Ist „Cloud first“ der richtige Ansatz, um die IT-Landschaften fit für die Digitalisierung zu machen? Was tun mit Legacy-Applikationen und welche Rolle spielen hybride Architekturen und Multi-Cloud-Umgebungen? Wie beurteilen Analysten die Digitalisierungspläne der Unternehmen? Eine kurze Übersicht der wichtigsten Konzepte und Strategien.
Die historisch gewachsenen Systemlandschaften sind den Anforderungen der Digitalen Transformation nicht gewachsen. Aber es ist zu einfach, die Schuld dafür bei den IT-Verantwortlichen zu suchen. Etwa, weil sie etwa technologische Trends verschlafen oder es an der gebotenen Sorgfalt und Weitsicht hätten fehlen lassen. Denn selbst wer in der Vergangenheit immer das technisch fortschrittlichste System ausgewählt hat, steht heute vor einer heterogenen Systemlandschaft. Die kann in großen Unternehmen aus hunderten von IT-Systemen und Applikationen bestehen.
Denn Veränderungen der Systemlandschaften vollzogen sich in der Vergangenheit kontinuierlich und im Gleichklang mit der Einführung neuer Applikationen. Diese gingen in aller Regel auch mit der Anschaffung neuer, dafür ausgelegter Hardware-Systeme einher. Bis vor gut zehn Jahren spielte sich der Ausbau der IT-Infrastrukturen fast ausschließlich im lokalen Rechenzentrum (RZ) ab. Ausnahmen waren Hosting- oder Outsourcing-Modelle. Die IT-Dienstleister setzten seinerzeit auf ähnliche RZ-Infrastrukturen auf und erzielten Preisvorteile nicht aus fortschrittlicheren IT-Architekturen, sondern durch Skaleneffekte.
So entstanden die heterogenen Systemlandschaften, denen heute das Etikett „Silo-Architekturen“ angeheftet wird. Richtig ist: Solche IT-Landschaften mit ihren vielen, individuell konfigurierten Schnittstellen sind ausgesprochen komplex und wartungsintensiv. Dafür verantwortlich sind die selbst entwickelten oder speziell an die Unternehmensanforderungen angepassten Applikationen, dedizierte Software-Stacks und Hardware-Systeme sowie ihre Anforderungen an Betriebssysteme und Middleware. Studien gehen davon aus, dass Unternehmen 50 bis 80 Prozent ihrer IT-Budgets für den Betrieb ihrer bestehenden Systemlandschaften aufwenden müssen – auch deshalb fehlt vielerorts das Geld für Investitionen in neue Systeme.
Serie: SAP NOW – Zukunft gestalten
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Bilder: Florian Schmitt
Guten Noten für eigene Systemlandschaften
Richtig ist aber auch, dass eben diese Systeme über viele Jahre den Kern der Enterprise-IT bildeten – und fast überall auch heute noch als verlässliche Basis für die unternehmenskritischen Anwendungen dienen. Laut der IDG-Studie „Legacy-Modernisierung 2018“ ist die große Mehrheit der Unternehmen mit ihren IT-Systemen durchaus zufrieden: „Gäbe es Schulnoten, würden die befragten Firmen ihre IT-Infrastruktur mit ‚Gut’ bewerten. Die Durchschnittsnoten liegen bei allen abgefragten Kriterien zwischen 2,09 und 2,49“, schreiben die Studienautoren.
Was sich indes geändert hat, sind auf der einen Seite die steigenden Anforderungen durch die digitale Transformation, die sich tatsächlich mit den statischen Systemen der Vergangenheit nicht mehr erfüllen lassen. Und auf der anderen Seite die völlig neuen Möglichkeiten, die sich mit der Virtualisierung von Server- und Speichersystemen sowie den unterschiedlichen Ausprägungen und Lieferformen des Cloud Computings ergeben – ohne die die neuen digitalen Technologien sich nicht so rasant hätten entwickeln können.
In immer mehr Unternehmen entstehen deshalb hybride Umgebungen, die aus lokalen Systemen im eigenen RZ, Private und Public Clouds bestehen. Analysten sprechen hier von der „bimodalen IT“ oder auch einer IT der zwei Geschwindigkeiten, wobei die Kernanwendungen wie ERP oder CRM oft On-Premise verbleiben. Neue, digitale Anwendungen werden dagegen vorrangig in flexiblen Cloud-Umgebungen entwickelt und betrieben. Für die weit überwiegende Zahl der Unternehmen stellt sich deshalb nicht die Frage, wie man eine Systemlandschaft von Grund auf neu plant, sondern wie die bestehenden Systemlandschaften so um- und ausgebaut werden können, dass sie den Anforderungen digitaler Lösungen an Agilität, Flexibilität und schnellerem Time-to-Market gerecht werden.
