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Robotik erlaubt kundenindividuelle Massenproduktion

In der industriellen Fertigung kommen seit vielen Jahren Roboter zum Einsatz. Je nach Anwendungsfall gibt es unterschiedliche Umsetzungskonzepte der Robotik.


Die SAP hat ein neues Magazin namens Horizons by SAP ins Leben gerufen, in dem führende Persönlichkeiten aus verschiedenen Unternehmen der Technologiebranche weltweit ihre Vision von der Zukunft der IT beschreiben. Andreas Bauer, Software-Architekt in der Abteilung Automotive bei der Kuka AG, erklärt, wie sich die Effizienz der Fertigungsprozesse durch den Einsatz von Robotern optimieren lässt.


Einige Hersteller nutzen Robotik, um die Effizienz zu steigern. Man denke an ein einfaches Fließband, wie es einst Henry Ford in seiner Autofabrik einführte. Große stationäre Robotereinheiten sind hinter Absperrungen aufgestellt, die sie von der Belegschaft trennen. Dort können sie ihre Arbeit tun, ohne Mitarbeitern Schaden oder Verletzung zuzufügen. Die Roboter sind schnell und sie werden nicht müde. Der Effizienzgewinn sei nicht von der Hand zu weisen.

Doch Effizienz ist nicht der einzige Vorteil. Da Manufacturing-Execution-Systeme (MES) immer komplexer werden, überlegen Hersteller, wie Robotik in die Planung und den Produktionsbetrieb integriert werden kann. Zum Beispiel können Roboter Autoherstellern helfen, die Abläufe im Montagebereich flexibler zu gestalten, um individuelle Ausstattungen zu ermöglichen. So erhält ein Auto ein Sonnendach und das nächste „Sports Trim“-Auspuffblenden. So können die Hersteller den Anforderungen Ihrer Kunden besser gerecht werden.

Fertigungsinseln statt Fließband

Während Fließbandfertigung noch immer weit verbreitet ist, werden klassische, standortgebundene Robotersysteme abgelöst von flexiblen, mobilen Lösungen mit Selbstlernfähigkeiten, die dazu beitragen, Prozesse zu optimieren. Durch diese Verlagerung ist eine immer stärkere Modularisierung der Produktion möglich.

Modulare Produktion bedeutet flexible Herstellung – kleine Mengen bis zu einer Losgröße von einem Produkt herstellen und dabei profitabel bleiben. Der Wunsch nach flexibler Produktion war ausschlaggebend für die Entstehung von Produktionsinseln.

Diese Gruppen stationärer Maschinen umfassen modernste Robotikgeräte, die zur Herstellung einer Vielzahl wechselnder Produkte eingesetzt werden können. Und da die Anforderungen der Kunden sich stets ändern, können Produktionszellen sich bei Bedarf selbst neu anordnen, um verschiedene Baugruppen oder Endprodukte zu fertigen.

Mobile Transportroboter (Automated Guided Vehicles, AGVs) bewegen sich zwischen den Zellen und bringen die Bauteile und Materialien, die für die Montage- und Fertigungsaufgaben benötigt werden. Sie können auch die erforderlichen Werkzeugsätze transportieren, was die Flexibilität noch weiter erhöht.

Mithilfe eines Navigationsalgorithmus erreichen sie die jeweiligen Produktionszellen. Sobald der Transportroboter bei der Zelle ankommt, greift er das Werkstück oder Bauteil. Ein zweiter Roboter in der Zelle hält das andere Bauteil und so werden die beiden Elemente zu einer Baugruppe zusammengefügt. Ein dritter Roboter schweißt die Teile zusammen. Darüber hinaus werden einige mobile Transportroboter durch einen statischen Produktionsroboter ergänzt. Der mobile Roboter bewegt sich von Zelle zu Zelle und der statische Roboter führt, wann immer nötig, seine Aufgabe aus.

An den Transportrobotern angebrachte Sensoren scannen die Umgebung und das Navigationssystem ermittelt, wo sich die Roboter der Flotte befinden. Dazu verwendet es einen schematischen Grundriss des Fertigungsbereichs. Durch die Abstimmung von MES-Systemen und Robotern können diese Aufgaben schnell und leicht durchgeführt werden. So lässt sich die gesamte Produktion erheblich optimieren.

Flexible Produktion mit künstlicher Intelligenz

Eine derart flexible Produktion erfordert die Echtzeit-Koordination von Bedarf, Zeitplänen und allen Robotern während der Arbeitsprozesse. Die dafür notwendige Software basiert auf künstlicher Intelligenz. Sie verfolgt und bestimmt, wo sich die beweglichen Roboter befinden und welche Komponente oder welches Werkzeug der Transportroboter an den Roboter liefern muss. Die Roboter sind in der Lage, die Bauteile schnell vorzubereiten, sodass Montagearbeiten oder andere Aufgaben effizient ausgeführt werden können.

