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Pierre-Luc Bisaillon, ist seit kurzem Chief Information Officer bei der Cirque du Soleil Entertainment Group. Der engagierte Vater, begeisterte Sportler und Musiker ist auch ein langjähriger Topmanager mit über 20 Jahren Erfahrung in der IT-Branche. Darüber hinaus hat er einen beeindruckenden Hintergrund in den Bereichen Strategie, Beratung und Unternehmertum. Im Interview erläutert er seine Sicht auf den IT-Sektor.

Was sind Ihre Aufgaben als CIO des weltweit führenden Live-Entertainment-Unternehmens? Wie sehen diese im Einzelnen aus?

Als CIO von Cirque du Soleil habe ich drei Aufgabenfelder: Zunächst sind wir, wie zu erwarten, für die Technologie-Infrastruktur zuständig – also das Netzwerk, die Telekommunikation, die Rechenzentrum-Services sowie das Computing der Endanwender. Hier haben wir interessante Herausforderungen, da unsere Tourneen alle drei Monate umziehen und wir manchmal Netzwerk-Equipment an schwer zugänglichen Orten wie Parks und Parkplätzen installieren müssen. Und wir müssen jedes Mal ein leistungsstarkes Netzwerk auf die Beine stellen!

Cirque du Soleil CIO Pierre-Luc Bisaillon über seine Ziele in der IT.
Pierre-Luc Bisaillon spricht über seine Aufgaben als CIO bei Cirque du Soleil.

Das zweite Aufgabenfeld betrifft alle typischen Anwendungen, die wir dem Unternehmen für das Management der Finanzen, der Mitarbeiter, des Einkaufs und anderer Dinge zur Verfügung stellen. Auch hier haben wir interessante Herausforderungen: Wir müssen Umsätze in ganz vielen verschiedenen Währungen verarbeiten und im Personalwesen Mitarbeiter unterstützen, die das ganze Jahr über auf der ganzen Welt unterwegs sind. Hier müssen wir beispielsweise sicherstellen, dass ihre Einreisedokumente immer korrekt sind.

Unser dritter Bereich ist wahrscheinlich derjenige, bei dem wir etwas anders oder sagen wir mal kreativer sind als andere IT-Abteilungen. Wir arbeiten eng mit unserer Kostümabteilung zusammen, da wir, wie Sie wissen, alle Showkostüme in unserer Zentrale in Montreal entwerfen und herstellen. Und wir stimmen uns eng mit unserem Casting und Performance Team ab, das unsere neuen Artisten einstellt. Diese Bereiche haben nur wir, und wir versuchen im Hinblick auf die IT innovativere Lösungen in unserem Unternehmen einzusetzen.

Technologie zum Wohle der Gemeinschaft einsetzen

Haben Sie neben Ihrem Auftrag, den Sie im Unternehmen erfüllen, so etwas wie eine persönliche Mission – einen bleibenden Beitrag, den Sie für die Gemeinschaft leisten möchten?

Wenn es ein höheres Ziel gibt, auf das ich mein ganzes Berufsleben und auch privat hinarbeite, ist das wohl Technologie zum Wohle der Gemeinschaft einzusetzen.

Bei mir hat sich schon immer alles um Technologie gedreht. Und ich habe immer geglaubt – auch schon in der Anfangszeit des Internets –, dass Technologie nicht nur für Unternehmen, sondern auch für die Gemeinschaft und die Menschen genutzt werden soll. Das war eigentlich immer mein höheres Ziel.

Wie sind Sie zu dieser Branche gekommen? Was war Ihr erster Job in der IT?

Eigentlich kann man sagen, dass ich mich die meiste Zeit meines Berufslebens im Dreieck zwischen Strategie, Technologie und Unternehmertum bewegt habe. Die meisten meiner verschiedenen Jobs hatten einen dieser drei Dinge als Schwerpunkt. Aber um auf Ihre Frage zu antworten: Mein erster Job in der IT war 2007 bei Dell, wo ich im globalen Professional-Services-Team arbeitete.

Zuletzt habe ich dort als Vertriebsmitarbeiter einen großen Deal gelandet: Ich habe Laptops an ein großes Unternehmen mit weltweit 20.000 Mitarbeitern verkauft. Das war ein Riesendeal, und dabei wurde mir auch klar, wie sich der Wert (und die Marge) bei Hardware- und Services-Deals unterscheiden. Diese Erkenntnis hat mich dann auch dazu gebracht, mich in Richtung Cloud Computing zu orientieren, da ich hierin einen wichtigen Trend sah.

Mein beruflicher Hintergrund: Ich habe Elektrotechnik an der McGill University in Montreal studiert. Ein paar Jahre habe ich für einen Grafikkartenhersteller gearbeitet, was man wohl auch als Schnittstelle zur IT bezeichnen kann. Wenn man IT etwas weiter fasst und nicht nur auf eine IT-Abteilung in einem Unternehmen beschränkt, kann man wohl sagen, dass ich seit Anfang meines Berufslebens immer im Bereich Technologie gearbeitet habe.

