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Der Trend scheint unaufhaltsam: Wie mehrere aktuelle von SAP unterstützte Studien in den USA und Großbritannien bestätigen, wollen bis zu 85 Prozent der Unternehmen spätestens 2023 vom bisherigen Just In Time-Ansatz (JIT) in ihren Lieferketten zu einem Just In Case-Modell (JIC) wechseln.

Für Deutschland bestätigt eine Umfrage des ifo-Instituts unter 5.000 Firmen diese Entwicklung ebenfalls. Sie ergab, dass immerhin mehr als 40 % der Industrieunternehmen ihre Beschaffung massiv umstellen wollen oder dies bereits getan haben. Die Maßnahmen reichen dabei von der Erhöhung der eigenen Lagerhaltung über eine Verringerung der Abhängigkeit von einzelnen Zulieferern bis zur besseren Überwachung bestehender Wertschöpfungsketten.

„Angesichts der Häufung von Lieferausfällen wird das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Lagerhaltung erkennbar neu bewertet und es findet damit zumindest teilweise eine Abkehr von den Prinzipien der Just-in-time-Produktion statt“, stellt die Studie fest.

Was ist Just-in-Case-Bestandsmanagement?

Beim JIT-Lieferkettenmodell („gerade zur rechten Zeit“) bestellen die Unternehmen Lagerartikel nur bei Bedarf und führen nur minimale Bestände, um so die hohen Lagerhaltungskosten zu senken. Auf Grund der zunehmenden Herausforderungen in den weltweiten Supply Chains – angefangen vom Brexit und dem globalen Chip-Mangel, über die globale COVID-19-Pandemie und Lieferschwierigkeiten bei Rohstoffen bis hin zum Krieg in der Ukraine – wird diese auf Kosteneffizienz fokussierte Strategie in allen Branchen immer häufiger in Frage gestellt.

Das Just-in-Case-Bestandsmanagement („Für den Fall der Fälle“) reagiert auf die zunehmenden Nachfrageschwankungen und Probleme mit der Warenverfügbarkeit mit einer Erhöhung der Lagerbestände, um so das Risiko von Engpässen bei der Belieferung der Kundschaft zu vermeiden oder zumindest abzumildern. Resiliente Lieferketten und das JIC-Modell basieren auf einem diversifizierten Beschaffungsnetzwerk, das auf alle möglichen Eventualitäten gerüstet ist und auch Unterbrechungen durch Sicherheitsbestände überbrücken und so die Lieferfähigkeit bewahren kann.

„Die Lieferketten müssen heute in der Lage sein, Störungen zu absorbieren, sich an diese anzupassen und sich von ihnen zu erholen, wann und wo immer sie auftreten. Verbesserte dynamische Einblicke, Risikoerkennung und Lösungen zur Risikominderung befähigen Unternehmen, mit plötzlichen Veränderungen in der Supply Chain besser umzugehen“, nennt die Accenture-Studie „From Disruption to Reinvention – The future of supply chain in Europe“ als das Ziel dieser Strategie.

Wie lässt sich Just-in-Case in der Praxis umsetzen?

Beim Just-in-Case-Bestandsmanagement sollte es nicht darum gehen, so viel wie möglich auf Lager zu haben. Sondern sein Ziel ist es, das optimale Gleichgewicht zwischen der Deckung der Nachfrage und der Vermeidung unnötiger Investitionen in den Lagerbestand zu finden. Deshalb sind möglichst genaue Bedarfsprognosen die Basis für ein erfolgreiches JIC-Konzept.

Dazu gibt es eine Reihe von SAP-Lösungen, die bei der Umstellung von einer bedarfssynchronen JIT-Produktion auf eine nachfragegesteuerte JIC-Strategie hilfreich sein können. So ermöglichen von Künstlicher Intelligenz (KI) gestützte Prognoseverfahren, Planungsalgorithmen und Simulationswerkzeuge für Absatz, Produktion, Distribution und Beschaffung eine gezielte Bestandsoptimierung und stellen so die Lieferbereitschaft über das gesamte Wertschöpfungsnetzwerk sicher. Außerdem

  • unterstützen wir mit unseren SCM-Beratungsservices Unternehmen bei der Überarbeitung und Anpassung ihrer Supply Chain Policy und von aktuellen Lieferkettenrichtlinien – auch vor dem Hintergrund des neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das am 1. Januar 2023 in Kraft tritt.
  • sorgt eine intelligente Materialbedarfsplanung (MRP) dafür, dass Unternehmen jederzeit bedarfsgerecht mit Material versorgt werden. Sie basiert auf Verkaufsprognosen, Produktionsplänen und Bestellungen und automatisiert die Hintergrundprozesse. Für komplexe Produkte und größere Produktionsmengen sind umfassende Berechnungen erforderlich, die durch den KI-Einsatz optimiert werden können.
  • ist ein robustes Lagerverwaltungssystem für jedes Unternehmen mit Lagerbeständen unerlässlich und bietet Echtzeiteinblicke in den gesamten Bestand eines Unternehmens, sowohl in den Lagern als auch auf dem Transportweg. Ein digitales Warehouse-Management-System (WMS) übernimmt die Verfolgung von Ein- und Ausgängen, die Überwachung der Bestände und die Optimierung von Lagerplatz und -kosten. Außerdem beinhaltet es auch Tools für Kommissionierungs- und Verpackungsprozesse, Ressourcenauslastung, Analysen und vieles mehr.
  • helfen Produktionsplanungssysteme zur Steuerung und Terminierung der Abläufe im Fertigungsbereich Unternehmen dabei, die richtige Balance zwischen Angebot und Nachfrage zu finden. Denn damit lassen sich Produktionspläne erstellen und verwalten, einschließlich der Überwachung von Fertigungsaufträgen und der Optimierung von Ressourcen und Kapazitäten.
  • verbessern unsere agilen Lösungen für das Supply Chain Management (SCM) die Transparenz der Lieferantenbeziehungen und Logistikprozesse, inklusive der Überwachung von Zuliefererleistungen und der Optimierung von Lieferketten. Um auf dem heutigen Markt Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu ermöglichen, muss moderne SCM-Software in der Lage sein, alle in der gesamten Wertschöpfungskette erzeugten und erfassten Daten zu sammeln und schnell auszuwerten.

JIT und JIC clever miteinander kombinieren

Produzieren ohne Lagerhaltung, aber mit pünktlichen Lieferungen – Just-in-Time – rund um den Globus, war bisher in fast allen Branchen der Kern der weltweiten Arbeitsteilung. Die letzten Jahre haben uns gezeigt, dass dieses Modell nicht mehr so funktioniert. Doch beim Umstieg auf einen Just-in-Case-Ansatz mit erhöhter Lagerhaltung und einem diversifizierten Liefernetzwerk reichen alte Rezepte nicht mehr aus.

Und es gibt auch kein striktes Entweder-Oder. Sondern es gilt, JIT und JIC clever miteinander zu kombinieren. Etwa indem die Sicherheit des Just-in-Case-Bestands mit dem Kapitalmanagement des Just-in-Time-Modells verbunden wird. Das steigert die Effizienz der Bestandsverwaltung und erhöht gleichzeitig die Flexibilität, um mit Störungen besser umzugehen.

Insgesamt kann die Verwendung unserer Softwarelösungen dabei helfen, Lagerbestände und Produktionspläne optimal zu verwalten und die Supply Chain risikoresistenter zu machen. So wird sichergestellt, dass jederzeit genügend Nachschub zur Verfügung steht, um eine unvorhergesehene Nachfrage oder Engpässe in der Produktion abzufedern und Risiken besser zu kontrollieren.

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