Krankenhäuser, Apotheken und Endverbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass temperatursensible Arzneimittel wie Insulin oder bestimmte Impfstoffe unbeschadet bei ihnen ankommen. Ein wichtiger Faktor dafür ist die Einhaltung der Temperatur während des Transports. Um sie überwachen zu können, hat die Schweizerische Post mit ihrem Partner Modum eine Blockchain-basierte Lösung entwickelt, die zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kunden verlässliche Auskunft über die Temperatur im Inneren der Lieferung gibt.
Viele medizinische und Pharmaprodukte müssen in bestimmten Temperaturbändern transportiert werden, mitunter tausende von Kilometern weit. Um beim Transport die Temperatur, der die sensible Ware ausgesetzt ist, zu überwachen, setzt die Schweizerische Post auf eine Kombination aus einer smarten Transportbox, Blockchain und dem Internet der Dinge.
Blockchain und Internet der Dinge für Supply Chain Monitoring
„Viele europäische Postunternehmen haben sich aus dem Pharmageschäft zurückgezogen, weil die Bestimmungen für den Transport von medizinischen Produkten so streng geworden sind,“ sagt Thomas Wälchli. Als Leiter Geschäftsentwicklung und Branchenmanagement bei PostLogistics, der Logistiksparte der Schweizerischen Post, war er verantwortlich für die Entwicklung von Transportmethoden, die den Regularien der EU für Pharmalogistik entsprechen.
„Was wir auf keinen Fall wollten, war eine spezielle Kühlwagenflotte für den Transport von Pharmagütern einzurichten,“ sagt Wälchli. Stattdessen setzte man darauf, eine Box zu entwickeln, in der eine bestimmte Temperatur gehalten werden kann. Als Neuerung wird die Temperatur in diesen Paketen auch überwacht. Dafür fand die Post in Modum einen Co-Innovationspartner, der in der Regel Pharmakunden bedient, die auch SAP-Kunden sind. Das Schweizer Startup Modum hat eine IoT-Lösung zur Temperaturkontrolle namens MODSense entwickelt.
Da Vertrauen zwischen verschiedenen Akteuren in der Lieferkette eine große Herausforderung darstellt, hat man sich für den zusätzlichen Einsatz der Blockchain-Technologie entschieden, die es ermöglicht, eine eindeutige Prüfsumme der ausgelesene Sensordaten der physischen Waren abzulegen. So schafft man es, jederzeit auf einfache Art nachzuweisen, dass die ausgelesenen Sensordaten nicht verändert wurden. Eine solche Anwendung der Blockchaintechnologie bildet die Basis für ein vertrauenswürdiges digitales Ökosystem. So können wertvolle Informationen über den Sendungsverlauf mit allen Beteiligten sicher ausgetauscht und Prozesse automatisiert werden.
MODSense ist ein IoT-Device, das im Paket mitverschickt wird. Dieser kleine Sensor ist mit den Minimal- und Maximaltemperaturen des entsprechend sensitiven Produktes beschrieben, die die Sendung unterwegs erreichen darf. Gleichzeitig wird das Tracking für diesen Transport in der Blockchain gestartet.
So kann das IoT-Device offline während des Transportes beispielsweise die Temperaturen im Paket überwachen. Vor der Übergabe des Pakets an den Empfänger werden die Sensordaten kontaktlos beim Scannen des Barcodes auf dem Paket ausgelesen und die entsprechende Prüfsumme in die Blockchain geschrieben. Anhand eines Smart Contracts in der Blockchain kann dann automatisch zwischen zwei festgelegte Aktionen entschieden werden: Sendung wiederholen oder Rechnung verschicken.
Das Kick-off des Projektes zwischen der Post und Modum fand im Juni 2017 statt. Die Idee, dass SAP Modum unterstützen kann, kam erstmals Ende 2017 auf. „Gemeinsam erörterten wir, wie die Co-Innovation Labs dabei helfen könnten, auf der SAP Cloud Platform Lösungen zu bauen,“ so Hans-Joachim Odlozinski, der das COIL für DACH und Afrika leitet. Es folgten erste Gespräche mit Modum und Anfang 2018 stieg SAP in das Co-Innovationsprojekt der Post und Modum ein.
Partner-Enablement als Mehrwert für Kunden und SAP
„Das Modell, gemeinsam mit dem Kunden eine Co-Innovation zu starten, war auch schon Grundlage unserer Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Post,“ sagt Marc Degen, Mitgründer von Modum, „das ergänzte sich perfekt.“ Die SAP Co-Innovation Labs vernetzen Partner und ihre Themen innerhalb von SAP und holen bei Bedarf auch verschiedene SAP-interne Entwicklungseinheiten ins Boot. „Die Post und Modum hatten schon konkrete Ideen, was sie tun wollten,“ sagt Pascal Hagedorn, Projektleiter beim SAP COIL Schweiz, „gemeinsam definierten wir, was mit Hilfe der Blockchain-Technologie erreicht werden sollte. Das Know-How der Kollegen vom SAP Innovation Center Network war hier unverzichtbar.“
Für einen Proof of Concept wurde die Blockchaintechnologie von SAP genutzt, um die Lösung firmenübergreifend aufzusetzen. Erfahrene Blockchain-Entwickler aus dem Team von Torsten Zube, Head of Blockchain bei SAP und Leiter des SAP Innovation Center Networks, waren am Projekt beteiligt. „Ende November 2018 haben wir den Piloten gestartet,“ sagt Thomas Wälchli von der Post.
„Das ist das Prinzip, mit dem wir bei den SAP Co-Innovation Labs arbeiten,“ sagt Hans-Joachim Odlozinski. „Wir versetzen den Partner – in diesem Fall Modum – in die Lage, einen gemeinsamen Proof of Concept beim Kunden – hier die Schweizerische Post – zu implementieren.“ IP-Sicherheit wird dabei besonders großgeschrieben: „Die Partner behalten das Recht an dem, was sie gebaut haben.“
Zukünftiges Einsatzgebiet SAP Global Track and Trace
Marc Degen beschreibt die Zusammenarbeit mit SAP als sehr persönlich geprägt und von derselben Architekturvision getragen, wie Unternehmen über flexible Cloud Stacks rasch und zuverlässig digitale Innovationen schaffen können. „Dass sie State-of-the-Art-Lösungen wie Hyperledger der SAP Cloud Platform anbieten, macht SAP auch für Startups interessant, weil nicht zuerst ein SAP Stack gelernt werden muss.“
Dass Modum zu SAP-Events wie der SAPPHIRE 2018 in Orlando und Outside the Block in Berlin eingeladen wurden, nutzten Marc Degen und sein Team, um frühzeitig von Partnern und Kunden Feedback zur Lösung einzuholen. „Außerdem war es wichtige PR für uns, welche sich ein Startup so nicht einfach erarbeiten kann,“ sagt er.
Die Schweizerische Post setzt die Zusammenarbeit mit Modum und SAP fort. Neben Pharmaprodukten sind auch Lebensmittel für die Beförderung mit der neuen Blockchain-IoT-Lösung interessant. „Der große Vorteil der Lösung besteht darin, dass selektive Informationen allen sicher zugänglich gemacht werden können, die an der Lieferkette beteiligt sind,“ erklärt Wälchli. Pascal Hagedorn ergänzt: „Das macht sie attraktiv als Ergänzung oder Erweiterung für andere SAP-Lösungen im Logistik-Bereich, etwa SAP Global Track and Trace. An solch einer Integration in die SAP-Geschäftsprozess-Welt arbeiten wir gerade zusammen mit Modum innerhalb unseres Co-Innovation Projektes.“