Alles unter einem Dach: Energie, Trinkwasser, Telekommunikation und Mobilität. Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm wollen ihr großes Angebot mit einer neuen Kundenplattform noch besser vermarkten SAP-Lösungen helfen ihnen dabei, ihre Kunden noch besser kennen zu lernen.
Lars Müller bezieht Strom der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU). Wenn er das Servicecenter wegen einer Abrechnungsfrage anruft, soll ihm künftig auch gleich ein Bündelprodukt angeboten werden: eine ÖPNV-Monatskarte für seinen schulpflichtigen Sohn zum Vorzugspreis oder ein attraktives Glasfaser-Angebot für sein Haus im Grünen.
Mit einer neuen Vertriebs- und Serviceplattform für Privatkunden wollen die SWU der Konkurrenz Paroli bieten. Zu Beginn stand die Erkenntnis: Stadtwerke können sich mit Billiganbietern nicht dauerhaft in einen Preiskampf begeben. Dafür haben sie andere Qualitäten, die sie noch mehr herausstellen wollen.
SWU: Ganz viele Angebote aus einer Hand
Was Lars Müller und die heute rund 200.000 Kunden – sowie alle Nichtkunden – wissen sollen: Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm vertreiben in Ulm, Neu-Ulm und um Ulm herum nicht nur Strom, Erdgas und Fernwärme. Sie kümmern sich auch ums Trinkwasser, um Glasfaserkommunikation und ein Bus- und Straßenbahnnetz mit derzeit 19 Linien.
Neben der Holding gehören zu den Stadtwerken fünf operativ selbstständige Gesellschaften: SWU Energie, Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm Netze, SWU Verkehr, SWUmobil und SWU TeleNet.
Nicht jeder, der von den SWU eine Leistung bezieht, kennt auch die anderen Angebote. Aber auch für die Stadtwerke selbst war es bisher nicht einfach, zu erkennen, wer bei ihnen schon was nutzt. Dazu muss man wissen, dass es bei Energieversorgern sein kann, dass die Servicemitarbeiter auf bis zu acht unterschiedlichen Oberflächen gleichzeitig unterwegs sein müssen.
Aber kein einheitlicher Blick auf die Kunden
Denn die Kundendaten liegen in getrennten Silos – für die Kundenbindung und das Up- und Cross-Selling eine schlechte Ausgangssituation. „Das liegt an der Historie“, sagt Antonija Scheible, Chief Digital Officer und Chief Information Officer der SWU. „Wir müssen einen einheitlichen 360-Grad-Blick auf den Kunden, seine Bedürfnisse und Wünsche bekommen.“
Geholfen hat den SWU dabei der SAP-Partner Reply aus München. „Das hört sich erst einmal trivial an, ist es aber nicht, da die Kunden in unterschiedlichen Backend-Abrechnungssystemen liegen“, erläutert Paul Philipp Bodenbenner, Partner bei Power Reply. „Keiner konnte in die Silos der anderen Gesellschaften hineinschauen. Das wollten wir aufbrechen.“
Dieser Beitrag ist Teil der Themenserie
Serie: SAP-Lösungen für die Versorgungswirtschaft
Erfahren Sie alles über die neuesten Trends im Bereich Versorgungswirtschaft. Finden Sie heraus, wie das intelligente Versorgungsunternehmen der Zukunft jeden einzelnen Kunden begeistert und welche Szenarien Ihnen die größten Mehrwerte eröffnen.
Weitere Artikel der Serie:
- Digitale Daseinsvorsorge: rku.it setzt bei ihrer NextGen-Plattform auf SAP S/4HANA
- Aktuelle Trends im Utility-Sektor: von Smart Home bis Sektorkonvergenz
- SAP Roadmap for Utilities: So werden Energieversorger effizienter und agiler
- Customer Experience: Kunden im Versorgungssektor intelligent binden mit dem SAP CX-Portfolio
- ERP im Versorgungsunternehmen: Viel Anlauf, weiter Sprung bei den Stadtwerken Pforzheim
- User Experience: Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm bekommen 360-Grad-Blick auf die Kunden
- Starke Partnerschaft: SAP und E.ON entwickeln neue Prozess- und Technologieplattform
- Experte im Interview: SAP S/4HANA Utilities beschleunigt die Time-to-Market ganz erheblich
- Zweite Generation der SAP Utilities-Lösung: Freiräume für Innovationen schaffen
- Podcast: Was steckt hinter der Industry Cloud von SAP?