Weiterentwicklung der IT in Unternehmen

Was waren Ihre größten Herausforderungen als IT-Chef?

Das ist die 1-Million-Dollar-Frage! Ich würde sagen, die stetige Weiterentwicklung dessen, was IT für Unternehmen ausmacht. Die heutigen IT-Organisationen müssen von den traditionellen Services zu einem eher verteilten Modell übergehen, dass viel mehr die Nutzer miteinbezieht – denn heute ist jeder im Unternehmen ein IT-Konsument.

Jeder Mitarbeiter kennt sich heute mit IT viel besser aus als früher. Das Modell, was wir tun und wie wir es tun, entwickelt sich ständig weiter. Wir müssen immer einen Schritt voraus sein und dafür sorgen, dass unsere Aufgabe, wie wir das Unternehmen unterstützen, klar ist.

Wie wir auf die Branche reagieren, wie wir den Bedürfnissen unserer Mitarbeiter nachkommen und wie wir auf das Unternehmen reagieren, sind heute meine größten Herausforderungen.

Auf was sind Sie besonders stolz?

Ich würde sagen auf meinen Wechsel in diese CIO-Position. Wenn man gleichzeitig den Job und das Unternehmen wechselt, sind ein paar schnelle Erfolge wichtig. Man muss sich aber auch die Zeit nehmen, die Organisation als Ganzes, ihre Kultur, ihre Prozesse und Arbeitsweisen kennenzulernen. Ganz besonders reizt mich die Herausforderung, die IT-Organisation hier weiterzubringen und noch moderner zu gestalten.

Sie sind noch kein Jahr CIO. Was ist bisher Ihre wichtigste Erkenntnis als IT-Chef?

Eine wichtige Erkenntnis ist, dass „die beste Idee eines Einzelnen sich nicht immer durchsetzt“. Wenn man Erfolg haben will, muss man die Umgebung, die Leute und die Systeme, mit denen man zu tun hat, verstehen. Es nützt nichts zu versuchen, die perfekte Lösung in einem Vakuum zu entwickeln. Besser ist es, die Fragestellung weiter zu fassen, sich mit mehr Leuten zu unterhalten, mehr Faktoren zu berücksichtigen und auch ein paar Kompromisse zu machen.

Eines meiner Prinzipien ist: „Konzentriere dich auf Einfluss, nicht Kontrolle.“ Manchmal ist das aber leichter gesagt als getan! Aber dies ist meiner Ansicht nach wichtig, wenn man als moderne IT-Organisation erfolgreich sein will.

Vielen Dank für diesen Karrieretipp! Wenn wir jetzt mal in die Zukunft blicken: Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Rolle des CIO künftig entwickeln?

Ich denke, alles entwickelt sich mit der Zeit weiter. Aber, um es ganz einfach auszudrücken: Die Rolle muss zum Unternehmen passen – dazu, wo es steht und wie es Informationstechnologie einsetzt. Es muss zu den Anforderungen des Unternehmens passen. Versucht das Unternehmen beispielsweise Prozesse zu verbessern, zu verändern oder eine ganze Branche umzugestalten? Welchen Einfluss hat das digitale Ökosystem auf dieses Unternehmen und die Branche?

“Ein CIO muss Erfahrung haben in den Bereichen Technologie, Strategie und Unternehmertum.” (Pierre-Luc Bisaillon, CIO bei Cirque du Soleil)

Ich habe das bereits gesagt, aber ich denke, ein CIO muss Erfahrung haben in den Bereichen Technologie, Strategie und Unternehmertum. Der CIO hat die Aufgabe festzulegen, wie das gesamte Unternehmen Technologie sinnvoll einsetzen kann – und nicht so sehr, wie man eine IT-Abteilung leitet. Und ich glaube, dass ganz allgemein diese Rolle weiterhin einen großen Einfluss auf die Unternehmensstrategie haben wird.

Welche Technologien werden Ihrer Ansicht nach den größten Einfluss auf die Zukunft der Cirque du Soleil Entertainment Group haben?

Viele aktuellen und neueren Technologien werden uns helfen, unsere Ziele zu erreichen – von modernen Daten- und Analyse- bis hin zu ERP- und Digital-Marketing-Plattformen.

Aber auch wenn sich die Technologie stark ändert – unser Ziel, der weltweite Marktführer im Bereich Live Entertainment zu bleiben, ändert sich nicht. Ich glaube, einige Dinge werden sich nicht ändern, unter anderem das Live Entertainment zwischen Künstler und Zuschauer, das weiterhin ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft bleiben wird.

Dieser Artikel erschien zuerst im Digitalist Magazine.