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Basketball im Sitzen? Was zunächst gemütlich klingt, ist in Wahrheit eine spektakuläre Sportart auf Rädern: Rollstuhlbasketball. Ein Spiel mit hoher Dynamik, wie SAP-Kollege Markus Bucher erzählt.

Eine Sporthalle in Heidelberg-Kirchheim am Samstagnachmittag. Der Basketball tänzelt auf der Ringkante des Heidelberger Korbs und geht am Ende doch nicht durch das Netz. Zwischen den großgewachsenen Centerspielern entsteht ein heißer Fight um den Rebound, bevor die Heimmannschaft den Ball erobert. Ein schneller Pass zum Spieler an der Mittellinie, und noch bevor die gegnerische Verteidigung wieder Stellung beziehen kann, stürmen die Angreifer in Richtung Korb. Mit an der Spitze: SAP-Kollege Markus Bucher.

Was nach einem klassischen „Fastbreak“ im Basketball klingt, ist in diesem Spiel jedoch etwas anders – alle Spieler sitzen in Rollstühlen! Wer sich nun allerdings einen langsamen, gemächlichen Wettkampf vorstellt, der täuscht sich. Das hohe Tempo, in dem die Spieler über das Parkett rasen, und besonders das Krachen und Scheppern der aufeinanderprallenden Geräte haben schon so manchen Zuschauer von der Tribüne aufschrecken lassen.

Mit vollem Körpereinsatz wird um jeden Ball gekämpft.

Markus Bucher, Scrum Master und Senior Developer in der Intelligent Enterprise Group kann sich heute allerdings nur schwer vorstellen, Basketball ohne Rollstuhl zu spielen. Das war nicht immer so. Im Alter von 16 Jahren begeisterte sich Markus zuerst für „normalen“ Basketball – oder wie die Rollstuhlsportler es nennen „Fußgängerbasketball“. Im Erwachsenenalter führte ihn jedoch eine Meniskus-Verletzung zum Rollstuhlbasketball.

Für Markus, der selbst keine Behinderung hat, stellte sich schnell heraus, dass der unabhängige Paralympics-Sport für ihn viel mehr ist als eine notgedrungene Alternative.

Vom Ersatzsport zur Sportliebe

An seine Anfänge erinnert sich Markus noch ganz genau: „Nichts war so, wie ich es kannte. Während es beim Basketball für mich sehr auf die Laufgeschwindigkeit ankam, brachte mich genau das im Rollstuhl zu Fall. Mehr als einmal hat es mich samt Stuhl wortwörtlich „hingelegt“. Die Geschwindigkeit des Geräts zu kontrollieren und dabei aufmerksam das Spiel zu folgen, ist eine besondere Herausforderung.“ Unglaublich schnell rollen die Spieler von einer Seite des Spielfelds zur anderen und haben keine Angst vor einem Aufprall mit anderen Mitspielern. Genau das fasziniert Markus. Doch erst nach etwas Übung gelang es ihm mitzuhalten: „Als ich nach all den Anstrengungen den Ball zum ersten Mal im Korb versenkt habe, war das ein unbeschreibliches Gefühl.“ Inzwischen spielt Markus, seiner Mannschaft in Heidelberg-Kirchheim, und stieg im Verlauf der Zeit sogar zum Trainer und Vorstandsvorsitzenden der Mannschaft auf.

„Was ist schon ‚normal‘?“

Markus begeistert sich vor allem auch für die Vielfalt im Rollstuhlbasketball: „Rollstuhl-Basketball ist der Inklusionssport schlechthin. Bei uns in der Mannschaft spielen Behinderte und Nicht-Behinderte, Frauen und Männer, Senioren und Jugendliche alle zusammen.“ Um zwischen den Teams Fairness zu gewährleisten, wird die Mobilität jedes Spielers anhand eines Punktesystems bewertet. Je nach Behinderungsgrad kann die Zahl zwischen 1 (schwer behindert) und 4,5 (ohne Einschränkungen) variieren. Im Spiel darf der Gesamtwert der auf dem Spielfeld befindlichen Spieler einer Mannschaft nie 14,5 Punkte überschreiten.

Das führt zu Begegnungen wie in keinem anderen Sport. Ein Highlight für Markus war ein Spiel gegen ein Frauenteam mit Mareike Miller, die 2013 deutsche Meisterin in Rollstuhlbasketball wurde und 2012 mit der deutschen Nationalmannschaft in London Gold gewann. Markus erinnert sich: „Das Frauenteam hat uns so richtig fertig gemacht. Nicht mit Kraft, sondern mit Technik, das war unglaublich!“

Für Markus und Mareike ist eine Sache ganz klar. Für sie ist Rollstuhlbasketball normal. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagt Mareike: „Wir finden es auch immer sehr schwierig, wenn jemand vom ,normalen’ Basketball redet, weil für uns der Rollstuhlbasketball das Normale ist. Und letztendlich: wer kann schon definieren, was normal ist?“

In hohem Tempo dribbeln, den Überblick behalten und gleichzeitig den Rollstuhl kontrollieren – das macht die Herausforderung beim Rollstuhlbaseketball aus.

Keine Sonderbehandlung bitte

Als Trainer beobachtet Markus auch immer wieder, wie eine vermeintliche individuelle Schwäche im Team zu einer Stärke wird. So sei es entscheidend, die Schwächen seiner Mannschaftsmitglieder zu kennen und zu respektieren. Markus erklärt: „Es geht nicht darum, wer die meisten Körbe versenkt, sondern wie wir zusammen zum Ziel kommen. Tatsächlich ist es oft so, dass die besten Spieler keinen einzigen Korb machen.“

Luca (24) ist Rollstuhlfahrer und spielt seit zehn Jahren auch Rollstuhlbasketball. Er betont noch einen weiteren Aspekt, der im Sport eine wichtige Rolle spielt: Rollstuhlbasketball ist ein Wettkampf. „Für mich kommt es nicht darauf an, ob jemand laufen kann oder nicht. Ich achte auch gar nicht darauf. Für die Fairness im Spiel gibt es ja das Punktesystem“, erklärt er. Mitleid oder eine Sonderbehandlung würden beim Kräftemessen nur stören.

Einfach mal mitmachen!

Wer die Sport-Erfahrung einmal machen möchte, den lädt Markus zu seiner Mannschaft Rolling Chocolate nach Heidelberg ein. Markus geht es vor allem um die positive Mentalität während des Spiels, die auch im Unternehmen eine wichtige Rolle spiele: „Hier wird der Rollstuhl nicht als Belastung oder Behinderung verstanden, sondern als Sportgerät, mit dem man seine Grenzen testet und überwinden lernt.“ Er sieht dabei auch Parallelen zu seinem Berufsalltag: „Der Zusammenhalt und die gegenseitige Akzeptanz leben wir auch hier bei SAP. Im Team fragen wir immer: Wie geht’s? Wer bist du? Was ist deine Rolle? Los geht’s! Das finde ich unkompliziert und schön.“