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Lager- und Transportmanagement: Wie Logistiker ihre Supply-Chain-Prozesse sicherer und agiler gestalten

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Ob Risikoresilienz, Agilität oder Nachhaltigkeit: Die globalen Lieferketten befinden sich im Umbruch. Eine engere Verknüpfung aller Prozesse, die Kollaboration in Partnernetzwerken und das schnelle Treffen von kontextbezogenen Entscheidungen mit Hilfe von KI prägen diese Entwicklung. Intelligente Lösungen für das Lager- und Transportmanagement sind dabei ein wichtiger Bestandteil.

Dass die durchgängige Digitalisierung der Supply Chains mit cloudbasierten Anwendungen die Widerstandsfähigkeit und Flexibilität der Lieferketten erhöht, ist keine wirklich neue Erkenntnis. Denn dadurch wird der Austausch von Informationen vereinfacht, die Abläufe lassen sich transparent sichtbar machen und die Zusammenarbeit kann verbessert werden.

Doch warum sind die Prozesse im Lager- und Transportmanagement längst nicht so agil und risikoresilient, wie sie es eigentlich heute schon sein könnten? Das größte Hindernis ist nach meiner Erfahrung für viele Unternehmen, dass die einzelnen Teile ihrer Supply Chain immer noch in voneinander getrennten Silos liegen. Sowohl im eigenen Betrieb als auch über Firmengrenzen hinweg.

Diese Unternehmen sind meist in den einzelnen Bereichen richtig gut, doch es hapert an deren Vernetzung untereinander. Wenn man sich beispielsweise die Logistik, die Lagerhaltung oder den Shopfloor in der Fabrik ansieht, sind überall sehr effiziente IT-Systeme mit entsprechenden Prozessen im Einsatz. Gleiches gilt für das Beschaffungswesen oder die Planung im Supply-Chain-Management (SCM).

Ich denke, der Schlüssel für mehr Effizienz liegt darin, diese verschiedenen Disziplinen in der Lieferkette besser miteinander zu vernetzen und – was genauso wichtig ist – das gesamte Unternehmen in ein Geschäftsnetzwerk mit den Lieferanten, Logistikdienstleistern und den Abnehmern der Produkte zu integrieren. Dabei kommt es vor allem auf ein hohes Maß an Transparenz, das rechtzeitige Erkennen von Störungen und auf mehr Flexibilität an, um rasch reagieren zu können.

Unzureichende Reaktionsfähigkeit in Echtzeit ist die größte Herausforderung

Das bestätigt auch eine von Oxford Economics im Auftrag von SAP durchgeführte Umfrage unter 1.000 SCM-Entscheidern in 10 Ländern und 15 Branchen. Danach liegt die unzureichende Reaktionsfähigkeit in Echtzeit mit 40 Prozent an erster Stelle der aktuellen Herausforderungen. Dicht gefolgt von den steigenden Material- und Ressourcenkosten (36 Prozent), einem Engpass bei den vernetzten Technologien (35 Prozent) und der mangelhaften Zusammenarbeit und Transparenz in den Lieferketten (33 Prozent).

Eine bessere Messbarkeit von Nachhaltigkeitskennzahlen stellt gegenwärtig zwar erst für 7 Prozent der Befragten eine Top-Priorität in ihrer strategischen SCM-Planung dar, doch das Thema an sich gewinnt weiter an Bedeutung. „Die Nachhaltigkeit der Lieferkette ist inzwischen kein Modewort mehr, sondern die tiefe Integration dieses Aspekts in das gesamte Unternehmen spielt eine immer größere Rolle“, stellt die Studie fest.

Eine Befragung von 500 Führungskräften aus dem Transportwesen in den USA sieht diesen Trend ebenfalls. Danach sind fast 94 Prozent der Logistiker der Ansicht, dass die wachsende Nachfrage der Verbraucher nach nachhaltigeren Produkten eine Reduzierung von Emissionen in den Lieferketten zu einer der wichtigsten Prioritäten für das nächste Jahr macht.

Drei Säulen einer Strategie für mehr Agilität, Transparenz und Resilienz

Die SAP-Strategie für das Schaffen einer widerstandsfähigeren, transparenteren und agileren Lieferkette basiert auf drei Säulen:

1. End-to-End-Vernetzung aller Prozesse

Es kommt heute und in Zukunft verstärkt darauf an, die komplexen Abläufe in der Lieferkette hocheffizient und automatisiert zu orchestrieren. Der komplette Wertestrom – angefangen von der Beschaffung der Rohmaterialien und die Warenanlieferung, über den Transport und die Lagerhaltung bis zur Produktion und die Distribution an die Kunden – wird dabei digital abgebildet und synchronisiert.

Und dies sowohl über die Grenzen des eigenen Unternehmens hinaus als auch innerhalb einer Fabrik im Bereich der Intralogistik, etwa durch die engere Verknüpfung von Lager und Produktion. Durch den Einsatz von Technologien wie Radio Frequency Identification (RFID), Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data-Analysen lässt sich der Materialfluss optimieren. Im Idealfall verbindet eine zentrale Plattform alle Lagerstandorte und -prozesse miteinander und erhöht so Transparenz und Flexibilität.

2. Kollaboration in Partnernetzwerken

Gemeinsame Netzwerke mit Lieferanten und Logistik- oder Fertigungspartnern ermöglichen den Wechsel vom bloßen Reagieren auf unvorhergesehene Ereignisse zu deren rechtzeitiger Vorhersage und dem sofortigen Ergreifen von Maßnahmen. Dazu trägt auch das Echtzeit-Tracking von Warenströmen und die lückenlose Material-Rückverfolgbarkeit bei.

