Wie wir etwas erleben ist heute entscheidender denn je. Besonders das Kauferlebnis hat großen Einfluss auf unser tägliches Handeln und die Produkte, die wir konsumieren. Bewusst oder unbewusst teilen wir unsere Erlebnisse auch mit unseren Freunden, Kollegen und Familien. In einem Kreislauf, der direktes Feedback ermöglicht, bietet dieser Erfahrungsaustausch Chancen für Optimierungen.
Unsere Erfahrungen als Verbraucher helfen Unternehmen, ihre Produkte und Dienstleistungen zu verbessern. Doch Experience Management (XM) birgt möglicherweise auch großes Potenzial für andere Bereiche, zum Beispiel die Logistikabwicklung.
Deshalb macht es Sinn, XM auch hier einzusetzen, egal ob im Supply Chain Management (SCM), beim „Design to Operate“ – der Entwicklung vom Design bis zum Betrieb – oder in spezifischen Abläufen wie dem Beschaffungsprozess von der Anforderung bis zur Bezahlung. Aber wie lässt sich XM am besten in SCM integrieren?
Ich tausche mich oft mit Führungskräften bekannter Handelskonzerne und Hersteller für Konsumgüter in der Region EMEA aus. Ein Managing Director eines saudi-arabischen Handelsunternehmens war sich nicht sicher, ob sich die Integration von XM lohnen würde, da sein Unternehmen als Mittelsmann zwischen Auftraggebern und Einzelhändlern fungiert und selten direkten Kundenkontakt hat. Was das Kundenerlebnis anbelangt war sein Einwand durchaus berechtigt. Er sah jedoch den Mehrwert, den ein positives Mitarbeitererlebnis bringen kann, und wollte in Zusammenarbeit mit mir und der SAP bestimmte Zusammenhänge aufdecken – zum Beispiel um herauszufinden, warum Millennials oft nicht länger als zwei Jahre in seinem Unternehmen verbleiben.
Mit XM den Faktor Mensch mit ins Spiel bringen
Wir konzentrierten uns zudem auf den Lebensmittelvertrieb des Unternehmens und dabei auf einige nicht vorhersehbare Szenarien, vor allem in der Lieferkette und bei der Lieferung auf der letzten Meile, also dem letzten Abschnitt des Transports bis zur Haustür des Kunden. Besonders erhellend war es, anhand der Fragen „wer“ und „warum“ zu erörtern, was genau optimiert werden könnte. Der Managing Director war mit Studien des XM Institute (ehemals Temkin Group) vertraut, die die Zusammenhänge zwischen Kundenerlebnis (X-Daten) und operativen Daten (O-Daten) aufzeigten und die Verbindung von Cross-Selling und Up-Selling sowie anderen umsatzbringenden Bereichen mit Experience Data (X-Daten) verdeutlichten.
Wir überlegten, wie Experience Management – also der Faktor Mensch – in die Lieferkette eingebracht werden kann. Alle Prozesse der Lieferkette zu berücksichtigen wäre zu komplex gewesen, deshalb beschränkten wir uns auf die letzte Meile.
Nach der Analyse des Business Case und des Return on Investment (ROI) konzentrierten wir uns auf drei Werttreiber: die Reduzierung der Lagerhaltungskosten, die Steigerung der Auftragserfüllungsquoten und die Senkung der Transportkosten auf der letzten Meile. Wir starteten daraufhin das Projekt „XM in Last-mile Delivery“.
X-Daten liefern wertvolle Impulse
Momentan sammeln und vergleichen wir X-Daten. In der ersten Projektphase werden Daten von den über 500 Fahrern des Unternehmens zusammengetragen, die im gesamten Land unterwegs sind. In der zweiten und dritten Phase wird der Schwerpunkt auf die Mitarbeiter im Zentrallager und in Satellitenlagern sowie auf die Routenplaner in der Unternehmenszentrale gesetzt.
Diese Phasen sollten zeitlich nicht streng begrenzt sein – es macht keinen Sinn, die von Fahrern gesammelten X-Daten erst nach Wochen oder Monaten auszuwerten. Die Phasen können somit ineinander übergehen. Wichtig ist nur, dass sie innerhalb eines kurzen Zeitraums abgeschlossen werden und dass dabei Datenprozesse betrachtet und verglichen werden, die sich zyklisch wiederholen.
Die ersten Ergebnisse sollten in den nächsten Wochen vorliegen, sodass wir dadurch Impulse für neue Ideen erhalten. Den Faktor Mensch in Geschäftsbereichen ohne direkten Kunden- oder Endverbraucherkontakt miteinzubeziehen ist nichts Neues. Wenn wir wichtige Zusammenhänge finden, ist es unser Ziel, einen nachhaltigen Feedbackkreislauf zu schaffen, um operative Kennzahlen zu optimieren, was sich wiederum positiv auf Werttreiber hinter den Prozessen und das ROI auswirkt.
Wenn dieses Unterfangen erfolgreich abgeschlossen ist, werde ich als nächstes ein neues XM-Projekt vorschlagen, um damit einer der größten Cash-and-Carry-Großhandelsketten der Vereinigten Arabischen Emirate dabei zu helfen, die operativen Kosten zu senken.
Über den Autor:
Yavuz Durgut ist als Industry Experience Management Principal und Value Advisor bei der SAP tätig.
Dieser Artikel wurde ursprünglich im Digitalist Magazine by SAP unter der Rubrik “Customer Experience” veröffentlicht.