>

COVID-19 hat Unternehmen in nahezu jeder Branche wachgerüttelt. Die Pandemie hat nicht nur zu Turbulenzen auf dem weltweiten Markt geführt, sondern auch zu Unterbrechungen in den Wertschöpfungsketten, was enormen Druck auf die Geschäftsprozesse der verarbeitenden Industrie ausgeübt hat.

Die stärksten Auswirkungen auf die globale Wertschöpfungskette waren auf dem chinesischen Festland zu verzeichnen, wo heute fast 30 Prozent aller hergestellten Waren produziert werden. Chinas Wirtschaft brach dramatisch ein, die industrielle Produktion ging im ersten Quartal 2020 um 34 Prozent zurück, so die Zahlen der Weltbank.

Future-Proofing Operations with Digitalization and Artificial Intelligence

Während das zweite Quartal mit einem Wachstum von 3,2 Prozent für China wieder eine Erholung signalisiert, ist den Industriebetrieben bewusst, dass eine Rückkehr zum „Business as Usual“ keine Option ist. Sie müssen das Problem angehen, dass sie anfällig für Unterbrechungen in den Lieferketten sind.

Digitalisierung: frühzeitig und entschlossen handeln

Führungskräfte, die vor der Krise die Vorteile der Digitalisierung nicht wirklich in Betracht gezogen haben, sollten nun auf diese Situation reagieren.

Digitalisierung wird allgemein als ein Schlüssel zur nachhaltigen Erholung von den Folgen der Pandemie gesehen. Studien zeigen, dass Unternehmen, die in schwierigen Zeiten frühzeitig und entschlossen ihre Betriebsabläufe digitalisieren, Widrigkeiten in Vorteile verwandeln können. Die Boston Consulting Group kam zu dem Ergebnis, dass 14 Prozent der Unternehmen gestärkt aus den vier jüngsten Wirtschaftskrisen hervorgegangen sind und sogar ihre Umsätze und Gewinnmargen steigern konnten.

Ausdauer spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Untersuchungen des Beratungshauses McKinsey zeigen, dass Unternehmen, die in schwierigen Zeiten ihre langfristige Wachstumsstrategie konsequent weiterverfolgen, schneller wieder aus der Krise herauskommen.

Einige Branchen profitieren von Konjunkturpaketen, mit denen Investitionen in neue Technologien unterstützt werden. Chinas Regierung verabschiedete im März ein Infrastrukturpaket in Höhe von 4,8 Billionen US-Dollar, um die Auswirkungen der derzeitigen und künftigen Krisen zu bekämpfen. Damit sollen Investitionen in neue Rechenzentren, künstliche Intelligenz, intelligente Fertigung und 5G-Netzwerke gefördert werden. Es wird auch erwartet, dass Chinas Produktionsbetriebe durch die Erneuerung ihrer Altsysteme in der Lage sein werden, den Rückgang ihres Produktivitätswachstums umzukehren, den sie seit der Finanzkrise von 2008 erlebt haben.

Zu den wichtigsten Anwendungsbereichen für künstliche Intelligenz (KI) in der Fertigung zählen Redundanzen in Wertschöpfungsketten, Remote-Betrieb, Prozessautomatisierung, industrielle Robotik, vorausschauende Wartung und Inspektion von Maschinen sowie autonome Materialbewegungen. Die Technologie des maschinellen Lernens (ML), ein Teilgebiet der KI, macht inzwischen 40 Prozent aller KI-Patente aus.

SAP fördert die gemeinsame Entwicklung von KI-Lösungen für die Industrie in China 

Nach Einschätzung der Analysten der Boston Consulting Group werden Unternehmen, die sich während der Krise stärker auf die Anwendung von KI konzentrieren, eher in der Lage sein, Angebots- und Nachfrageschwankungen zu bewältigen, auf Produktionsstörungen und Versorgungsengpässe zu reagieren und ihre Mitarbeiter bedarfsorientiert einzusetzen. Zudem werden sie sich schneller an plötzliche Veränderungen im Konsumverhalten anpassen können. Es mangelt nicht an Automatisierungsexperten, die den Nutzen von KI in Produktionsbetrieben anpreisen. So sollen sich die Investitionen in KI-Technologien bis 2027 auf 18,8 Milliarden US-Dollar belaufen. (Weitere Prognosen von Analysten findet Ihr unten im Infokasten.)