Als „Champions-League“ sehe ich hier die Fähigkeit eines Unternehmens Unterbrechungen über mehrere Stufen der Lieferantenketten frühzeitig zu erkennen. Diese so genannte Multi-Tier-Visibilität erlaubt es Unternehmen durch programmatisch ausgeprägte Lieferverflechtungen die Auswirkungen von Unterbrechungen in der Supply Chain zu erkennen, lange bevor sie Auswirkungen auf die eigene Produktions- oder Lieferfähigkeit haben.

3. Treffen von kontextbezogenen Entscheidungen

In den ERP-Systemen der Unternehmen schlummern große Datenschätze. Wer die Zusammenhänge von Lieferverflechtungen mit dem Geschäftskontext kennt, kann daraus die tatsächlichen Auswirkungen auf Lieferfähigkeit und Kundenzufriedenheit, aber auch auf Finanzkennzahlen – wie etwa Kosten- und Umsatzauswirkungen – ableiten. Dies gilt besonders für Logistik und Lagerhaltung, die aus kontextbezogenen Entscheidungen erheblichen Nutzen ziehen.

Mit der Unterstützung durch generative KI-Lösungen und Machine Learning (ML) zur Erkennung von Mustern, Risiken oder Chancen lassen sich die Prozesse weiter optimieren und Lieferketten umgestalten. So entstehen Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen durch Aufgaben- und Prozessautomatisierung, prädiktive Analysen und eine entscheidungsunterstützende Szenario-Planung.

Mit KI im Transportmanagement Wareneingangsprozesse signifikant automatisieren

Ein Beispiel für den praktischen Nutzen für den Einsatz von generativer KI, die sogenannte Large Language-Modelle (LLM) nutzt, ist eine smarte Lösung für das Transportmanagement mit automatischer Lieferscheinerkennung und -anlage. Sie unterstützt die schnellere Abwicklung eines alltäglichen Problems, vor dem viele Produktionsunternehmen – zum Beispiel in der Automobilindustrie – heute stehen.

Der typische Fall: Beim Pförtner einer Fabrik stauen sich die LKWs mit Teilen der Zulieferer und bei der Einfahrt muss der Lieferschein mit der Versandvorabmitteilung abgeglichen werden. In über 80 Prozent aller Fälle existiert bereits eine Advance Shipping Notice (ASN), über die sich die notwendigen Informationen schnell im IT-System finden lassen. Doch auch hier müssen oft zahlreiche Fehler durch einen manuellen Abgleich mühsam identifiziert werden. Bei den restlichen 20 Prozent der Anwendungsfälle existiert sogar nur der Papierlieferschein im Cockpit des Fahrzeugs. Hier müssen dann die einzelnen Positionen manuell erfasst werden, was bis zu 40 Minuten Zeit in Anspruch nehmen kann.

Mit der intelligenten Wareneingangslösung von SAP, die mit Hilfe eines LLM entwickelt wurde, kann dieser Abgleich künftig in wenigen Sekunden erfolgen – ohne dass neue Hard- oder Software angeschafft werden muss.  Für das erste Halbjahr 2024 ist es geplant, diese Lösung als integrierten Teil der SAP-Standardsoftware für das Fracht-,  Flotten- und Logistikmanagement anzubieten. Hier ist die generative Business KI zu einem echten Gamechanger geworden, denn bisher gab es für diese Aufgabe keine praktikablen Lösungen. Der Mehrwert durch die pure Zeitersparnis im Wareneingangsprozess pro Werk und Lagerstandort ist bereits enorm – ganz zu schweigen von einem Rollout über dutzende oder gar hunderte von Standorten hinweg.

Den ökologischen Fußabdruck in der Transportplanung berücksichtigen

Ein weiteres Beispiel für den praktischen KI-Einsatz: Bisher unterstützt die SAP Logistikdisponenten bei der Planung von Transportwegen mit Optimierungsverfahren, welche aus der Vielzahl der möglichen Optionen von Logistikdienstleistern und Routen die bestmögliche Variante vorschlagen. Dabei spielen Kriterien wie Kosten, Einhaltung der Liefertermine, verfügbare Verkehrsmittel oder vorhandene Transportkapazitäten eine Rolle. Jetzt erweitern wir diesen Katalog über transportbasierte Emissionskosten um den ökologischen Fußabdruck der Frachtträger und Logistikdienstleister.

In Zukunft wird generative KI nach meiner Einschätzung auch eine größere Rolle einnehmen, um beispielsweise auf neuartige Weise mit einer Optimierungslösung zu kommunizieren. Sprachbefehle beschleunigen manuelle Planungsoperationen oder liefern etwa detaillierte Erklärungen bei Änderungen der Frachtaufträge.

Die aktuellen Logistik-Trends zeigen eindeutig: Automatisierung, Digitalisierung und Integration sind heute wichtiger denn je. Sie ermöglichen transparente, resiliente und nachhaltige Supply-Chain-Prozesse als sichere Basis für eine agile „Just-the-Customer“-Orientierung in der Logistik. Diese neuen Möglichkeiten gilt es nun in den Unternehmen aller Branchen zu nutzen.

Beim Online-Live-Event „SAP Discovery Day Lager- und Transportmanagement“ am 8. November 2023 von 8:00 bis 15:00 Uhr lernen Sie zahlreiche Beispiele aus der Praxis kennen. Erfahren Sie aus erster Hand, wie Sie Ihre Logistikabläufe mit den intelligenten Cloud-Technologien von SAP und Partnern sicherer und agiler gestalten können. Mehr Informationen und Registrierung unter www.sap.de/lager-transport