Eine flexiblere, matrixartige Produktion kann für Hersteller zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden. Im Vergleich zu Konzepten, bei denen die Einheiten starr miteinander verbunden sind, erhöht eine robotergestützte Fertigung die Flexibilität und Vielseitigkeit und optimiert die Produktionsdurchführung. In Zukunft könnte diese Technologie sogar zu modularen und mobilen Fabriken führen.

Lassen Sie sich nicht durch vorgefasste Meinungen davon abhalten, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, Ihre Fertigung durch Robotik und Modularisierung zu optimieren.

Das optimale Gleichgewicht zwischen Modularisierung und Standardisierung

Wichtig ist, sich darüber im Klaren zu sein, dass nicht jede Fertigung durch die gleiche Robotik unterstützt werden kann. Ein Automobilhersteller hat andere Prozesse als ein Halbleiterhersteller. Damit Roboter breiter eingesetzt werden, müssen sie domänenunabhängig erstellt werden.

Die Roboterfunktionen müssen sozusagen modularisiert sein. Dies erfordert ein gewisses Maß an Standardisierung über alle Anwendungsfälle hinweg. Die Grundausstattung – wie Bewegungsmelder, Greifer, Gelenke, Spracherkennungssysteme und Schweißzellen – kann modellübergreifend verwendet werden und rasch an verschiedenste Anforderungen und Anwendungsfälle angepasst werden.

Da Roboter in komplexen Prozessen eingesetzt werden, müssen auch die angeschlossenen Backend-Lösungen standardisiert sein. Ein Bereich, in dem die Weichen in Richtung Fortschritt gestellt sind, ist die technische Integration von Robotern in MES-Lösungen. Durch die Entwicklung von Robotern, die sich flexibel an die unterschiedlichsten Anforderungen anpassen können und dabei weiterhin mit anderen Anwendungen interagieren, lässt sich die Zusammenarbeit zwischen diesen Technologien verbessern.

Robotik = kundenindividuelle Massenproduktion =

höhere Kundenbindung

Während im Bereich Standardisierung noch Handlungsbedarf besteht, werden Roboter bereits eingesetzt, um Personalisierung möglich zu machen – im Hinblick auf Kosten, pünktliche Lieferung, operative Logistik und andere wichtige Kennzahlen. Wie bereits erwähnt, können Roboter eingesetzt werden, um Anpassungen vorzunehmen – sogar bei Modellen der Fließbandproduktion. Produktionszellen sind jedoch zukunftsweisend, wenn es darum geht, die Flexibilität zu erhöhen und schneller auf die Kundennachfrage zu reagieren.

Heutzutage konkurrieren viele Unternehmen miteinander um das Kundenerlebnis. Das Produkt, das von den Herstellern entwickelt wurde, ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Erlebnisses. Und die Fähigkeit, das Produkt an die individuellen Erwartungen und Wünsche der Kunden anzupassen, kann einen großen Unterschied machen.

Mit dem Konzept der Produktionszellen ist eine hohe Flexibilität in der Massenproduktion möglich. Mit Robotern und Menschen, die zusammenarbeiten, können Unternehmen einzigartige Produktionsabläufe koordinieren. Das Ergebnis wird meist „kundenindividuelle Massenproduktion“ genannt oder die Fähigkeit, das zu liefern, was der Kunde wünscht – mit kurzen Lieferzeiten und optimalen Preismodellen, die sowohl Umsatz als auch Rentabilität steigern. Autohersteller können beispielsweise nahezu jede Kombination von Optionen anbieten, anstatt große Stückzahlen von Autos in den drei oder vier aktuell geführten Produktlinien zu produzieren.

Hersteller von Unterhaltungselektronik können den Anforderungen hinsichtlich Speicherkapazität oder Bildschirmgröße gerecht werden. Sie müssen nicht mehr große Mengen im Voraus produzieren und darauf hoffen, dass diese auch verkauft werden. Schuhproduzenten können ihre Designprozesse für Kunden öffnen und dann genau das liefern, was der Kunde kreiert hat.

Diese Art der Massenproduktion wird bereits so umgesetzt – mit Robotik und modularen Produktionsverfahren. Dank der Verbesserungen in der Robotik wird es für Hersteller noch einfacher werden, ihre Kunden unmittelbar in das Produkterlebnis mit einzubeziehen – von der Entwicklungsphase bis zur Produktion. Modulare Robotertechnologien sind dafür prädestiniert personalisierte Produkte zu erstellen. Sie helfen Herstellern, die Kundenbindung und Kundenbeziehung zu stärken.


Andreas Bauer ist Software-Architekt bei Kuka.

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