Mitte 2018 beschloss die EU eine Direktive zur Steuervermeidung. Seit Anfang 2020 ist die „Directive on Administrative Cooperation“ (DAC6) in Deutschland Gesetz. Und Unternehmen sind offiziell seit dem 1. Juli 2020 dazu verpflichtet, ihre legalen Steuervermeidungstricks zu melden. Tools können dabei unterstützen – wie etwa die Consulting-Lösung von SAP.
Seit 1. Juli 2020 sind Unternehmen in Deutschland dazu verpflichtet, der Bundeszentrale für Steuern so genannte grenzüberschreitende Steuergestaltungen zu melden. Auch Gasleitungen zur Steuervermeidung sind darunter zu finden. Viele sind nicht gerne gesehen, aber legal. Die Deadline für die erste Meldung wurde inzwischen jedoch, entgegen der EU-Vorschläge und zum großen Bedauern von Wirtschaftsverbänden, nicht auf den 30. November 2020 verschoben. Daher bleibt den Unternehmen nicht viel Zeit, ihre vielfach manuell erstellten Meldungen in geordnete Prozesse und Systeme zu überführen.
Steuervermeidung transparent machen
Viele Großkonzerne zahlen nicht dort ihre Steuern, wo sie ihr Millionengeschäft machen – etwa in Deutschland, Frankreich oder Italien. „Die Gewinne der Unternehmen fallen in Dublin an, denn hierher werden die Gewinne durch Verrechnungspreise transferiert“, sagt Peter Kastner, ehemaliger Direktor in Finanzen bei der Commerzbank und ING-DiBa und heute Business Process Principal bei SAP Consulting: „Die Unternehmen wählen eine Konstruktion, dass Erträge in den Ländern anfallen, wo die Ertragssteuerbelastung gering ist.“
Banken, Versicherungen, Berater: EU schaut künftig genauer hin
Die DAC6 unterbindet entsprechende Vorgehensweisen nicht, sondern schafft Transparenz darüber. „Alles, was Unternehmen melden, ist legal“, sagt Christian Beck, Business Process Chief Architect bei SAP: „Der CFO hat seinem Unternehmen und seinen Stakeholdern gegenüber sogar die Pflicht, Steueroptimierung zu betreiben. Doch schaut die EU künftig genau hin und greift ein, wenn gesetzliche Änderungen erforderlich sein sollten.“ Wirtschaftsprüfer und Steuerabteilungen von Unternehmen sind nun gefordert: Sie müssen seit dem 1. Juli 2020 innerhalb von vier Wochen alle melderelevanten, grenzüberschreitenden Steuergestaltungen identifizieren, bewerten und an die Bundeszentrale für Steuern melden. Betroffen von DAC6 sind zum einen die bisherigen „Nutzer“ der Steuergestaltung – international tätige Unternehmen, egal ob Dienstleister oder Fertiger, ob Bank oder Autozulieferer. Zum anderen sind beratende Unternehmen meldepflichtig, die als „Intermediäre“ das Steuerkonzept für Dritte übernommen haben – etwa Steuerberater, Banken und Versicherungen. Investmentbanker, die gewissermaßen Steuervermeidung als Service im Angebot hatten, werden also ebenfalls künftig meldepflichtig sein.
SAP-Tool DAC6 mit Entscheidungsbaum zur Identifizierung von Steuergestaltungen
Das entsprechende SAP-Tool – „DAC6“ genannt und einsetzbar für SAP ECC sowie SAP S/4HANA – wurde bereits vor einem Jahr entwickelt, schon bevor die Bundeszentrale für Steuern am 29. April 2020 erstmals im „Meldedatensatz“ definierte, was künftig meldepflichtig ist. Das DAC-6-Tool ist spezialisiert auf Unternehmen, die SAP bereits einsetzen. Denn es ist ein in SAP-Systeme integriertes Werkzeug, das entsprechend einfach auf bestehende Stammdaten zurückgreifen kann. „Wir nutzen bestehende Daten, brauchen sie nicht zu erfassen und können darauf referenzieren“, erläutert Chief Architect Beck. Identifizieren, Prüfen und Melden sind die drei Aktivitäten, für die das Tool Unterstützung bietet. Wichtiger Vorteil gegenüber anderen Softwarewerkzeugen auf dem Markt: Über das Melden der Steuergestaltungen hinaus ist es möglich, den so genannten Audit-Trail zu nutzen. Über einen Entscheidungsbaum, den Wirtschaftsprüfer Deloitte entwickelt hat, findet das Unternehmen softwaregestützt selbst heraus, welche Steuergestaltungen meldepflichtig sind und welche nicht. „Der Mittelständler in Schwaben macht es selbst, während bei einem komplexen Geschäft trotzdem noch ein Wirtschaftsprüfer hinzugezogen wird“, so Beck, der DAC6 beim Kunden in der Regel im Full Service innerhalb von einer Woche implementiert.
Keine schlafenden Hunde wecken
Trotz der neuen Deadline hat der „Run“ auf geeignete Tools für die Meldung der Steuergestaltungen noch nicht eingesetzt. Das hat damit zu tun, dass Unternehmen schon zu oft erlebt haben, dass fixe Termine verschoben wurden. Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie, in der die Unternehmen bereits diverse Sonderaktivitäten entwickeln mussten, haben viele Unternehmen und Verbände auf eine Verschiebung gesetzt. Auch jetzt gibt es schon wieder ein Hintertürchen: Sanktionen bei fehlenden Meldungen sollen selbst bis Januar 2021 erst mal noch nicht erfolgen. Das gibt Unternehmen noch einmal zusätzlich Zeit, ihre bestehenden Konzepte zur Optimierung der Steuerlast zu überarbeiten, neue Prozesse und Systeme zu implementieren sowie über eine besonders kniffelige Frage nachzudenken: „Wie gestaltet man einen Vertrag am besten, um möglichst viel Gewinn rauszuholen, aber keine schlafenden Hunde zu wecken?“, wie Peter Kastner es formuliert.
Weitere Informationen
Webinar: Erleben Sie, wie das DAC-6-Tool von SAP im Live-Betrieb funktioniert. Es findet am 28.10.2020 um 10 Uhr statt. Hier geht es zur Anmeldung.