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Oft funktionieren einzelne Touchpoints von Unternehmen gut, nur ihr Zusammenspiel nicht. Eine Customer Journey erfordert, dass die Perspektive von internen wie externen Kunden einbezogen und ernst genommen wird.

Die Webseite muss cool sein, der Online-Shop leicht zu bedienen und schnell genug, die Ware im Zweifel unkompliziert zurückzusenden und das Personal in der Hotline oder der Filiale freundlich und hilfsbereit: Denn klappt etwas an einem dieser „Touchpoints“ nicht so glatt, wie es sich der Kunde wünscht, ist er in einem von drei Fällen schon beim Konkurrenten – so Ergebnisse einer weltweiten Befragung von PWC zum Thema. Klar ist und das bestätigt auch eine Analyse aus dem Beratungshaus McKinsey: Viele einzelne Enttäuschungen an Kontaktpunkten mit dem Kunden schaukeln sich immer mehr zu einem schlechten Gesamtbild hoch. Ist ein Kunde mit dem Verkäufer vor Ort, im Call Center, der Webseite und dem Support nicht ganz so zufrieden wie es sein könnte, sinkt die so genannte „End-to-End-Zufriedenheit der Customer Journey“ schnell auf nur 60 oder 70 Prozent. Der Wunsch der Kunden und die Wirklichkeit liegen – das zeigt die PWC-Studie zudem – weit auseinander, etwa 33 Prozent in Luftfahrtunternehmen, 21 Prozent im Handel, 20 Prozent bei Banken und 18 Prozent bei Versicherungen.

Best of Breed: Lösungen „reden“ verzögert miteinander

Die Spaßverderber in der Customer Journey sind vielfältig. Doch zeigt die PWC-Befragung, dass besonders der Service der Mitarbeiter im Unternehmen verbesserungsfähig ist. So wendet sich jeder zweite Kunde vom Unternehmen ab, wenn Servicemitarbeiter schlecht informiert oder unfreundlich sind. Hinzu kommen ineffiziente Prozesse oder nicht verfügbare Produkte. Und gerade wenn die Customer Journey insgesamt nicht intakt ist, kommt es zu einem weiteren wichtigen Faktor: Die Glaubwürdigkeit des Unternehmens geht verloren. Viele Unternehmen sind sich dieser Defizite nicht bewusst. Johanna Zürcher sieht immer wieder, dass die Ziele an einzelnen Touchpoints nicht zusammen passen und technische Probleme die Bedienung verkomplizieren. „Viele Unternehmen wissen nicht einmal, warum die Kunden ihren Kaufprozess abbrechen und Zugriffszahlen in Online-Shops zurückgehen“, sagt die Lösungsarchitektin von SAP Digital Business Services. Der Grund dafür liegt darin, dass die (Best-of-Breed-) Lösungen in Unternehmen nicht optimal aufeinander abgestimmt sind und siloartige Anwendungen etwa für das Call Center, den Verkauf und den Web-Shop entstehen. „Die Lösungen sprechen oft nicht oder nur stark verzögert miteinander“, erläutert Zürcher, die jedes einzelne Defizit als „bad moment“ registriert.

Customer Journey: viele Perspektiven nötig

Im Idealfall ist der Call-Center-Agent bereits Sekunden nach dem Kauf eines Kunden darüber informiert, um etwaige Fragen beantworten zu können. Was ist nötig, um die End-to-End-Zufriedenheit in der Customer Journey hinzubekommen? „Sie müssen Licht in Ecken bringen, die normalerweise nicht beleuchtet sind“, sagt Zürcher, die damit zunächst einmal meint, alle an den Prozessen Beteiligten an einen Tisch zu bekommen. Dazu gehören Experten aus dem Marketing, dem Verkauf, dem Service ebenso wie IT-Experten, die die technischen Lösungen betreuen. Im Fokus steht der Kunde, der die technischen Systeme nachher bedienen muss. „Das können übrigens interne wie externe Kunden sein“, sagt SAP-Expertin Zürcher, also sowohl der Kollege im Service oder Verkauf wie auch derjenige, der per Klick Produkte des Unternehmens über den Web-Shop bestellt. Die „Design Thinking“ genannte Methode bringt viele Perspektiven zusammen. „Das haben viele Unternehmen vorher noch nie gemacht“, so Zürcher.

Golden Record bietet gute Basis für KI-Funktionen

Das Ziel dieses bis zu einwöchigen Workshops von Kunden mit SAP Digital Business Services besteht darin, nicht weniger als die Voraussetzung für einen „Golden Record“ zu schaffen. So werden die einheitlichen und über alle Applikationen hinweg verfügbaren Informationen über die jeweiligen Kunden genannt. SAP setzt in solchen Fällen in der Regel auf ihre Customer-Experience-Management-Lösungen SAP C/4HANA & SAP Qualtrics, welche Marketing-, Verkaufs-, Service-, eCommerce- und Feedback-Lösungen bündeln. Registriert sich heute ein Neukunde auf einer Webseite und sucht dort nach Produkten, liegen diese Informationen automatisch auch dem Kundendienst vor. Denn es gibt eine direkte Verbindung der Systeme zwischen der Registrierung und dem Kundenservice. Ein Kunde, der das Einverständnis für die Nutzung seiner Daten gibt, erwartet heute, dass das Unternehmen mitdenkt. Dafür ist essentiell, dass Mitarbeiter aus Marketing und Kundenservice schon wenige Sekunden nach der Registrierung auf Informationen über einen potenziellen Neukunden zugreifen und auf Basis der individuellen Suche auf der Webseite Einladungen zu Workshops oder Angebote verschicken können. Über Algorithmen, die durch künstliche Intelligenz Kunden-Scores für die Segmentierung berücksichtigen, werden Kampagnen so künftig immer zielgerichteter.

Das Kundenerlebnis neu definieren

Erfolgreiche Unternehmen beschränken sich nicht darauf, auf Probleme zu reagieren. Sie versuchen, diesen vorzugreifen, bevor sie entstehen. „Unternehmen müssen deshalb die Erlebnisprozesse entlang der gesamten Customer Journey vom ersten Kontaktpunkt in Marketing und Commerce über die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zur letzten Serviceleistung genau kennen“, sagt SAP-Beraterin Zürcher. Hierfür sollten Unternehmen anhand der Rückmeldungen aus Erlebnissen kontinuierlich experimentieren, messen und optimieren, um die Auswirkungen auf die Bereiche mit dem größten Mehrwertpotenzial zu ermitteln. Wie Experience Management in der Praxis aussehen kann, zeigt Amazon mit seinem Liefermodell. Die Ware ist leicht bestellt und schnell an der Tür. Vor allem aber analysiert Amazon ständig, wie die Apps und die Webseite genutzt werden und verbessert sie kontinuierlich. Denn eins ist auch klar: Die Customer Journey ist nie abgeschlossen, denn auch die Anforderungen des Kunden ändern sich immer wieder.