verstanden werden.

Die nächste Verhandlungsrunde (INC-5) wird im November 2024 in Busan (Südkorea) stattfinden, wo über den endgültigen Text abgestimmt wird. Die Ratifizierung ist dann im Jahr 2025 vorgesehen.

Weitere Informationen:


Heather Davies ist Brand Journalist.

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