Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Produktion gibt es für KMU derzeit einige kaum zu überwindende Hürden. Mit seinem neuen Grünstrom-Marktplatz bricht das Startup DIGITAL Renewables verkrustete Strukturen auf und verschafft Firmen aller Größen Zugang zu Strom aus erneuerbaren Energiequellen.
Die Themen Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit stoßen heute auf eine breite gesellschaftliche Resonanz – und sind auch in den Unternehmen angekommen. Einer aktuellen Befragung durch das Beratungsunternehmen Deloitte zufolge erwarten unterschiedliche Stakeholder-Gruppen innerhalb von Organisationen zunehmend, dass diese selbst einen aktiven Beitrag zur Eindämmung der Erderwärmung und somit zur CO2-Reduktion leisten. Vor allem Kunden und das Top-Management versuchen demnach Firmen zur Veränderung zu bewegen.
Doch obwohl der Handlungsdruck wächst, konzentrieren sich die Maßnahmen der Unternehmen in Reaktion auf den Klimawandel derzeit noch vorrangig auf kurzfristige Kosteneinsparungseffekte, konstatieren die Analysten von Deloitte. Für Lukas Liebler, Co-Founder & Managing Director des Startups DIGITAL Renewables (DR) ist dies jedoch nicht nur eine Frage des Wollens: „Bislang stehen Firmen auf Grund der hohen Instransparenz nur zwei Wege offen, das Thema für sich zu erschließen: über teure Berater von außen oder über eine neu zu schaffende, interne Einheit“, erläutert Liebler die Hintergründe des Status quo. Beide Wege bedeuteten vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen eine enorme Hürde. „Deshalb ist es unsere Aufgabe, Klimalösungen, wie zum Beispiel einen Grünstromliefervertrag als Commodity zu etablieren.“, so Liebler.
Angebot und Nachfrage von Ökostrom auf einem Online-Marktplatz
Mit DIGITAL Renewables wird Bewegung in diesen Markt kommen, verspricht Mitgründer Liebler: Über den Online-Marktplatz auf Basis der SAP Business Technology Platform und der SAP Commerce Cloud finden Produzenten und Abnehmer im Bereich erneuerbare Energien sowie Klimalösungen künftig schneller und einfacher zueinander. „Der Bedarf dafür ist da“, zeigt sich Liebler überzeugt. „Denn auf der einen Seite wird der Bedarf nach grüner Energie auf Unternehmensseite immer größer, während auf der anderen Seite bei der Stromentstehung ein großer Wandel zu beobachten ist: Es gibt immer weniger Großkraftwerke zugunsten kleinerer Ökostromerzeuger. Und es gilt, beide Seiten zusammenzubringen.“ Im Fokus des Startups stehen zunächst zwei Kernprodukte, die für Unternehmen zur Zeit besonders relevant sind, um nachhaltiger wirtschaften und produzieren zu können: die Klimaneutralstellung und Stromlieferverträge, so genannte PPAs (Power Purchase Agreements).
Klimaneutralstellung: Grünstromzertifikate auch für KMU
Fluggäste und Fernbusreisende kennen das Prinzip der Klimaneutralstellung bereits: Für jeden zurückgelegten Kilometer in der Luft oder auf der Straße entrichten Passagierinnen und Passagiere freiwillig eine kleine Abgabe. Sie dient der Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen und ist so kalkuliert, dass sie den CO2-Ausstoß der Reisenden neutralisiert.
Auch Unternehmen können heute selbst verursachte CO2-Emissionen neutral stellen – und zwar beipsielsweise über den Kauf von Zertifikaten bei den Vereinten Nationen im Rahmen der Klimarahmenkonvention (UNFCCC). Auf diese Weise lassen sich ganze Unternehmensfuhrparks, Leasing-Flotten oder Hotelgebäude klimaneutral betreiben. Der Erwerb dieser Zertifikate ist allerdings aufwendig und teuer – weshalb der Zertifikatsmarkt bislang von großen Playern dominiert wird. Doch künftig kommen auch kleinere Anbieter wie auch Abnehmer zum Zuge: Dafür wird DIGITAL Renewables über den DR-Markplatz quasi Micro-Zertifikate pro genutzter Einheit – zum Beispiel eine Hotelübernachtung, ein Autoabo usw. – ausgeben, die sich mit wenigen Klicks anbieten beziehungsweise erwerben lassen. „Digital Renewables hat es geschafft eine leistungsfähige Plattform zu realisieren, die sowohl die Bedarfe der Stromproduzenten abbildet, also auch auf der Abnehmerseite für KMU und Großunternehme gleichermaßen das Sourcing von echtem Grünstrom vollautomatisiert ermöglicht“, resümiert Miriam Mehrtens vom Beirat der DIGITAL Renewables.