Dabei gibt es verschiedene Ansätze, um die Agilität der Systemlandschaften zu erhöhen. Analysten und IT-Experten empfehlen dafür verschieden Strategien und Maßnahmen:
Formulierung einer Cloud- und/oder Digitalstrategie
Laut einer IDC-Studie aus dem letzten Herbst haben 90 Prozent der befragten Unternehmen eine Cloud-Strategie definiert. Bei nahezu der Hälfte der Firmen ist diese Cloud-Strategie Bestandteil der Unternehmensstrategie. „Das ist ein klarer Beleg dafür, wie eng Cloud Computing und Business bereits verzahnt sind“ kommentieren die IDC-Analysten.
Über eine unternehmensweite Digitalstrategie verfügen laut dem Branchenverband Bitkom bereits 43 Prozent der Unternehmen, weitere 35 Prozent haben eine Strategie für einzelne Fachbereiche formuliert. Cloud First Strategie
Wenn neue IT-Projekte angegangen werden, ist die Cloud immer häufiger die erste Wahl. „Für die Einführung neuer IT-Lösungen evaluieren die befragten Unternehmen immer gezielter Cloud-Lösungen“, schreiben die Analysten von IDC. Fast ein Viertel prüfe zuerst, ob für den relevanten Anwendungsfall eine Lösung in der Cloud verfügbar ist. Weitere 39 Prozent evaluieren Cloud- und Non-Cloud-Lösungen auf gleicher Augenhöhe. Die IDC-Analysten gehen davon aus, dass sich der Cloud-First-Approach in den nächsten 12 bis 24 Monaten noch weiter durchsetzen wird.
Hybride und Multi-Cloud-Umgebungen
Mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen setzt die Cloud für mehr als einen Anwendungsfall ein – auch für Services von unterschiedlichen Cloud Providern. Dabei werden auch alle Deployment-Typen (IaaS, PaaS und SaaS) genutzt. Vor allem datengetriebene Anwendungen werden flächendeckend in die Cloud ausgelagert. Überall entstehen hybride Landschaften aus lokalen, Public und Private Clouds. „Unsere Studie zeigt deutlich: Die Cloud ist Commodity“, konstatieren die IDC-Analysten.
Damit ergäben sich allerdings auch viele Fragen mit Blick auf die effiziente Steuerung unterschiedlicher Cloud-Provider und Cloud Services sowie bei der Um- und Neugestaltung der IT-Organisation, der Technologie, der Architektur und von Prozessen.
Modernisierung von Legacy Applikationen
Es sind nicht nur die hohen Betriebs- und Wartungskosten, die eine Modernisierung der unternehmenskritischen, lokal betriebenen Applikationen notwendig machen: „Das Gros der befragten Firmen ist sich bewusst, dass es ihre geschäftskritischen Bestandssysteme modernisieren muss, um die digitale Transformation erfolgreich umzusetzen“, schreiben die Analysten von IDG in ihrer Studie „Legacy-Modernisierung 2018“. In mehr als der Hälfte der Unternehmen sind mindestens 50 Prozent der Bestandssysteme schon sehr lange im produktiven Einsatz und setzen meist auf eine monolithische Architektur auf. Fast die Hälfte der Firmen will bei der Modernisierung ihrer Legacy-Anwendungen auf die Cloud setzen, vorwiegend im PaaS-Modell, ein weiteres Viertel der Umfrageteilnehmer will „vielleicht“ auf Cloud-basierte Lösungen setzen. Die Projekte für die Modernisierung der Bestandssysteme sind meist Teil einer IT- oder Digitalisierungs-Strategie und größtenteils auf einen Zeitraum von ein bis drei Jahren ausgelegt.
Einsatz agiler Entwicklungsmethoden
Agile Entwicklungsmethoden gelten als ein Schlüssel für die schnellere Entwicklung digitaler Anwendungen und Geschäftsmodelle. Der Einsatz agiler Methoden hat im vergangenen Jahr deutlich zugenommen, so das Ergebnis der Studie „IT-Trends 2018“ der Unternehmensberatung Capgemini. Wurde in 2017 noch jedes vierte Projekt ganz oder teilweise agil abgewickelt, war es in 2018 bereits fast jedes dritte. Die Release-Zyklen haben sich dadurch – im Vergleich zu traditionellen Entwicklungsmethoden – drastisch verbessert. Waren früher Updates im Halbjahres- oder Jahresrhythmus üblich, stellt unterdessen mehr als jedes siebte Unternehmen wöchentlich und fast jedes vierte Unternehmen monatlich Updates seiner Individualanwendungen bereit.
Sicher ist, dass nicht eine einzige der genannten Strategien und Konzepte allein den digitalen Wandel herbeiführen kann. Es wird immer ein Bündel von Maßnahmen sein, das weitgehend von unternehmensspezifischen Faktoren bestimmt wird. Die eigentliche Aufgabe liegt deshalb in der klugen Zusammenstellung dieses Maßnahmebündels. Die IT-Verantwortlichen haben das verstanden: „Es geht darum, neue Produkte und Services zu entwickeln, die operative Effizienz zu steigern und neue Geschäftsmodelle umzusetzen. Viele Unternehmen müssen sich dafür grundlegend wandeln. CIOs initiieren bereits eine breite Palette von Maßnahmen, um die Transformation zu gestalten“, resümieren die Autoren der Capgemini-Studie.
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