Klassische Planung und Budgetierung wird in Krisenzeiten und volatilen Märkten immer schwieriger. Wie kann die Planung trotzdem einen Mehrwert bieten? Beim SAP Discovery Day berichten Mitarbeitende von Evonik, Freudenberg und SAP über ihre Erfahrungen mit agiler Unternehmensplanung.
„Eigentlich ein ziemlich altes Thema, doch in diesen Zeiten so aktuell wie nie“, sagt Prof. Dr. Karsten Oehler, Chief Solution Advisor bei SAP. „Es geht darum, wie sich Manager in Zeiten der Unsicherheit besser auf das Unerwartete vorbereiten können.“
Das möchten viele Unternehmen wissen. Es gibt immer öfter Krisen: Wirtschaftliche und gesellschaftliche Unsicherheit wird fast so etwas wie ein Dauerzustand. Corona-Pandemie, Lieferkettenprobleme, Ukraine-Krieg, Klimakrise, steigende Energiepreise, Inflation.
Immer neue Veränderungen machen auch den betrieblichen Steuerungswerkzeugen zu schaffen und stellen die für Planung und Budgetierung zuständigen Experten vor Herausforderungen. Ständig ist wieder was passiert. Dabei lieben Unternehmen und ihre Planer Vorhersehbarkeit.
„Es gleicht einer Sisyphusarbeit“, sagt Professor Oehler. Der griechischen Sage nach verärgerte Sisyphus die Götter. Zur Strafe musste er dann einen riesigen Steinbrocken einen Berg hinaufrollen, der größer war als er – und sehr schwer. „Oben kommt der Stein aber nie an. Genauso ist es in der Unternehmensplanung.“
Schneller werden durch Szenarien
Früher wollte man die Planungs- und Forecasting-Methoden verbessern, um die Zukunft besser vorhersagen können. „Methodisch wurden wir immer besser, gleichzeitig erhöhte sich aber auch die Volatilität, so dass kaum etwas gewonnen war. Das geht so, seit es Planung gibt. Die Märkte werden unruhiger, die Vorhersagen schwieriger. Durch bessere Methoden versucht man dies auszugleichen, aber der richtige Durchbruch in der Vorhersehbarkeit kam nicht“, sagt Oehler. Er klingt leicht erschöpft. „Die Planungsgläubigkeit sollte auf den Prüfstand.“
Durch Pandemie, Lockdown und Homeoffice funktionieren auch bislang zuverlässige Methoden wie Zeitreihenanalysen nicht mehr. „Corona und die Folgen waren der Maximalgau für Datenexperten. Viele Datenschätze wurden dadurch zerstört.“
Nun sind sich viele Experten einig, dass es mit einer Überarbeitung der bestehenden Planungskonzepte allein nicht mehr getan ist. Ohne leistungsfähige digitale Unterstützung auf der einen Seite ließen sich die erforderlichen Veränderungen nicht bewältigen, heißt es.
Auf der anderen Seite geht es aber auch um eine Einstellungsveränderung. Statt immer wieder zu versuchen, die Zukunft durch immer besser Planung in den Griff zu bekommen, „sollten wir uns stärker auf die Disruption einstellen“, sagt Oehler. Statt immer mehr zu planen, ginge es jetzt darum, dass die Unternehmen lernen, auf Wandel schneller reagieren zu können. „Wir müssen schlanker planen, um die Reaktionsfähigkeit der Unternehmung an sich zu erhöhen.“
Oehler nennt ein Beispiel: Angenommen, es gibt einen Absatzeinbruch. Anstatt nun an einem noch genaueren Plan zu arbeiten, könnte man schon vorab überlegen, wie man in einem solchen Fall die Produktionskapazitäten schnell genug herunterfährt. „Wie kann ich ausgleichen? Welche Instrumente stehen mir zur Verfügung, zum Beispiel Kurzarbeit? Die Unternehmen müssen dazu übergehen, in Szenarien zu denken“, sagt Oehler.
Brecht: „Ja; mach nur einen Plan“
Der Professor zitiert das „Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens“ von Bertolt Brecht: „Ja; mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch ´nen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht.“ Doch gegen Planung hat er gar nichts. „Es steht ja nicht zur Diskussion, auf Planung zu verzichten. Mit jeder Arbeitsteilung entsteht ein höherer Bedarf zu Koordination, also zur Planung“, sagt Oehler.
SAP habe schon seit langem ein sehr gute Planungskultur für Unternehmen im Portfolio. „Bei SAP gab schon in den 80ern beim R/2 ein vollständig integriertes Planungssystem. Allerdings auch einen gewissen Hang zur Perfektion“, so Oehler.