- Windstromanbieter: Siemens Gamesa treibt Energiewende mit SAP S/4HANA voran
Neue Bündelangebote statt altes Silo-Denken
Mithilfe des SAP Marketing Moduls ist das IT-Team das Problem angegangen. „Wir bilden für diejenigen, die es uns erlauben, Kundenklammern über die gesamte SWU“, sagt die CIO. „Dadurch können wir die Kundengruppen viel besser segmentieren und anschließend gezielter ansprechen.“
Das Projekt diene auch der Zukunfts- und Überlebensfähigkeit der Stadtwerke, indem die Gewinnmöglichkeiten des Unternehmens dauerhaft gesichert werden. Die Herausforderungen der Energiebranche seien dabei ähnlich wie bei den Telekommunikationsunternehmen – mit einem entscheidenden Unterschied, den auch schon CIO Scheible erwähnt hat: Utilities gibt es noch länger, sie sind noch historischer gewachsen. Ein großes Problem sind etwa Dubletten im Datenbestand.
„Mich gab es bei einem anderen Energieversorger 28-mal – immer mit verschiedenen Schreibweisen“, berichtet SAP-Experte Bodenbenner aus der Praxis. „Wenn sie mir 28 verschiedene Rechnungen schicken, bleibt wahrscheinlich keine Marge mehr übrig.“
Einführung der SAP Customer Experience Solutions
In Ulm wurde in einem ersten Schritt die Sparte Energiewirtschaft umgestellt. Zunächst ging es um die Einführung der SAP Marketing Cloud – zu Beginn noch On-Premise. „Wir nutzen es, um einen Golden Record zu bilden, um aus einer Vielzahl von Kunden aus unterschiedlichen Bereichen einen Kunden zu machen, der dann nach verschiedenen Attributen segmentiert werden kann“, sagt Bodenbenner.
Das Marketing-Modul sei nun umgesetzt. „Wir testen es jetzt in jeder Hinsicht“, berichtet CIO Scheible. Im Ergebnis sind damit personalisierte, zielgerichtete Online- und E-Mail-Kampagnen möglich. Detaillierte Auswertungen über den Erfolg der Kampagnen sind kein Problem mehr.
Alles, was Sinn macht, kommt in die Cloud
Im nächsten Schritt wird die Marketing Cloud mit dem Vertriebsservice für private und Geschäftskunden verbunden. Bei der Einführung der SAP Experience solutions geht es darum, die typischen Serviceprozesse eines Energieversorgers auf einer modernen einheitlichen Oberfläche abzuwickeln.
„Alles was Sinn macht, legen wir in die Cloud – natürlich unter Beachtung der gesetzlichen Datenschutzvorgaben und Regelungen“, sagt Scheible. „Wo wir viel mehr Aufwand hätten, belassen wir es On-Premise.“
Aktuell werden alle anderen SWU-Beteiligungen, Schwester- und Tochterunternehmen, in diese Landschaft integriert, – um Ende des Jahres, wohl in Time und Budget, einen Mehrwert für alle zu haben. „Das Projekt kann auch für andere Querverbundunternehmen eine Möglichkeit sein, ihre Marken besser nach außen zu bringen, um sich vom Wettbewerb zu differenzieren“, sagt Bodenbenner.
Da die Energieversorger aus dem öffentlichen Bereich stammen, sei ihre Kostenstruktur eine andere. Im Preiskampf seien sie limitiert. Jahrelang hätten sie auf Marge verzichtet, um mithalten zu können. Jetzt könnte sich das ändern.
Unser Vorzeigekunde Lars Müller hat zusätzlich zum Strom noch eine Monatskarte für seinen Sohn gekauft, und er will demnächst auf Glasfaser umsteigen.