SAP unterstützt zusammen mit anderen Partnern das Smart Systems Hub in Dresden. Dort wird Unternehmen dabei geholfen, in Rekordzeit IoT-Lösungen bis zur Produktreife zu entwickeln. Das erste erfolgreiche Projekt ist ein 24 GHZ Personen-Radar des Chip-Herstellers Infineon Technologies.
In Dresden gibt es seit neuestem ein Beschleunigungssystem für Industrie 4.0-Lösungen. „Länger brauchen wir nicht bis zum Ergebnis“, so lautet das Versprechen. Im „Smart Systems Hub“ können Unternehmen innerhalb von lediglich drei Monaten Unterstützung bei der Entwicklung leicht zu integrierender Industrie 4.0-Systemlösungen bekommen. Am Ende steht eine produktreife Lösung.
Der Hub in Dresden hat sich das Thema Industrie 4.0 auf die Fahnen geschrieben. Bei der „Digital Product Factory“ genannten Initiative ist SAP einer von vier Schlüsselpartnern. Das Büro des Chief Technology Officers der SAP Deutschland ist einer der wichtigen Treiber des neuen Programms. „Es gibt eine sehr enge Zusammenarbeit“, sagt Bernd Ackerbauer, Solution Architect Expert aus dem SAP Office des deutschen CTO.
SAP ist bei der Initiative sowohl Innovations- als auch Technologiegeber. „In der Digital Product Factory werden leicht zu integrierende Industrie 4.0-Systemlösungen entwickelt. Wir schaffen dafür Zugang zu Technologien, begleiten den Innovationsprozess und vernetzen die relevanten Akteure aus unserem Ökosystem mit über 450 Partnern“, erklärt Ackerbauer die Aufgabe.
Drei Monate Langzeit-Hackathon
Gemeinsames Ziel aller Beteiligten ist die beschleunigte Umsetzung von Spitzentechnologie in innovative Produkte von bestehenden und neuen Unternehmen jeder Größe. Da das Arbeitsplätze schafft und den Standort stärkt, finanziert auch das Bundeswirtschaftsministerium den Hub im Rahmen seiner Digital Hub Initiative de:hub. An zwölf Kompetenzstandorten werden vor allem mittelständische Unternehmen mit Innovationspartnern aus Wissenschaft und der Gründerszene vernetzt.
In der Dresdner „Digital Product Factory“ können Unternehmen in kürzester Zeit in einer Sandbox ein Minimal Viable Product (MVP) bauen. „Ein Kunde hat ein digitales Problem, und weiß nicht, wie er es umsetzen soll“, berichtet Ackerbauer. „Der Smart Systems Hub löst es allumfassend – bis hin zum Vertrieb, Marketing und der Preisfindung. In einer wahnsinnig schnellen Zeit von nur drei Monaten steht am Ende das fertige Produkt.“
Im Hub kann man zusammen etwas Innovatives gestalten, neue Wege gehen, und seine Gedanken spielen lassen. Das hat man sich von den Hackathons abgeschaut, die manchmal drei Wochen, oft aber auch nur ein Wochenende, dauern. Die Wortschöpfung kommt von „Hack“ und „Marathon“ und umschreibt eine kollaborative Soft- und Hardware-Entwicklungsveranstaltung.
Challenge für das Smart Systems Hub
Aufgrund der in vielen großen Unternehmen vorhandenen Strukturen sei es nicht möglich, Projekte mit Industrie 4.0-Ansätzen in dieser Kürze umzusetzen, sagen Experten. Strukturen seien zwar nötig, um Arbeit und Kommunikation zu ordnen, die vorhandenen Hierarchien dürften aber nicht lähmend wirken. „Derartige Projekte dauern oft mehrere Jahre. Wir zeigen, dass es mit Agilität, Diversität und lebendigen Teams schneller geht“, sagt Ackerbauer. Die Digital Product Factory verstehe sich als „Kollaboration auf digitalem Raum“.
Bei der Challenge, bei der aus Ideen Wirklichkeit werden, stehen den Unternehmen der Projekte im Smart Systems Hub zur Betreuung und Umsetzung ein auf sie zugeschnittenes Projektteam aus bis zu 15 Leuten aus den beteiligten Firmen und Universitäten zur Seite: Studenten, Produktmanager, Softwareentwickler und technische Experten.
„Es kommt ein sehr vielfältiges Team zusammen, das die Dinge neu denkt“, sagt Ackerbauer. Das methodische Produkt- und Teammanagement regelt der Hub. Er verlangt für seine Arbeit einen geringen „All you can eat-Obulus“. Im Vergleich zum Aufwand für ein Projektteam in der eigenen Firma mit 200 Leuten ist das Team des Digital Hub damit sehr viel günstiger.