Jetzt gehe es darum, Planung zu verschlanken und sich auf die wesentlichen Bereiche zu konzentrieren. Die Lösung SAP Analytics Cloud biete die Möglichkeit, „Planungsmodelle sehr einfach aufzubauen, zu integrieren und so ausreichend flexibel zu bleiben. Der Planungskern sollte raus aus den operativen Systemen. Sie sollte eigenständig gestaltet werden und sich nicht durch die bestehenden Ist-Strukturen behindern lassen“, findet Oehler. Dennoch sei eine enge Verbindung notwendig.
Was sich wie ein Widerspruch anhört, ist aber nur konsequent: Aktuelle Entwicklungen wie Neukundengewinnung, Zahlungs-, oder Produktionsausfälle müssen sich schnell im Planungssystem wiederfinden. Mit der SAP Analytics Cloud könnten Unternehmen ihre Unternehmensplanung zukunftssicher modernisieren und beschleunigen.
Vor allem: agil
Alles soll agil sein – auch die Planung. „Schnell planen und schnell umplanen können, darauf kommt es jetzt an.“ Denn ein klassischer Budgetierungsprozess verlaufe sehr stark Bottom-Up-Top-Down in vielen Abstimmungsphasen. Nur: Wenn der Planungsprozess vier Monate dauert, dann haben sich am Ende die Rahmenbedingungen schon wieder verändert.
„Ich muss Wege finden, diesen Prozess flexibler zu gestalten“, sagt Oehler. „Ein wichtiger Punkt sei dabei, die Planungsgranularität zu reduzieren. Nicht mehr in Kostenart-Ebene, Kostenart-Gruppenebene zu planen, sondern wesentliche Abhängigkeiten zu nutzen, neudeutsch Treiberorientierung.“
Beispiel: Die Kostenarten einer Kostenstelle könne man wie bisher detailliert planen. Oder man überlegt sich stattdessen, was die wesentlichen Treiber sind, etwa die Zahl der Mitarbeitenden. Man könne dann viele Kostenarten wie Firmenwagen-, Reise- oder Raumkosten in Abhängigkeit zu den Mitarbeitern planen.
Mit Abhängigkeiten automatisieren
Es gehe dann also nicht mehr um ein fixes 50K-Euro-Budget für Firmenwagen. Man weiß, dass alle Vertriebsmitarbeiter einen Firmenwagen haben, der im Schnitt einen bestimmten Betrag im Monat kostet. Wenn das Unternehmen nun zwei Mitarbeitende neu einstellt, wird diese Rate über Automatisierungsbrücken automatisch erhöht.
So müsse man sich für Planung und Umplanung nur noch auf die Headcounts konzentrieren, die Ableitung vieler Kostenarten erfolgt dann entsprechend automatisch. „Damit spare ich Zeit, kann in der Krise schnell umplanen und aufVeränderung reagieren.“
Viele dieser Planungsbrücken lassen sich übrigens über Predictive Analytics ermitteln. Die Fehlzeiten, Reisetätigkeiten der Mitarbeitenden oder Zahlungszeitpunkte der Kunden sind einige Beispiele, die sich gut in der Planung und in Szenarien einsetzen lassen.
Mit Hilfe flexibler Simulationen in SAP Analytics Cloud können Unternehmen ihre Handlungsalternativen schnell bewerten. Durch eine hohe Integration, Automatisierung und Vereinfachung der Planung verbessert sich die Reaktionsfähigkeit der Unternehmen.
Freudenberg Home and Cleaning Solutions, ein Unternehmen für Reinigungsartikel und -systeme, macht es schon vor: „Die intelligente Kombination von Vertriebsplänen, Prognosen und operativen Plänen in einer integrierten globalen Simulations- und Planungsplattform hat unsere Entscheidungsfindung beschleunigt und innovative Simulations-, Planungs- und Berichtslösungen ermöglicht“, urteilt Andreas Hass, Global IT Manager Analytics Processes bei Freudenberg.
Agile Planung: Virtuelles Seminar
Krisen habe es zwar schon immer gegeben, ihre Häufigkeit habe sich aber deutlich erhöht. „Die nächste Krise kommt bestimmt“, ist sich Oehler sicher. Der Krisenmodus werde nicht so schnell vorbei sein. „Krise ist eher der Normalzustand geworden. Die Unternehmen müssen weg von ihrem liebgewonnenen Excel und ihre Planungsprozesse umstellen. Digitalisiert und integriert, hin zu mehr Agilität und damit zu viel schnelleren Reaktionsmöglichkeiten bei Veränderungen. SAP hilft dabei.“
Zum Thema „Agile Planung in unsicheren Zeiten“ veranstaltete Professor Oehler und seine Kollegen von SAP ein virtuelles Seminar für Controller, Planer in den Fachbereichen und alle Interessierten:
SAP Discovery Day zum Thema „Agile Planung in unsicheren Zeiten“
Erfahren Sie im Rahmen unseres SAP Discovery Days von führenden Planungsexperten, was konkret zu tun ist, welche Lösungsansätze verfolgt werden und wie Unternehmen den Anforderungen mit Hilfe der SAP Analytics Cloud erfolgreich begegnet sind.