Die Chancen, dass die Digitalisierung die chinesische Wirtschaft aus der aktuellen Talsohle herausholen wird und das künstliche Intelligenz Unternehmen widerstandsfähiger macht, sind vielversprechend. Gerade die Digitalisierung im Business-to-Business-Bereich wird intelligente und integrierte Unternehmen ermöglichen, die als Motor für die wirtschaftliche Erholung betrachtet werden. Insbesondere die chinesische Fertigungsindustrie hat ein enormes Potenzial für KI, bei der SAP ein treibende Kraft spielen kann.

 Von “AI+ zu +AI” 

Auf der Konferenz in Schanghai sprach auch Dr. Kai-Fu Lee, Gründer und CEO der Wagniskapitalgesellschaft Sinovation Ventures. Er hat die Entwicklung der KI in China verfolgt und erstellt Prognosen darüber, wie die KI die Wirtschaft verändern könnte. Im Bereich der KI haben sich in den vergangenen Jahren enorme Entwicklungen vollzogen – ein Wandel von technologiegetriebener KI zu geschäftsbezogener KI. Diesen Wandel nannte Lee „von KI+ zu +KI.“

In „KI+“, der ersten Phase, drehte sich alles um Geschäftsmöglichkeiten für KI. Diese Phase wurde von Ingenieuren und Wissenschaftlern geprägt. In „+KI“, der zweiten Phase, wird man sich auf die Wertschöpfung konzentrieren. Diese Phase wird von konventionellen Firmen in traditionellen Branchen geleitet werden.

„Wenn KI eingesetzt wird, um Wertschöpfung zu erzielen, wird sich die Möglichkeit eröffnen, die gesamtwirtschaftliche Entwicklung zu verbessern. Und das ist die beste Investitionsmöglichkeit“, betonte Lee. „+KI ermöglicht die Umsetzung von ‚Datafizierung‘, ‚ITnisierung‘ und ‚Cloudifizierung‘ in einem Schritt und spielt eine entscheidende Rolle bei der Umgestaltung und Entwicklung der chinesischen Wirtschaft.“

Unternehmen, die sehr motiviert sind, ihr Geschäft auszubauen oder ihre Kosten zu senken, profitieren laut Lee wahrscheinlich am meisten von KI. Vor allem dann, wenn sie KI-Modelle mit strukturierten Daten anreichern und sich für eine Kultur der Innovation und Transformation einsetzen.

Künstliche Intelligenz in der Fertigung: ein schlafender Riese? 

Es mangelt nicht an Automatisierungsexperten, die Herstellern dazu raten, in KI zu investieren. Dies geht aus einer Studie von Meticulous Research hervor. Vorsichtigen Schätzungen zufolge wird die Corona-Pandemie einen leichten Rückgang der KI-Investitionen um rund 2,5 Prozent in 2020 mit sich bringen. Für 2021 wird jedoch von einer Trendwende ausgegangen. Die KI-Investitionen dürften jährlich um 41,2 Prozent steigen und sich im Jahr 2027 auf 18,8 Billionen US-Dollar belaufen.

In ihrer globalen KI-Studie Exploiting the AI Revolution prognostizieren die Experten von PwC, dass sich der Beitrag von KI zur Weltwirtschaft bis zum Jahr 2030 auf 15,7 Billionen US-Dollar belaufen könnte. Dies ist mehr als die aktuelle Produktionsleistung Chinas und Indiens zusammengenommen. 6,6 Billionen US-Dollar dürften dabei auf Produktivitätssteigerungen zurückzuführen sein.

Die größten wirtschaftlichen Gewinne aus KI werden in China mit 7 Billionen US-Dollar erwartet (26 Prozent BIP-Wachstum bis 2030), gefolgt von Nordamerika mit 3,7 Billionen US-Dollar (14,5 Prozent Steigerung). Zusammen wären dies 70 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.

Trotz dieser steigenden Vorhersagen sind einige Analysten der Ansicht, dass KI-Investitionen in der Fertigung einen enttäuschend geringen Anteil ausmachen. In den letzten 3 Jahren flossen in China weniger als 1 Prozent der 300 größten KI-Investitionen in den Fertigungsbereich. In Handel und Einzelhandel wurden hingegen 23 Prozent investiert und in autonomes Fahren 18 Prozent.