24 GHZ Personen-Radar Sensor von Infineon
Ein Projekt wurde bereits abgeschlossen. Der deutsche Chiphersteller Infineon Technologies, ebenfalls Schlüsselpartner, hatte das erste Projekt eingereicht. Der „intelligente 24 GHZ Radar“ ist nun einsatzbereit. Mittels Design-Thinking Ansätzen wurde das Potenzial zum Einsatz des Radars und die dafür benötigten Funktionen bestimmt. Die ersten Fragen lauteten: „Was kann der Radar bereits? Und was gilt es zu optimieren, wenn dieser künftig branchenübergreifend funktionieren soll?“
„Das Projekt war ein voller Erfolg. Kollaboration, Team- und Erfindergeist versetzen Berge“, freut sich Ackerbauer. „Wir als SAP freuen uns, dazu einen großen Teil beigetragen zu haben.“ Neben dem deutschen CTO Office von SAP begleitete das Projekt als Co-Innovationspartner auch T-Systems MMS.
Wie versprochen, ist es dem Team innerhalb der vorgesehenen Zeit von drei Monaten gelungen, eine marktfähige, attraktive Lösung für den vorhandenen 24 GHZ Personen-Radar-Sensor zu entwickeln. Dieser ist nun mit einer über 90-prozentigen Erfolgsquote in der Lage, in Räumen, auf Plätzen und in Zügen Personen und Objekte jedweder Art zu erkennen – und das hundertprozentig anonymisiert. Diese verlässliche Bestimmung gilt als eine sehr interessante IoT-Anwendung.
Die gewonnenen Daten werden mit neu entwickelten Methoden der Künstlichen Intelligenz ausgewertet, um so eine valide Bestimmung künftiger Ereignisse zu möglichen. „Die Verarbeitung der Radardaten erfolgt über die Entwicklung eines neuartigen und auf Tensor Flow basierenden Modelles“, erklärt Ackerbauer.
Bestimmung künftiger Ereignisse
Man brauchte dafür eine anpassungsfähige Entwicklungsumgebung, die die Vernetzung von Hardware mit dem Internet, kurz IoT, ermöglicht. Die Software stammt vom Co-Innovationspartner SAP: SAP Web IDE sowie Services der SAP Business Technology Platform, wie SAP HANA, SAP Data Intelligence 3.0 und SAP API Management.
SAP Web IDE ist eine webbasierte, erweiterbare Entwicklungsumgebung, die die weitere End-to-End-Entwicklung möglich macht und auf deren Basis Künstliche Intelligenz Wirklichkeit wird. Über die Anreicherung von Services der SAP Business Technology Platform wie SAP HANA, SAP Data Intelligence 3.0 und SAP API Management setzt das Team der DPF den Grundstein für Datenorchestrierung und maschinelles Lernen.
Die fertige Lösung wird vom Smart Systems Hub als eigenständige, branchenübergreifendige Lösung vertrieben. Im Testbetrieb ist der Radar aktuell etwa in einer Betriebskantine, mit weiteren Industriepartnern ist der Hub im Gespräch. Fragen, die mit dem Einsatz beantwortet werden könnten, lauten: „Wie viele Mitarbeiter werden die Kantine trotz der aktuellen Umstände noch besuchen, wie verhält es sich mit den Bestellfrequenzen, und welche Auswirkungen hat das auf den Wertschöpfungskreislauf und die Lagerwirtschaft?“
Mittel für neue, kreative Wege der Industrie 4.0
Im Raum Dresden ist das Projekt vor allem bei Start-ups und im Mittelstand bereits sehr bekannt. Es gibt viele Anfragen für gemeinsame Projekte“, sagt Ackerbauer. Aktuell läuft bereits die zweite Product Factory. Das Thema: „Smart Maintenance mit Shopfloor Intelligence – eine Lösung zur vorausschauenden Instandhaltung von Kühlungsrohren & Durchflussventilen mittels Sensorik & trainierten KI-Daten“.
Die Digital Product Factory wird auch für dieses Projekt ihre Mittel bündeln, die für neue kreative Wege nötig sind. Dazu kommt ein kompetentes, hochmotiviertes Team aus Studenten, Fachexperten, Software-Entwicklern und Produktmanagern. Gefragt sind darüber hinaus Knowhow, Neugier und Mut.
Die dritte Runde ist für das Frühjahr 2021 geplant. Bis zu vier Projekte soll es jedes Jahr geben. Im Vorfeld werden alle eingehenden Ideen von einem Projektteam daraufhin geprüft, ob sie auch wirklich machbar sind. „Wenn einmal jemand kommt, der in drei Monaten auf den Mars fliegen will, dann müssen wir ihm leider sagen, dass das wohl nicht möglich ist“, stellt Ackerbauer fest. Sonst aber sei sehr vieles möglich.