Und das bedeutet: KMU können Grünstrom so einfach und individuell buchen wie ein Hotelzimmer. „Technologisch betrachtet handelt es sich hier um eine Los-Größen-Transformation für hoch komplexe Systeme, wie sie etwa ein Hotelbuchungssystem heute darstellt“, erläutert Liebler. „Um die Kosten auf einzelne Buchungen herunterbrechen zu können, benötigen wir jede Menge weiterer Buchungsdetails, im Falle der Hotelbuchung etwa zur Zimmergröße und -ausstattung usw. Dafür müssen unsere Kunden ihre Systeme ein Stück weit öffnen und bleiben dennoch zu jedem Zeitpunkt Eigentümer der Daten.“ Aus diesem Grund sei es für DIGITAL Renewables entscheidend gewesen, mit einem Technologiepartner zu kooperieren, der am Markt über einen hohen technologischen Trust verfügt: „In der SAP haben wir diesen wichtigen Gegenpart gefunden“, so Liebler.
Mit SAP-Technologie zur Marktreife
Die SAP stellt ihrem Partner DIGITAL Renewables die SAP Commerce Cloud als die eigentliche Marktplatzlösung zur Verfügung, berät das Startup aber auch dabei, die eigene Lösung zur Marktreife zu bringen. Der Marktplatz ist zudem mit der SAP Business Technology Platform verknüpft, für alles, was sich nicht über die SAP Commerce Cloud abbilden lässt, wie zum Beispiel das Thema Tarifierung oder der Zugriff auf andere Industrie-Clouds. „Mit DIGITAL Renewables hatten wir die Chance, ein Startup in die Lage zu versetzen, wachsend in den Markt einzutreten und dort eine Innovation von Beginn an digital zu platzieren“, erläutert Mathias Kaldenhoff, Partner Innovation Management im deutschen CTO Office bei SAP, das erbrachte Engagement. „Und die Innovation ist schlicht: einen Handelsplatz für Grünstromzertifikate zu schaffen. Das gibt es bisher nämlich nicht. Es ist uns gelungen, zusammen mit DIGITAL Renewables innerhalb von einem Jahr das Business-Modell dafür zu generieren und zu übersetzen.“
Stromlieferverträge: Günstiger und effizienter dank Standardisierung
Mehr Transparenz, Vereinfachung und damit auch deutlich niedrigere Kosten soll es über den DIGITAL Renewables Marktplatz auch in einem weiteren Geschäftsfeld geben: im Bereich der Stromlieferverträge (Power Purchase Agreements, PPA). Damit Stromproduzenten und -abnehmer eine vertragliche Beziehung miteinander eingehen können, schmieden Juristen bislang noch die spezifischen Vertragsdaten und -konditionen zu einem kundenindividuellen Stromliefervertrag zusammen. „Diese Verträge sind oftmals mehrere hundert Seiten stark und verschlingen Unsummen an Gebühren für die juristische Expertise“, moniert Lukas Liebler. „Künftig kommen Anbieter und Abnehmer von Ökostrom wesentlich einfacher zu ihrem Vertrag: Wir haben in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Schwintowski vom EWeRK der Humboldt Universität ein neues Standard-PPA entwickelt, den jedes Unternehmen ganz einfach online ausfüllen kann“, so Liebler. Auf diese Weise sinken nicht nur die Kosten für das PPA dramatisch. Der Standardvertrag sorgt in Kombination mit der digitalisierten Wertschöpfungskette, wie zum Beispiel bei Finanzierungen, auch für mehr Effizienz und eine Vereinfachung am Ökostrommarkt, was insbesondere kleinen und mittleren Abnehmern wie auch Produzenten zugutekommt.
Aufgrund von Mechanismen wie diesen spricht Mathias Kaldenhoff auch von einer Demokratisierung des Ökostrommarktes durch den Marktplatz: Wo bislang verkrustete Strukturen, ineffiziente Prozesse und intransparente Preise vorherrschten, haben künftig Marktteilnehmer jedweder Größe gleichermaßen die Chance auf eine aktive Beteiligung. Für die SAP schließt sich hier der Kreis zu einer Firmenpolitik, die auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung abzielt: „Wir als SAP streben nicht nur an selbst klimaneutrale Software zu liefern, sondern wir unterstützen auch Firmen, die Klimaneutralität forcieren.“ Und Miriam Mertens ergänzt: „Die Kooperation mit SAP zeigt deutlich, wie die Klimawende zum Tech-Play wird und Digitalisierung der Enabler für ökologische Nachhaltigkeit fungiert.“
Grundstein für eine nachhaltigere Zukunft
Gerade im Bereich Ökostrom gelte es für die Zukunft noch viel Neuland zu entdecken, erklärt Kaldenhoff. Beispielsweise sei gegenwärtig niemand in der Lage, Verbrauchsdaten so auszuwerten, dass es möglich sei den kurzfristigen Strombedarf zu prognostizieren oder große Stromerzeugungsanlagen temporär zu mieten. „Mit dem Grünstrom-Handelsplatz wurde nun der Grundstein dafür gelegt, wichtige Innovationen zu realisieren, die das Thema Nachhaltigkeit in der Industrie entscheidend vorantreiben können.“